Eine unerwartete Erbschaft (German Edition)
Schreibtische, ein Mini-Kühlschrank, ein paar Aktenschränke und eine große Grünpflanze in der Ecke. Die Fenster lagen oben an der Decke und man sah dahinter die Schuhe der Zeitungsangestellten, die sich draußen vor der Tür auf eine Zigarette trafen. Über unseren Köpfen sirrten die Leuchtstoffröhren.
»Was sagen Sie?« Er streckte eine Hand vor, als wollte er mich auf die Tanzfläche führen.
»Okay.« Ich nickte. »Ich schalte nur eben den Computer aus und packe meine Sachen zusammen. Das ist schnell erledigt.«
Nachdem Ryan gegangen war, um seinen Wagen zu wenden, schloss ich alle Schubladen ab, schaltete den Computer aus und überprüfte meine Zähne im Taschenspiegel auf Essensreste.
Mrs. Kinkaid redete derweil auf mich ein. »Du meine Güte, ist das ein gutaussehender Mann! Als er am Automaten auf mich zukam, wäre ich fast umgefallen. Als wäre James Bond höchstpersönlich zu meiner Rettung herbeigeeilt. Woher kennen Sie ihn noch mal?«
»Er ist der Freund einer Freundin.« Seltsam, wie leicht mir das über die Lippen kam. Ich klappte den Spiegel zu und ließ ihn wieder in meiner Handtasche verschwinden.
»Ich an Ihrer Stelle würde dafür sorgen, dass es Ihr Freund wird. Oder besser noch: Ihr Verlobter. Er ist umwerfend. Können Sie ihn sich neben sich am Altar vorstellen?«
Was für ein Gedankensprung! »Na, jetzt übertreiben Sie aber«, sagte ich. »Wir gehen doch nur essen.«
»Ja, ja, so fängt es immer an«, erwiderte sie ein wenig zu süffisant für meinen Geschmack. Ich war froh, als ich meine Tasche über die Schulter schlingen und zur Tür gehen konnte. Mit einem Mal wurde mir der Keller zu eng.
Wie versprochen, wartete Ryan in seinem Wagen direkt vor der Eingangstür. Ich blieb kurz im verglasten Eingangsbereich stehen und überlegte: Was, wenn er ein Mörder oder Vergewaltiger war? Allein, dass er Geld hatte und gut aussah, war noch keine Garantie, dass er kein Psychopath war.
Wenn mir irgendetwas passierte, könnte Mrs. Kinkaid meine Verabredung mit ihm bezeugen. Aber würde sie sich auch an seinen Namen erinnern? Da sie so sehr von seinem guten Aussehen betört gewesen war, bezweifelte ich es. Piper dagegen kannte seinen Namen – falls er ihr überhaupt seinen richtigen Namen genannt hatte.
Ich sah zum Wagen, der mit laufendem Motor am Randstein stand. Ein netter kleiner Wagen, mitternachtsblau und sportlich. Fuhren Mörder nicht Viertürer mit getönten Scheiben? Der Kofferraum dieses Autos war nicht mal groß genug für eine Leiche.
Schließlich klopfte ich an die Scheibe seiner Beifahrertür und sagte ihm, ich würde meinen eigenen Wagen nehmen und ihn am verabredeten Lokal treffen. Nachdem er losgefahren war, rief ich bei mir zu Hause an und hinterließ auf meinem Anrufbeantworter eine Nachricht mit seinem Nummernschild und einer Beschreibung des Wagens. Falls ich irgendwo tot geborgen würde, wäre das für die Polizei zumindest ein kleiner Hinweis. Als Frau konnte man nicht vorsichtig genug sein.
Eine halbe Stunde später studierten wir in einem Lokal namens Sardino’s die Speisekarten. Auf dem Tisch lag eine rot karierte Tischdecke und Kellner Antonio zündete uns die Kerze in einer leeren Chiantiflasche an.
»Ich bin froh, dass Sie italienisch mögen«, sagte Ryan. »Dies ist eins meiner Lieblingsrestaurants.«
Ich sah mich in dem schwach beleuchteten Lokal um. Im Hintergrund lief eine CD mit romantischer Geigenmusik und die Paare an den wenigen besetzten Tischen lehnten sich dicht zueinander, um flüsternd zu sprechen. Das einzige, was fehlte, war ein runder Tisch mit Susi und Strolch, die einen langen Spaghetto in ihre Mäuler zogen. »Ich liebe italienisches Essen«, erwiderte ich. »Ich bin hier schon oft vorbeigefahren, war aber noch nie drin.«
»Ich komme nicht oft hierher«, sagte Ryan. »Jedes Essen bedeutet zwei extra Stunden im Fitnesscenter. Aber manchmal muss man auch ein bisschen leben, oder?«
Wir bestellten unser Essen und Ryan orderte einen Rotwein der Sorte Primitivo. Ich hatte noch nie davon gehört,
doch Antonio nickte anerkennend. »Sehr wohl, Sir«, sagte er, bevor er mit den Speisekarten davoneilte.
Wir verfielen in Schweigen und ich fühlte mich unwohl. Ich war noch nicht bereit, den Knackpunkt Hochzeit anzusprechen, also griff ich auf die sicheren Themen zurück, die meine Mutter mir einmal für Gespräche mit Männern empfohlen hatte: Autos und Sport. Mit keinem von beiden kannte ich mich besonders gut aus (während
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