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Eine ungezaehmte Lady

Titel: Eine ungezaehmte Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Archer
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seinen Hals gerettet. Für Rafe war Texas das sicherere Pflaster. Falls der Junge wirklich zu den Banditen gehörte, war er im Indian Territory besser aufgehoben. Deshalb war es wahrscheinlich das Ratsamste, wenn sich ihre Wege trennten.
    Doch zuerst mussten sie ihre Verfolger abschütteln.
    »Hast du auch einen Namen?«, fragte er.
    »Kid genügt.«
    Als Rafe das zarte Profil des Jungen musterte, fiel es ihm plötzlich wie Schuppen von den Augen. Ja, das war des Rätsels Lösung. Vielleicht, aber nur vielleicht, war dieser kluge Junge in Wirklichkeit ein Mädchen.

5
    Lady wünschte, der Deputy hätte seinen Namen nicht genannt. Rafe. Ein Name hatte Macht und war zu persönlich, um ihn so schnell preiszugeben. Ein Geschenk der Geister. Ihr war es lieber, dass die Leute sie als Lady und nicht unter ihrem richtigen Namen kannten. Ma und Dad hatten ihr eingeschärft, stets sparsam mit Informationen umzugehen und vor allem ihrem Namen für sich zu behalten. Schließlich könnte es ja geschehen, dass er irgendwann das Einzige sein würde, was ihr blieb. Im Guten wie im Schlechten. Sie wussten, wie es war, alles zu verlieren. Aber sie hatten noch einmal von vorne angefangen und hart gearbeitet. Immer hatten sie an einem Strang gezogen.
    Sie musste die Tränen zurückdrängen, als sie Jipsey am Rand der Klippe über dem Red River zum Stehen brachte. Rafe stoppte neben ihr. Lady schob die Gefühle beiseite, die in ihr aufstiegen. An manchen Tagen war sie so müde, dass sie sich am liebsten zu ihren Eltern gelegt hätte, die auf einem friedlichen Hügel ihre letzte Ruhestätte gefunden hatten. Doch die Suche nach Gerechtigkeit trieb sie weiter.
    »Justice«, sagte er und tätschelte den Hals des Wallachs.
    Im ersten Moment war sie erschrocken und glaubte schon, er hätte ihre Gedanken gelesen.
    »Ganz ruhig, alter Junge.«
    Lady wurde klar, dass sein honigfarbenes Pferd Justice – Gerechtigkeit – hieß. Und dass ihr selbst eine völlig andere Art von Gerechtigkeit vorschwebte.
    Heute war der Red River nicht ihr Freund. Schon seit Morgengrauen hielt sie Ausschau nach einer Furt, doch seit den letzten Regenfällen führte der Fluss Hochwasser und strömte über die Sandbänke in Richtung Louisiana, wo das von Tonerde rote Wasser mit dem gewaltigen Mississippi verschmolz.
    Da inzwischen im Westen die Sonne unterging, musste sie den Fluss jetzt überqueren. Sie hatte keine andere Wahl, denn bei Dunkelheit war es zu gefährlich. Also würde sie es im Schutz der Dämmerung versuchen, wenn die Lichtverhältnisse zwar gerade noch reichten, ihren Verfolgern jedoch das Zielen erschwerten.
    »Wir sollten weiterreiten«, meinte Rafe.
    Lady wies auf einen Trampelpfad, der zum Fluss führte. »Ich reite da hinunter. Die Meute wird sich an meine Fersen heften.« Sie deutete auf die Straße. »Morgen bist du in Paris.«
    »Was, wenn sie dich kriegen oder anschießen?«
    »Ich bin schnell.« Sie verbarg ihr Gesicht unter der Hutkrempe, in der Hoffnung, dass er weder ihr Gesicht noch ihre Stimme erkennen würde.
    »Ich habe schon bessere Stellen gesehen, um einen Fluss zu überqueren.«
    »Die Zeit wird knapp. Gleich wird es dunkel.« Sie verstand nicht, warum er nicht einfach davonritt.
    »Zwei Pistolen sind besser als eine.«
    »Warum das Risiko eingehen?« Sie konnte nicht fassen, dass er sich nicht verdrückte, um seine Haut zu retten.
    Rafe wies auf die Staubwolke, die sich einfach nicht abschütteln ließ. »Ich verdanke dir mein Leben.«
    »Dann soll es nicht umsonst gewesen sein. Reite nach Paris.«
    Lady stieß Jipsey die Fersen in die Flanken und machte sich an den Abstieg den rutschigen gewundenen Pfad hinunter. Als sie unter den grünen Ästen von Tannen, Eichen, Amberbäumen und Milchorangenbäumen hindurchritt, musste sie sich ducken, um nicht aus dem Sattel gefegt zu werden. Der Duft von Wildblumen stieg ihr in die Nase. Die Vögel verstummten, als sie ihre Nistplätze passierte.
    Als sie feststellte, dass Rafe ihr folgte, fluchte sie leise vor sich hin. Warum verschwand er nicht endlich? Ärgerlich ritt sie weiter. Der Mann war wirklich eine Landplage. Nun wollte er offenbar auch noch den Gentleman spielen, der einen Jungen nicht in der Gefahr allein ließ. Glaubte er, ihr etwas schuldig zu sein? Die Folgen waren nicht auszudenken. Verglichen mit einem abenteuerlustigen Deputy war eine Klapperschlange ein Haustier. Was, wenn er herausfand, wer sie wirklich war? Sie musste ihn irgendwo im Red River Valley abhängen.
    Am Fuß

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