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Eine unberührte Welt

Eine unberührte Welt

Titel: Eine unberührte Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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sich die Dachfenster im Schlafzimmer schlossen, und sah, wie draußen auf der Straße ein MechAssist, ein Roboter, der einer alten Frau die Tasche trug, einen Regenschirm über ihr entfaltete.
    Sven kam herein, unterbrach Tims Gedanken mit der aufgeregten Verkündigung, er habe für einen neuen Science-Fiction-Film, der ab heute für die Netze freigeschaltet wurde, den Access-Code bekommen – irgend so eine Werbeaktion, wie sie an Schulen immer häufiger wurden –, und ob er den im Wohnzimmer auf der Bildwand ansehen dürfe? »Der soll endgültig gaua sein, mit Mutantenmenschen und so!«
    Was war das wieder für ein Modewort, gaua? »Und Schulaufgaben?«
    »Alles fertig und im File. Asta basta .«
    »Gut, von mir aus. Aber nicht so laut, dass das Haus wackelt.«
    Schwupps, weg war er. Gleich darauf hörte man die Bildwand angehen, sonore Stimmen, Musik und Geräusche, die durch die Räume hallten. Sicher würde sich Maren gleich über die Lautstärke beschweren.
    Tim dachte an die Menschen, die jetzt, in diesem Moment, in den Offline-Siedlungen lebten. Angeblich. Wenn Ben ihm nicht einen Bären aufgebunden hatte, was freilich genauso unvorstellbar war wie, dass jemand freiwillig so lebte, wie sie es heute ein paar Stunden lang durchgestanden hatten. Wie vor hundert Jahren? Das war leicht gesagt, aber man machte sich kaum eine Vorstellung davon, was das bedeutete. Im Prinzip jeden Tag Survivaltraining. Was für ein schauerlicher Gedanke.
    Die Klimaanlage schaltete hoch. Die neuen Lüfter klangen wie Meeresrauschen, ein japanisches Patent. Sie mischten der gefilterten und ionisierten Luft Düfte bei, kaum wahrnehmbar und sorgfältig so kombiniert und dosiert, dass Wohlbefinden und Entspannung gefördert wurden.
    Am besten, er vergaß das alles. Den heutigen Tag, und den Quatsch mit den Offline-Siedlungen auch.
    © 2005 Andreas Eschbach

Der Albtraummann
    Ein Mann, der an einer nach dem gegenwärtigen Stand der Medizin unheilbaren Krankheit leidet und sich deswegen einfrieren lässt, in der Hoffnung, in einer besseren Zukunft aufgetaut und geheilt zu werden, ist ein Standardmotiv der Science-Fiction.
    Dem aufmerksamen Beobachter wird nicht entgangen sein, dass ich es liebe, wenn ich zu einem scheinbar ausgelutschten Standardmotiv der Science-Fiction einen neuen Dreh finde. So auch hier: Der hoffnungsvolle Zukunftsreisende erwacht in einer fantastischen neuen Welt – hinter der ein beispielloser Albtraum lauert …
    Geschrieben habe ich sie, weil mich Jacques Chambon darum bat, und zwar, wenn ich mich recht entsinne, auf der Rückfahrt von St. Malo, wo ich zu dem Literaturfestival »Étonnants voyageurs« eingeladen war, das jedes Jahr stattfindet, jedes Jahr mit einem anderen Schwerpunkt, und 1999 war der Schwerpunkt eben die Science-Fiction. Jacques Chambon war – leider muss man »war« sagen, denn er ist im Jahr 2003 völlig überraschend gestorben – als Herausgeber einer der zentralen Gestalten der französischen SF-Szene.
    Sie erschien, von Claire Duval ins Französische übersetzt, im Jahr 2000 in der von Jacques Chambon und Robert Silverberg (mit dem er viele Jahre lang befreundet war) herausgegebenen Anthologie »Destination 3001«. Es war geplant, dass diese Anthologie auch in den USA erscheinen sollte; dazu kam es jedoch aus irgendwelchen Gründen dann doch nicht.
    Wieder eine Kurzgeschichte, die im Ausland zuerst veröffentlicht wurde. In Deutschland war sie kurze Zeit später für eine Anthologie bei Heyne vorgesehen; doch zu der Zeit machte der Heyne-Verlag eine schwierige Phase durch, und unter anderem wurde diese Anthologie gecancelt. In der Zwischenzeit erschien die Geschichte im Dezember 2003 in der spanischen Zeitschrift GIGAMESH und stellte damit meine erste Veröffentlichung auf Spanisch dar.
    Hier nun – endlich! – die deutsche Erstveröffentlichung.
     
    Geschafft! Großer Gott, er hatte es geschafft. Alles auf eine Karte gesetzt und gewonnen, gewonnen, bei Gott, alles gewonnen. Dem Tod ein Schnippchen geschlagen, wie noch keiner ihm eines geschlagen hatte. Und so leicht war es gewesen, so einfach, wie er es nie zu hoffen gewagt hätte. Er erinnerte sich an den Moment, in dem sich die aluminiumschimmernde Maske auf sein Gesicht gesenkt hatte, als sei es gerade eben gewesen, sah noch die kalten weißen Nebel des flüssigen Stickstoffs aufwallen, roch noch die Chemikalien, hörte noch das Zischen der Anlage … spürte noch die erbärmliche Angst, weil er es nicht wirklich geglaubt hatte,

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