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Eine undankbare Frau

Eine undankbare Frau

Titel: Eine undankbare Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fossum
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unwiderstehlichen Drang wegzulaufen. Er war kurz davor loszurennen, wollte zum Auto. Gebt mir was zu trinken, dachte er, schnell!
    »Hat ihn jemand berührt?«, fragte er stattdessen.
    Alle schüttelten den Kopf. Die Polizistin, die auf den Baumstämmen gesessen und geweint hatte, riss sich zusammen und wischte sich die Tränen ab, aber ihr Gesicht war schmerzverzerrt.
    »Wer hat ihn gefunden?«
    »Zwei Radfahrer, die waren auf Trainingsfahrt«, sagte Skarre. »Wir haben sie weggeschickt. Wir reden später mit ihnen.«
    »Erwachsene?«
    »Ausreichend erwachsen«, sagte Skarre.
    »Hatten die etwas Verdächtiges gehört?«
    »Nein. Aber der Junge war vorher offenbar beim Snellevann gewesen. Sie hatten ihn auf der Hinfahrt dort gesehen, wie er auf einem Felsen gesessen und ein Butterbrot gegessen hatte.«
    »War er allein?«
    »Ja«, sagte Skarre. »Den Eindruck hatten sie zumindest. Aber er hatte das hier bei sich.«
    Er hob das Spielzeug vom Boden auf und hielt es Sejer hin.
    »Optimus Prime«, erklärte er.
    Sejer verstand nicht.
    »Das ist ein Transformer. So einer, der seine äußere Form verändern kann und sowohl Auto als auch andere Dinge sein kann.«
    Skarre drehte das Spielzeug eine Weile in der Hand. Eigentlich wusste er nicht, was er sagen oder was er tun sollte, denn das alles war einfach nur unbegreiflich, und was da vor ihm auf dem Boden lag, war ebenfalls unbegreiflich. In der Thermosflasche fand er ein zusammengeknülltes Butterbrotpapier. Und ein Handy. Wie er so mit dem Telefon in der Hand dastand, ertönte ein leises Signal.
    ›Ein nicht angenommener Anruf‹
    »Jemand hat versucht, ihn anzurufen.«
    Sejer spürte, dass die anderen etwas von ihm erwarteten, einen Befehl vielleicht. Er sah auf die Überreste des kleinen Jungen.
    »Wer zum Teufel war das?«, fragte Skarre.
    »Hunde«, sagte Sejer. »Viele Hunde.«
    Ein Mann und eine Frau kamen den Waldweg hinunter auf sie zu.
    Sie gingen schnell und zielstrebig, schienen etwas zu suchen. Als sie die Menschengruppe sahen, änderten sie schlagartig ihr Tempo, blieben stehen, wechselten einige Worte und gingen dann weiter, jetzt umso schneller.
    Einer der Polizisten geriet in Panik und schrie:
    »Nein, nein! Sie dürfen hier nicht weitergehen, Sie müssen sofort umkehren. Umkehren!«
    Aber die beiden kehrten nicht um. Sie registrierten die verzweifelte Stimme, wurden sogar noch schneller. Die Frau hielt ihren Mann an der Hand. Die Beamten zogen eilig die Plane über den Jungen und stellten sich davor auf wie Wachsoldaten.
    »Sie müssen umkehren! Sie dürfen nicht herkommen!«
    Endlich bleiben die beiden stehen.
    Der Mann rief:
    »Wir suchen unseren Kleinen!«
    Ihren Kleinen. Das was jetzt in Fetzen gerissen unter der grünen Plane lag, war also der Sohn der beiden gewesen.
    Der eine Arm fehlt!
    Sejer ging auf die beiden zu. Er hielt ihnen die Hand zum Gruß hin.
    »Wir heißen Bosch. Wir wohnen gleich in der Nähe«, sagte Hannes. »Unser Kleiner macht eine Waldwanderung. Wir haben versucht ihn anzurufen, aber er geht nicht ran. Also wollten wir ihm sicherheitshalber entgegengehen. Was ist denn hier los? Ist etwas passiert?«
    Er reckte den Hals. Sein Blick wanderte zu der grünen Plane und er verzog entsetzt das Gesicht.
    »Es ist ein Unglück geschehen«, sagte Sejer. »Wir können hier niemanden vorbeilassen.«
    Hannes trat einen Schritt vor, mit einem Schlag blass vor Sorge.
    »Was denn für ein Unglück? Hat es etwas mit unserem Jungen zu tun? Was soll die Plane da hinten? Ist er angefahren worden?«
    Sejer suchte verzweifelt in sich nach dem Gefühl von Ruhe und Gelassenheit. Durch seinen Kopf rauschten die Wörter, aber alle wurden verworfen. Dennoch war seine Stimme fest, als er sich an Wilma wandte.
    »Können Sie uns etwas über Ihren Sohn sagen?«, fragte er.
    »Theo«, sagte sie. »Er heißt Theo Johannes Bosch und er ist acht Jahre alt. Er macht eine Waldwanderung, er wollte zum Snellevann. Aber jetzt wird er wahrscheinlich schon auf dem Heimweg sein. Und wir wollten ihm entgegen gehen. Das ist alles. Wir dürfen hier nicht herumtrödeln, Sie müssen uns durchlassen. Was ist denn passiert? Können Sie uns das nicht sagen?«
    »Was hatte er bei sich?«, fragte Sejer.
    »Einen Rucksack«, sagte Wilma. »Mit Proviant und einer Thermosflasche.«
    Hannes ergriff das Wort.
    »Und er hat ein Messer im Gürtel. Ein Hunter-Messer. Wir haben versucht ihn anzurufen, er hatte ja sein eigenes Handy dabei. Aber er hat sich nicht gemeldet, da sind wir

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