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Eine undankbare Frau

Eine undankbare Frau

Titel: Eine undankbare Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fossum
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blanke Stelle war von der Sonne rot gefärbt. Er ließ die Stiefel auf der Treppe stehen und führte die Besucher in eine beeindruckende Küche. Überall hingen polierte Kupferkessel, alte handgewebte Teppiche in leuchtenden Farben, darunter Möbel mit Bauernmalerei. In einer Ecke schlief eine Katze, fett und gestreift wie eine Makrele.
    »Setzen«, befahl Skarning.
    Nun betrat ein Mädchen den Raum, leise, auf nackten Füßen. Oder vielleicht war es eine Frau, es war fast unmöglich, ihr Alter zu schätzen, denn sie trug ein Kopftuch und war so schmal und die Haut ihrer Wangen so zart. Sie trug ein dünnes Sommerkleid und einen Verband um die rechte Hand. Sie blieb stehen, als sie die Männer erblickte, nickte und murmelte ihren Namen, etwas Exotisches, das sie nicht ganz verstanden.
    »Kaffee?«, fragte Skarning hoffnungsvoll.
    Das schlanke Geschöpf ging zur Anrichte. Vor dem Fenster stand eine riesige moderne Espressomaschine und in dieser bäuerlichen Küche wirkte sie ebenso exotisch wie das Mädchen. Ihre Haare waren unter dem Kopftuch versteckt, aber sie hatte sehr dunkle Augen und schmale, feine Augenbrauen. Sie bediente die Espressomaschine mit geübten Griffen, die verbundene rechte Hand war nicht ganz unbrauchbar. Skarning nahm die Pfeife aus dem Aschbecher und zündete sie an. Er stieß kleine Wolken aus weißem, süßlichem Rauch aus.
    »Ich hab mir ein kleines verschleiertes Bauernmädchen zugelegt«, sagte er grinsend. »Nicht schlecht, oder? Mit der Maschine da kann sie gut umgehen. Und aus der Maschine kommt ein Kaffee, der ist einmalig. Vergessen Sie die Plörre, die Ihnen in den Cafés in der Stadt serviert wird.« Er nickte zu der verschleierten Offenbarung am Fenster hinüber.
    »Aber ich muss sie manchmal zurechtweisen, wenn sie zu anspruchsvoll wird. Dann lege ich ihre Hand auf das heiße Waffeleisen«, erklärte er. »Und drücke auf den Deckel, während ich langsam bis zehn zähle. Dann ist sie wieder brav.«
    Er stieß weitere weiße Rauchwolken aus, und sah zu, wie sie zur Decke aufstiegen und sich dort um einen riesigen schmiedeeisernen Kronleuchter wanden.
    Sejer starrte die verbundene Hand an.
    Die Offenbarung goss Wasser in die Espressomaschine.
    Ihr Rücken war schmal und mädchenhaft.
    »Und Norwegisch lernt sie auch nicht«, sagte Skarning jetzt. »Aber das spielt keine Rolle. Ich hab sie ja nicht angeschafft, damit sie hier durch das Haus läuft und dauernd ihre Meinung sagt. Ich meine, sie kann gerne eine Meinung haben. Ich bin ja kein Unmensch, aber ich brauch mir das ja nicht dauernd anzuhören.«
    Er zog wieder an seiner Pfeife. Poff, poff, machte die.
    »Sie soll putzen«, sagte er. »Und sie soll mir Kaffee kochen.«
    Die Offenbarung ließ alles fallen, was sie in den Händen gehabt hatte. Sie drehte sich um und sah die Männer aus dunklen mandelförmigen Augen an. Dann kam sie herüber, trat hinter ihren Mann, beugte sich über ihn und küsste seinen kahlen, sonnenverbrannten Schädel.
    »Jetzt darfst du unsere Gäste nicht so erschrecken«, sagte sie. »Die sind aus der Stadt, die kennen sich mit Bauern nicht aus. Am Ende glauben sie dir noch. Du alter, störrischer Bauer.«
    Sie küsste ihn noch einmal. Dann lachte sie perlend und schwenkte die verbundene Hand.
    »Ich wollte ein Video zurückbringen«, erklärte sie. »Die Videothek hatte schon geschlossen und ich wollte den Film durch eine Klappe in der Tür schieben. Und dabei habe ich mir die Hand eingeklemmt. Möchten Sie Zucker zum Espresso?«
    Sejer und Skarre nickten gleichzeitig.
    Sie ballte die Fäuste und versetzte ihrem Mann einen Stups.
    »Du darfst nicht so rumblöken«, sagte sie. »Du bist zuviel mit den Schafen zusammen. Bald wächst dir auch noch Wolle.«
    Skarning lächelte seine Frau strahlend und verliebt an.
    »Setz dich doch zu uns«, bat er. »Und bring Kaffeelöffel mit, dann können wir alle zusammen eine Runde rühren. Ach, ein Schnaps wäre jetzt schön«, fügte er hinzu. »Aber Sie sind ja im Dienst. Ha, ha. Die Polizei ist immer im Dienst.«
    Die Offenbarung setzte sich an den Tisch. Das Porzellan klirrte, als sie alle in ihren Tassen rührten.
    »Ich stand hier mit einem Eierkunden, als die Leute von der Lokalzeitung kamen«, erzählte die Frau. »Sverre war schon mit dem Anhänger losgefahren, um das orange Schaf zu holen. Und die anderen, die weggelaufen waren.«
    »Ein Eierkunde?«, wiederholte Sejer.
    »Wir haben auch Hühner«, erklärte sie. »Und wir verkaufen die Eier, die wir nicht

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