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Eine unerwartete Erbschaft (German Edition)

Eine unerwartete Erbschaft (German Edition)

Titel: Eine unerwartete Erbschaft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen McQuestion
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Er hatte tatsächlich angenommen, ich müsste als vermisst gemeldet werden, und meine Daten notiert.
    Seine Sorge rührte mich. Außerdem war ich gerührt, dass er mich zwei Zentimeter größer und zehn Kilo leichter gemacht hatte.
    Am eindrucksvollsten fand ich jedoch, dass er sich so sehr ins Zeug gelegt hatte. Hubert war aufrichtig besorgt gewesen, dass ich entführt und ermordet worden war. Nicht einmal meine eigenen Eltern hatten sich Sorgen gemacht! Hubert dagegen, mein guter alter Freund Hubert, hatte die Nachbarn abgeklappert und ganze Straßen nach mir abgesucht. Ich dachte daran zurück, was Ryan im Restaurant gesagt hatte: Menschen zu haben, die sich um einen kümmern, ist ein großes Geschenk. Er hatte recht – es war ein Geschenk, vor allem, wenn ich an die Alternative dachte: überhaupt niemanden zu haben, der sich kümmerte.
    Ich ging nach oben, um mich zu entschuldigen, aber Huberts Tür war zu und alles ruhig. Ich flüsterte: »Hubert?«, doch es kam keine Antwort. Ich blieb ein paar Minuten stehen, falls er sich doch noch meldete, dann gab ich auf.
    Später, nachdem ich geduscht hatte und zu Bett gegangen war, sah ich alles in einem neuen Licht. Hubert hatte für seine Begriffe vollkommen normal reagiert und wie immer auf mich aufpassen wollen. Auf diese Weise hatten wir uns auch kennengelernt, in der siebten Klasse. Damals hatten mich drei ältere Mädchen jeden Tag auf dem Nachhauseweg geärgert. Sie hänselten mich, warfen kleine Steine nach mir und versuchten, mich auf jede erdenkliche Weise zu demütigen. Warum gerade mich? Das erfuhr ich nie. Vielleicht, weil ich eine Klasse unter ihnen war oder kleiner oder zufällig in ihre Richtung ging. Wer weiß schon, was solche Tyrannen anstachelt? Ich versuchte, andere Wege zu nehmen oder länger in der Schule zu bleiben oder sofort nach der Schulklingel nach Hause zu sprinten, aber nichts half – sie fanden mich immer. Und indem ich versuchte, ihnen auszuweichen, wurde es für sie nur noch interessanter.
    Eines Tages hatten sie mich hinter der Schule in die Mülltonnenecke gedrängt. Sie schienen nichts Besonderes von mir zu wollen – außer mich leiden zu sehen.
    »Du findest dich wohl ganz toll«, sagte die Anführerin und schubste mich so stark, dass mein Kopf gegen die Schulmauer stieß. Christina Olson hieß sie. Alle Mädchen in der Siebten gingen ihr aus dem Weg.
    Eine ihrer Freundinnen sagte: »Wir haben gesehen, wie du uns den Stinkefinger gezeigt hast, du miese Schlampe. Wir werden dir eine Lektion erteilen. Dein Arsch gehört uns.«
    Ich wusste nicht genau, was ein Stinkefinger war. Und was sie mit meinem Arsch machen wollten, war mir ebenfalls ein Rätsel, aber ich dachte, das Sicherste wäre es, nichts zu sagen. Sie hatten mich umringt, alle drei standen ganz nah bei mir, während mein Rücken an die Schulmauer gedrückt wurde. Ich sah mich um und hoffte, der Hausmeister würde vielleicht noch Müll rausbringen und mich retten. Neben meinen Schuhen lag ein Häuflein Abfall, das vorbeigefallen war, eine faulige Banane und ein Stück zerknülltes Butterbrotpapier.
    Das dritte Mädchen merkte, dass ich zum Nebeneingang sah, und sagte: »Mach dir keine Mühe, nach Hilfe zu suchen.« Sie bohrte ihre Fingernägel in meine Schulter und ich schrie vor Schmerzen auf. »Niemand wird kommen.«
    Doch sie irrte sich, denn plötzlich stand der Neue der Schule hinter ihnen und sagte mit lauter, klarer Stimme: »Aufhören!« Er war in einem meiner Kurse, aber ich wusste lediglich, dass er Hubert hieß. Die drei Mädchen ließen von mir ab, um ihn genauer zu betrachten.
    Nachdem Christina ihn gemustert hatte, entschied sie, dass er keine Bedrohung darstellte. »Geh weg, du«, sagte sie und wedelte mit der Hand. »Das geht dich überhaupt nichts an.« Das Mädchen, das mir in die Schulter gekniffen hatte, schnaubte verächtlich.
    »Nein«, entgegnete er und blieb entschlossen stehen. »Lasst sie in Ruhe.«
    »Hör mal«, meinte Christina ungeduldig, »das ist eine Sache zwischen uns Mädchen. Das hat nichts mit dir zu tun. Geh einfach weiter und lass uns in Ruhe.«
    »Nein, ihr seid diejenigen, die gehen müssen. Lasst das Mädchen in Ruhe.«
    Christina richtete sich zu voller Größe auf und stolzierte auf ihn zu. Sie war älter, aber Hubert war gut fünfzehn Zentimeter größer. Selbst von meinem Platz im Löwenrachen aus fand ich sie ziemlich mutig. »Und wie willst du uns dazu bringen? Wir sind zu dritt, aber du bist allein.«
    Ich hörte das

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