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Eine undankbare Frau

Eine undankbare Frau

Titel: Eine undankbare Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fossum
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kleiner Giftpilz. Kinder sind etwas ganz Besonderes, dachte Bjørn Schillinger, sie sind so frech und offen und erfrischend. Kinder haben ja das ganze Leben noch vor sich und können zu recht über kleine und große Freuden jubeln. Wie zum Beispiel über einen Geburtstag mit Geschenken. Er hatte ihr ein Paar Rollschuhe geschenkt. Und damit war sie über eine Stunde lang herum gebrettert. Seine Exfrau Evy war natürlich wütend gewesen, weil die Rollschuhe das Eichenparkett ruinierten. So sind sie, die Weibsbilder, Bjørn Schillinger schüttelte den Kopf. Haben Angst um ihre Fußböden. Um Möbel und Tapeten. Gott weiß, was in denen vorgeht. Kümmern sich doch gar nicht um die wichtigen Dinge, sondern nur um Äußerlichkeiten, darum, wie die Dinge aussehen.
    Und darum, was andere Leute denken.
    Er hatte die Auffahrt erreicht.
    Und trat auf die Bremse. Der große Landcruiser kam so jäh zum Stillstand, dass vor den Rädern der Kies aufstob.
    Der Hundezwinger war leer.
    Die Tür stand weit offen. Er erstarrte, begriff nicht, wie das möglich war, blieb einfach sitzen und klammerte sich ans Steuer. Aber auch nach mehrmaligem Blinzeln blieb das Bild dasselbe. Der Hundezwinger war leer. Die Tür stand offen. Alle sieben Hunde waren verschwunden. Jemand muss hier gewesen sein, dachte er. Aber verdammt, warum bloß? Die Hunde konnten den Zwinger ohne fremde Hilfe nicht verlassen, das war verdammt nochmal vollkommen unmöglich! Und an der Zwingertür war nichts auszusetzen, darum kümmerte er sich selbst, er kannte doch seine Verantwortung. Denn die Hunde waren groß und stark. Was zum Teufel geht hier vor sich, wo sind die Tiere, habe ich etwas übersehen? Er stieg aus dem Wagen. Und da, vor der Hausmauer, saß Lazy und leckte sich die Pfoten. Er leckte mit großem Eifer, seine Schnauze war blutverschmiert. Schillinger überquerte den Hofplatz. Das Auto blieb mit offener Tür und im Leerlauf stehen, sein Herz arbeitete schwer, als wäre er den Hang hochgerannt, statt in seinem goldfarbenen Landcruiser zu fahren. Der Hundehof war leer. Alle sieben Hunde waren auf der Jagd gewesen. Sie hatten eine Beute gerissen und das Blut an Lazys Schnauze stammte von dieser Beute, was immer es gewesen sein mochte, möge Gott verhüten, dass es ein Haustier gewesen ist. Ich darf jetzt nicht die Fassung verlieren, versuchte Schillinger sich zu beruhigen, es gibt bestimmt eine Erklärung dafür. Der Landcruiser brummte vor sich hin. Schillinger ging weiter auf das Haus zu. Er fühlte sich wie im Winter, wenn er über einen vereisten See ging, und sein Gewicht gleichmäßig und vorsichtig auf dem Eis verteilte. Er fühlte sich auf einmal sehr schwach. Auf halber Stecke musste er innehalten, sich bücken und sich für einen Moment auf die Knie stützen. Lazy unterbrach die Reinigung seiner Pfoten. Der riesige Eskimohund hob den Kopf und sah sein Herrchen an, Schillinger ging langsam weiter. Er ging breitbeinig und machte sich groß, der Hund zeigte ein Verhalten, das ihm fremd war. Lazy stellte sich auf alle Viere und senkte den großen Kopf. Blut, ich spüre mein Herz, dachte er, großer Gott, wie das schlägt, wahrscheinlich haben sie sich eine Katze geholt. Oder einen Fuchs. Oder einen Hund. Bitte mach, dass es kein Hund war. Dann hörte er das leise Knurren. Lazy bleckte die Zähne. Dass der Hund sich nicht mehr unterwarf und ihn als Rudelführer anerkannte, machte ihn wütend und ängstlich zugleich. Er nahm Anlauf, warf sich auf Lazy und drückte in zu Boden. Packte die Hundeschnauze und stemmte sie auf. Er starrte auf blutige Zähne und Hautfetzen. Sie haben ein Schaf gerissen. Ich muss Sverre Skarning gut zureden und ihm den Verlust ersetzen. Ich werde verdammt großzügig sein müssen. Während er so auf den Knien lag und mit der Panik und seinem Hund kämpfte, der unter ihm auf dem Rücken lag, kamen zwei weitere Hunde aus dem Wald getrottet. Ajax und Marathon. Auch ihre Schnauzen waren blutverschmiert. Einen Moment lang fühlte er sich kraftlos, und dann wurde ihm schlecht. Er wollte sich bewegen, aber sein Körper war so unendlich schwer und seine Arme wollten ihm nicht gehorchen. Der Hundezwinger hatte offen gestanden. Wie konnte das passieren? Voller Wut senkte er seinen Kopf und knurrte in Lazys Kehle, knurrte wie ein Besessener. Endlich gab der Hund sich geschlagen. Er fiepte leise und der kräftige Körper gab nach. Schillinger stand auf und trieb die beiden anderen Hunde über den Hof und in den Hundezwinger. Unruhig liefen

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