Eine unerwartete Erbschaft (German Edition)
»Wie wäre es, wenn wir eine Abmachung treffen? Du vergibst mir für heute Abend und ich vergebe dir, dass du mich während deiner Kelly-Zeit ignoriert hast. Dann sind wir quitt, können alles hinter uns lassen und morgen ganz neu anfangen. Ohne nachtragend zu sein.«
Er dachte nach. »Ja, damit kann ich leben. Okay, abgemacht. Ich vergebe dir.«
Erleichtert stand ich auf und gab ihm einen Kuss auf die Stirn. »Und ich vergebe dir. Außerdem verspreche ich, dass ich dir von nun an immer sagen werde, wo ich bin.«
»Das wäre schön.«
Ich ging zur Tür und war schon fast draußen, als mir noch etwas einfiel. »Hubert, ich habe meinen Wagen am Restaurant Sardino’s stehen lassen, gleich beim Highway an der Cedar Road. Könntest du mich morgen früh dort absetzen, wenn du zur Schule fährst?«
»Kein Problem. Gute Nacht, Lola. Träum was Schönes.«
»Gute Nacht, Hubert.«
16
Im Verlauf der nächsten Woche entwickelten Hubert und ich eine morgendliche Routine. Ich war nie sicher, wann er aufstand, aber wenn ich nach unten kam, waren Kaffee und Frühstück bereits fertig und die Zeitung lag neben meinem Teller. Ich für meinen Teil aß dankbar alles, was er zubereitet hatte, und kümmerte mich hinterher um den Abwasch. Ein vergleichsweise kleiner Preis.
Beim ersten Mal staunte ich, wie viel Mühe er sich gemacht hatte – ein Omelett mit gedünsteten Zwiebeln und Pilzen, darüber geriebener Käse und Salsa-Soße. Er hatte Weizenvollkornbrot getoastet, in kleine Dreiecke geschnitten und kunstvoll um den Teller drapiert.
»Eine Maschine kann auch nicht ohne Brennstoff arbeiten«, sagte er, während er mir schwungvoll Kaffee eingoss. »Das Frühstück ist die wichtigste Mahlzeit des Tages.«
Das hatte ich schon öfter gehört, aber nie geglaubt. Früher war meine Maschine mit Frühstücksflocken und Milch gelaufen, aber ich konnte nicht leugnen, dass seine Variante attraktiver war. Vor allem, wenn er die ganze Arbeit auf sich nahm.
Im Büro fragte Mrs. Kinkaid mich täglich über Ryan aus, doch ich hatte meine Lektion gelernt und verriet nur wenig.
Der arme Drew musste sich mehrere Male die Geschichte mit dem Automaten anhören – wie Ryan mit der Faust dagegen geschlagen und den Schokoriegel befreit hatte. Wenn sie es erzählte, klang Ryan wahrlich heldenhaft. Er war der Mann der Stunde, ein Mann der Tat, der Befreier eingeklemmter Knabberware. »Und er sah soo gut aus!«, fügte sie jedes Mal hinzu. Drew nahm es relativ gleichgültig auf. Er war am Dienstag wieder zur Arbeit erschienen und sich offenbar nicht mehr bewusst gewesen, dass er sich für Montag krank gemeldet hatte. Als Mrs. K. nach seinem Befinden fragte, wirkte er irritiert. Etwas später rutschte ihm im Nebensatz heraus, dass er mit seiner Freundin Bergwandern gewesen sei, und als er sein Missgeschick bemerkte, änderte er schnell das Datum des Ausflugs und täuschte zur Demonstration seiner immer noch angeschlagenen Gesundheit einen Hustenanfall vor. Ich warf ihm einen Hustenbonbon zu.
Am Donnerstag rief Piper an – eine neue Angewohnheit von ihr seit dem Montag, an dem ich mit Ryan ausgegangen war. Sie nutzte dazu den kurzen Vormittagsschlaf ihres Sohnes, der etwa zwanzig bis dreißig Minuten dauerte, aber es sei erstaunlich, wie viel ein Mensch in dieser kurzen Zeit schaffen könne. »Ich habe gerade einen Riesenberg Wäsche aufgehängt«, sagte sie beispielsweise. All solche Sachen, und telefonieren konnte sie auch noch! Ich stellte mir vor, wie sie mit zwischen Ohr und Schulter geklemmtem Telefon im Haus hantierte. Babys sind der Grund, warum Frauen Experten im Multitasking sind, da bin ich sicher.
Diesen Morgen fragte sie wieder: »Hast du schon was von Ryan gehört?«
Ich sah zu Drew und Mrs. Kinkaid, die gerade über eine Reality Show auf einer Insel oder in einem Konferenzsaal diskutierten – irgendetwas jedenfalls, wo Leute rausgeworfen wurden. »Nein, er hat noch nicht wieder angerufen. Und ich habe dir doch gesagt, dass ich sofort Bescheid gebe.«
»Hat er denn ganz sicher versprochen, er würde sich wieder melden?«
»Wir haben das doch alles schon durchgekaut, Piper. Er sagte etwas von ›später in der Woche‹, aber ich sitze jetzt nicht mit angehaltenem Atem da. Wenn er anruft, ruft er an.« So sehr ich hoffte, wieder von ihm zu hören, fürchtete ich mich auch davor. Wenn er nicht anriefe, könnte ich den blöden Mindy-Plan ad acta legen. Das wäre für mich in Ordnung gewesen – ich kannte solche Situationen ja
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