Eine unerwartete Erbschaft (German Edition)
zu Hause wäre, würden die Nachbarn mich natürlich sehen, wie ich meine Auffahrt harke und den Rasen mähe, aber so etwas lasse ich über eine Auftragsfirma erledigen, das ist einfacher.«
Ich trank einen Schluck Wein und betrachtete Ryan eingehend. Belinda, die Hundefrau, hatte gesagt, der mysteriöse Mann sei schön wie ein Filmstar. Sie hatte nicht übertrieben.
Antonio brachte unsere Salatteller und ich fuhr fort, Ryan über die Nachbarn zu informieren. Er wusste von den Studenten an der Ecke und kannte Belindas Hunde. Das Haus von Crazy Myra war ihm wegen der Gartenzwerge ein Begriff und Brother Jasper hatte er schon bei einer spätnächtlichen Zigarette auf der Veranda beobachtet. Zufällig hatte er auch einmal Taekwondo-Unterricht bei Ben Chos Vater genommen, allerdings ohne zu wissen, dass er in der Nachbarschaft wohnte.
»Ich finde es toll, dass du jeden kennst«, sagte er und nahm ein Stück Feta auf die Gabel. »Ich fand es immer schwierig, mit Nachbarn in Kontakt zu treten.«
Und ich fand es immer schwierig, sie abzuwehren. »Na ja, es ist nicht so, als hätte ich groß die Wahl gehabt«, entgegnete ich. »Sie liebten meine Großtante – von der ich das Haus geerbt habe – und das scheinen sie auf mich zu übertragen. Ich komme mir manchmal wie ein Projekt vor, um das sich alle kümmern.«
»Diese Art von Fürsorge findet man heutzutage nur noch selten.« Er machte ein nachdenkliches Gesicht. »Wie oft kommen und gehen die Menschen einfach, ohne Kontakt mit
ihrer Umwelt aufzunehmen. Dass Menschen sich um einen kümmern, ist ein großes Geschenk.«
»Wahrscheinlich.«
»Und du hast eine so wunderbare Freundin. Piper konnte gar nicht aufhören, Gutes über dich zu erzählen.«
»Tatsächlich?« Nun wurde das Gespräch interessant.
»Oh, ja. Sie sagte, du wärst klug und lustig und eine tolle Freundin. Und dass du gut schreiben kannst.«
Mir fiel die Kinnlade herunter. Für einen Moment war ich sprachlos.
Unbeirrt fuhr er fort: »Als sie sagte, du hättest einen großartigen Charakter, dachte ich, das wäre vielleicht eine nette Art zu sagen, dass du nicht gut aussiehst.« Er trank einen Schluck Wein. »Aber du siehst richtig hübsch aus, also schätze ich mal, sie meinte wirklich, dass du einen großartigen Charakter hast.«
»Sie hat tatsächlich all diese netten Dinge über mich gesagt?«
»Absolut. Wir haben uns lange unterhalten.«
Er hat gesagt, ich sei richtig hübsch. Ich überlegte, ob er »außergewöhnlich hübsch« meinte oder einfach nur hübsch in Anbetracht dessen, dass ich möglicherweise auch hässlich hätte sein können.
Antonio kam, um Wein nachzuschenken, und räumte meinen Salatteller ab.
Es war blöd, vom Thema meines Hübschseins zum Thema Hochzeit zu wechseln, aber irgendwann musste es geschehen. »Ich weiß, dass Piper dir von der Hochzeit meiner Schwester erzählt hat.«
»Ja, das hat sie. Und ich habe meinen Terminkalender überprüft und wäre an dem Wochenende verfügbar. Ich bin
bereit und willens, deinen Verlobten zu spielen.« Er salutierte mit zwei Fingern. »Zu Ihren Diensten, Mylady.«
»Also, es ist folgendermaßen.« Ich atmete tief durch. »Als ich zum ersten Mal mit Piper darüber sprach, war ich furchtbar sauer. Meine Schwester Mindy hat mich schrecklich genervt und dann kam Piper mit diesem tollen Racheplan daher. Zu der Zeit fand ich ihn toll, weil ich wirklich fast außer mir war vor Wut.« Ich schüttelte den Kopf. »Und außerdem dachte ich auch ein bisschen, dass Piper nur einen Witz macht. Aber jetzt ...« Ich trommelte mit den Fingern auf den Tisch und sah mich im Lokal um. Die Küchentüren im hinteren Bereich schwangen auf und zu wie die Türen eines Saloons und Antonio kam mit einem großen Tablett heraus. Es konnte allerdings nicht unser Essen sein – es waren zu viele Teller.
»Willst du etwa sagen, dass du es doch nicht machen möchtest?«
»Ich bin mir einfach nicht mehr sicher, ob es eine gute Idee ist.« Ryan wirkte enttäuscht. »Tut mir leid, dass du dir all diese Umstände gemacht hast ... zu meinem Büro gekommen bist, und jetzt das Essen und alles ...« Er runzelte die Stirn. Ich war überrascht, dass er es so schwer nahm. »Natürlich zahle ich für das Essen, falls dich das beruhigt.«
Er lehnte sich vor, schob die Kerze zur Seite und legte seine Hand auf meine. Seine Finger waren warm. »Würdest du mir einen großen Gefallen tun?«, fragte er zwischen zusammengebissenen Zähnen und sah an mir vorbei.
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