Eine unerwartete Erbschaft (German Edition)
passieren würde, Lola.«
»Du meinst wegen Kelly.«
Er hob den Kopf und sah mich an. »Was hat Kelly denn damit zu tun?«
»Ich dachte nur ...« Ich wusste, dass ich das vorsichtig formulieren musste. »Da ihr zwei nicht mehr zusammen seid, sind dir deine Freunde im Moment sehr wichtig.«
»Wie kannst du das sagen? Du warst immer wichtig für mich. Das hat sich nicht geändert, nur weil ich bei Kelly eingezogen bin.« Er legte den Kopf wieder aufs Kissen.
»Na ja, ich will mich ja nicht beschweren oder so, aber in den letzten Monaten haben wir uns überhaupt nicht mehr gesehen. Ich habe mich tatsächlich schon gefragt, ob wir noch Freunde sind.«
»Aber natürlich sind wir noch Freunde«, gab er indigniert zurück. »Wir werden immer Freunde sein. Ich habe mich nur deswegen nicht mit dir getroffen, weil ... Also offen gesagt hatte Kelly etwas gegen dich. Ich weiß auch nicht genau, was. Sie hat es gehasst, wenn wir zwei telefoniert haben und sie mich lachen hörte. Sie hasste es, wenn du herumgealbert und Witze gemacht hast – sie meinte, du würdest sie damit ins Abseits schieben wollen. Kelly hat nicht wirklich verstanden, wie das mit guten alten Freunden ist, also habe ich versucht, das irgendwie zu trennen. Was schwierig war, weil meine Mom sich ständig nach dir erkundigte.«
»Ach, tatsächlich? Wie geht es ihr?« Ich hatte Huberts Mom immer gern gemocht. Sie war der Typ Mutter, der einem die Hand auf die Stirn legte, wenn man blass aussah. Wenn wir uns damals nach der Schule in Huberts Partyraum getroffen hatten, hatte sie immer ausreichend Dr. Pepper im Kühlschrank deponiert und uns selbstgebackene Kekse auf einem silbernen Tablett gebracht. Mrs. Holmes war Piper und mir gegenüber immer gleich freundlich gewesen, aber
ich hatte das Gefühl gehabt, dass sie mich lieber mochte. Sie schickte mir immer noch Geburtstagskarten.
»Es geht ihr gut. Sehr gut. Als ich das letzte Mal da war, bat sie mich, dir Grüße auszurichten.«
»Bestell ihr schöne Grüße zurück.«
»Du kannst jederzeit auch selbst bei meinen Eltern vorbeischauen, weißt du? Darüber würden sie sich bestimmt freuen.«
»Vielleicht mache ich das.« Ein netter Gedanke – aber ich wusste, ich würde es nicht tun. Meine Besuche bei den Holmes gehörten der Vergangenheit an. Früher war ich oft mit dem Fahrrad hingefahren und durfte gern zum Abendessen bleiben, aber das war damals gewesen. Jetzt dorthin zu fahren, ohne Hubert, wäre irgendwie seltsam gewesen. »Hubert, es ist spät und wir sollten beide schlafen. Ich wollte dir nur dringend sagen, wie leid es mir tut.«
Er sah zur Decke. »Und was ist das für ein Typ, mit dem du ausgegangen bist? Kenne ich ihn?«
»Nein, es ist jemand, den Piper auf Mikes Arbeit getroffen hat. Ein Klient. Er heißt Ryan Moriarty.«
Er stützte sich auf die Ellbogen. »Er ist ein Klient? Was soll das – haben die etwa irgend so eine Abmachung? Geben Sie uns Ihr Geld und Sie bekommen eine Verabredung?«
Es klang wie ein Witz, aber es lag etwas Seltsames in seiner Stimme. Ich konnte es nicht genau identifizieren. »Nein, er ist einfach nur ein netter Kerl. Piper hat das Ganze in die Wege geleitet. Sie dachte, er könnte mit mir zu Mindys Hochzeit gehen, damit ich nicht so allein und erbärmlich dort auftauche. Ich war mir bei der Sache nicht sicher, aber sie hat mich quasi angefleht, mit ihm auszugehen. Du weißt ja, wie sie sein kann.«
»Ihre Überredungskünste sind phänomenal. Aber, Lola ...« Er zog meinen Namen wie Kaugummi in die Länge. »Zu der Hochzeit hätte ich dich doch begleiten können. Es gibt keinen Grund, weshalb du da allein aufkreuzen müsstest.«
»Das ist gut zu wissen, Hubert. Ich werde daran denken.«
Wir schwiegen eine Weile und er streichelte abwesend mein Bein. Irritiert rutschte ich ein Stück zur Seite. »Bist du immer noch sauer auf mich?«, wollte ich wissen.
»Na ja, ein bisschen«, gab er zu. »Du meine Güte, Lola, ich bin fast verrückt geworden, weil ich dich nicht finden konnte! Dann kamen alle Nachbarn, was natürlich sehr nett war ... Der Montag ist Myras Lieblingsfernsehabend, weißt du? Sie hatte sich schon sehr gefreut, aber als sie hörte, dass du vermisst wirst, verzichtete sie darauf. Und dann kommst du einfach so von deiner Verabredung ins Zimmer getorkelt und tust, als hätte ich das nur aufgebauscht!« Er atmete tief durch. »Ja, ich bin immer noch ein bisschen sauer.«
Tja, wenn er es so formulierte ...
»Ich verstehe«, sagte ich.
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