Eine undankbare Frau
sie am Zaun auf und ab, sahen dabei verstohlen zu ihm herüber. In ihnen war eine Energie entfacht worden, die sie nicht mehr unter Kontrolle hatten. Sie waren wie verwandelt, er hatte keine Gefühle mehr für sie, sie waren nur noch riesige Raubtiere mit spitzen Eckzähnen. Er bleckte noch immer die Zähne und drohte ihnen, und dabei kamen ihm die Tränen. Er untersuchte die Tür des Zwingers. Die war unversehrt, nicht aufgebrochen. Alles war intakt, der Riegel und alles. Aber ich kann doch unmöglich vergessen haben, ihn vorzuschieben, dachte er fassungslos. Dann sah er weitere Hunde aus dem Wald kommen. Auch diese Hunde waren blutverschmiert, auch diese Hunde verhielten sich anders als sonst. Die Gedanken wirbelten durch seinen Kopf. Den Wald nutzten an diesen schönen Spätsommertagen ja auch Menschen. Einige fuhren mit dem Rad, andere wanderten zu den vielen kleinen Seen, um dort zu angeln. Wenn diese Meute aus sieben Hunden, nein, das wollte er nicht einmal denken. Er musste etwas tun. Als Erstes jagte er Bonnie und Yazzi in den Zwinger, danach trieb er Attila und Goodwill hinein, knallte die Tür zu, schob den Riegel vor, atmete tief durch und holte den Gartenschlauch.
Die Hunde waren draußen gewesen.
Und alle waren blutverschmiert.
Es galt jetzt, einen klaren Gedanken zu fassen. Es stand so viel auf dem Spiel. Seine Zukunft und die der Hunde. Sein guter Name, sein Ruf. Sein ganzes Leben stand auf dem Spiel. Er zerrte und zog an dem Schlauch, der reichte gerade bis zum Zwinger. Dann rannte er in den Keller, um das Wasser anzustellen, lief wieder hoch, packte den Schlauch und spritzte die Hunde ab. Sie sprangen zur Seite, drängten sich in die Ecke, konnten dem harten Strahl des eiskalten Wassers aber nicht entgehen. Er machte weiter, bis die Hunde ganz sauber waren, während er gleichzeitig darauf achtete, ob sich jemand näherte. Ich schließe doch immer die Tür ab, ich füttere die Hunde und schließe dann die Tür ab. Drei schnelle, einfache Bewegungen. Tür zu, Riegel vor, Haken runter. Außerdem bin ich nicht der einzige, der Hunde hat. Unten beim Svarttjern wohnt ein Typ mit vier Huskys. Wie heißt er doch noch gleich? Er heißt Huuse. Vielleicht habe ich Glück, dachte Bjørn Schillinger. Und wenn sie nur ein Schaf gerissen haben. Davon gibt es ja so viele. Aber es gibt nur sieben Hunde von der Rasse, wie ich sie habe. Er stand mit dem Schlauch da und spritzte die Hunde ab, der Strahl traf sie überall, in den Augen und im Rachen. Das Blut wurde abgespült und lief den Hang hinunter. Die Leute werden doch total hysterisch und verlangen, dass die Tiere sofort eingeschläfert werden. Egal, was passiert ist. Ganz gleich, ob sie einen Fuchs oder ein Reh erwischt haben. So stand er noch eine ganze Weile. Am Ende waren die Hunde triefnass und sauber, als er den Schlauch aufrollte und auf den Boden warf. Dann ging er in den Zwinger, zum Alphamännchen Attila. Er bückte sich, hob den Hundekopf und starrte in die gelben Augen.
»Wo seid ihr gewesen?«, fauchte er. »Was zum Teufel habt ihr angestellt?«
Die Unmengen von eiskaltem Wasser hatten den Hund wieder in den angemessenen Zustand der Unterwerfung versetzt. Er leckte seinem Herrchen über den Mundwinkel. Schillinger verpasste ihm einen kräftigen Schlag und fluchte leise. Dann verließ er den Hundezwinger und verriegelte das Tor sorgfältig hinter sich.
Tür zu, Riegel vor, Haken runter.
Er rüttelte zweimal an der Gittertür, um ganz sicher zu sein.
Ich kann unmöglich vergessen haben, den Zwinger zu schließen. Es muss jemand hier gewesen sein. Wahrscheinlich haben sie nur ein Schaf gerissen. Aber es wird trotzdem die Hölle los sein. Die Leute können nichts vertragen.
Der Landcruiser stand nach wie vor im Leerlauf, und er rannte hinüber und schaltete den Motor aus. Sofort herrschte eine Grabesstille. Kein Geräusch mehr, weder aus dem Wald noch aus dem Hundezwinger. Dann ging er ins Haus und setzte sich ans Fenster, um zu warten. Er starrte auf den Hofplatz, denn er wusste, dass sie bald kommen würden.
W ilma Bosch verlor den Verstand.
Sie verlor den Verstand, als ihr erklärt wurde, welches Schicksal ihr Sohn erlitten hatte. Dass es mehrere Hunde gewesen waren, vermutlich ein ganzes Rudel. Dass sie über ihn hergefallen waren. Dass sie die Haut von seinen Muskeln und die Muskeln von den Knochen gerissen hatten. Sie wurde mit einem Schock ins Krankenhaus gebracht und behandelt. Angst und Trauer zerrissen sie, sie spürte die Zähne und
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