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Eine unberührte Welt

Eine unberührte Welt

Titel: Eine unberührte Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Bibliothekars gelesen hatte. Und nun war es geschehen. Er war hier. Dies war die Erfüllung seines Lebens. Was immer jetzt noch kommen mochte, dies konnte ihm keiner mehr nehmen.
    Und dann war da plötzlich das Tier. Eine große Raubkatze, die unvermittelt zwischen den Bäumen stand wie hingezaubert und ihn aus glühenden Augen musterte.
    Tonaks Herz schien mit einem Mal groß und pochend seinen gesamten Brustkorb auszufüllen. Blitzartig wurde ihm klar, dass diese Situation gemeint gewesen war, wenn die alten Bücher vom ›Gesetz der Wildnis‹ gesprochen hatten. Einer würde jetzt das Frühstück des anderen werden – es war nur noch nicht ausgemacht, wer.
    Die Katze starrte ihn unverwandt und, wie es schien, unschlüssig an, während sie langsam und unhörbar näher kam. Offenbar konnte sie ihr Gegenüber noch weniger einordnen, als dies umgekehrt der Fall war. Tonak griff mit einer langsamen, hoffentlich unauffälligen Bewegung nach dem Revolver in seiner Tasche. Im letzten Moment rechtzeitig fiel ihm ein, die Waffe zu entsichern, dann hob er den Lauf und feuerte.
    Das Tier zuckte zusammen und wich fauchend zurück. Tonak schoss erneut, und die Bestie jaulte auf. Es war nicht so leicht, zu töten, wie er sich das vorgestellt hatte. Er hielt den Atem an und zielte zwischen die Augen, und gerade als die Katze zum Sprung ansetzen wollte, drückte er ein drittes Mal ab. Die Raubkatze fiel um wie von einer Axt gefällt.
    Mit einem nie zuvor erlebten Gefühl der Befriedigung blickte er auf das tote Tier hinab. Sein Herz schlug ihm immer noch bis zum Hals.
    In dem Protokoll der Polizei, das er später unterschreiben musste und aufgrund dessen er angeklagt wurde wegen »unbefugten Eindringens in ein Naturreservat, unerlaubten und artfremden Tötens eines geschützten Tieres und vorsätzlicher Beschädigung staatlichen Eigentums«, erfuhr er, dass sich dieser Kampf im Planquadrat 234/9 zugetragen hatte. Davon wusste er in diesem Augenblick nichts. Er setzte das Messer an, um seiner Beute den Bauch aufzuschlitzen, sie zu zerlegen in essbare Teile. Mitten im Schnitt blieb die Klinge an etwas Metallischem hängen, und als er nachsah, fand er eine kleine implantierte Plakette mit der Aufschrift »Staatl. Wildnisverwaltung, Inventar-Nr. 32/00072/14200278« .
    © 1994 Andreas Eschbach

Der Amaryllis-Virus
    Im April 2002 meldete sich die Redaktion des »Reader’s Digest Jugendbuchs« bei mir und wünschte sich eine Kurzgeschichte, und zwar zum Thema »Computer und Internet«.
    In meiner Jugend habe ich »Reader’s Digest« regalweise gelesen, insofern war ich der Anfrage von vornherein gewogen. Bestrickend war aber, in diesem Zusammenhang zu erfahren, dass besagtes Jugendbuch seit einigen Jahren bei einem anderen Verlag mit anderem Cover auch unter dem Titel »Das Neue Universum« erschien.
    Das war nun was. Denn ich meine, dass ich in einem Band eben dieser Reihe die erste Science-Fiction-Geschichte meines Lebens gelesen habe. Sein kann es, denn unter anderem kein Geringerer als Hans Dominik hat SF-Kurzgeschichten veröffentlicht in diesem »Jahrbuch für Haus und Familie«, wie es hieß, als es erstmals 1880 erschien.
    Leider wurde die Reihe »Das Neue Universum« genau eine Ausgabe, ehe meine Story erschienen wäre, eingestellt, mit der 119. Ausgabe. So sind Hans Dominik und ich einander doch nicht näher gekommen. Das »Reader’s Digest Jugendbuch« dagegen erschien weiter und wird 2009 fünfzigstes Jubiläum begehen.
     
    Sie bemerkte gar nicht, dass er sie anstarrte über den ganzen Schulhof hinweg. Sie redete mit zwei breitschultrigen Kleiderständern aus der Zwölften, Grinsegesichter mit Pullovern in den angesagten Farben, na klar doch, und so was von cool. Die fand sie wohl toll, oder?
    »Displays von dem Typ sind praktisch überall eingebaut«, quengelte Sven ihm ins Ohr. »In Handys, in Routenplanern, in medizinischen Geräten, in Flachbildschirmen, einfach überall.«
    »Sagt dein Vater«, meinte Fabian missgelaunt. Jetzt legte ihr dieser geschleckte Typ den Arm um die Schulter. Und sie ließ es sich gefallen. Grinste sogar. Verdammt.
    »Klar. Er sagt, der Fehler in der Displaysoftware existiert seit mindestens sechs Jahren, ohne dass es bisher einer bemerkt hat.« Sven war klein, hatte grauenhaft schiefstehende Zähne und von Computern keine Ahnung. Er spielte Computerspiele und so, aber was im Innern der Maschine abging, wie man programmierte zum Beispiel, davon hatte er keinen Schimmer. Er hielt sich für

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