Eine ungezaehmte Lady
der Spitze nach unten. Der einzige Weg, dorthin zu gelangen, führte über eine steil nach unten geneigte, flache Felsplatte. Gefährlich. Aber wenn man sich einmal in der Höhle befand, hatte man dort ein gutes Versteck, einen wettergeschützten Ort, von dem aus man sich gut verteidigen konnte. Es sah so aus, als würde die Wölbung in der Felsplatte Regenwasser auffangen und halten. Ein Gesetzloser konnte sich dort für einige Zeit verschanzen. Die Höhle ging anscheinend tief in den Berg hinein. Er würde sie gern erforschen, aber dafür hatte er jetzt keine Zeit.
Er schaute nach oben und sah Burt an dem Aussichtspunkt stehen. Rasch winkte er, um seine Aufmerksamkeit zu erregen.
Burt entdeckte ihn und deutete hinunter auf die Klippenwand.
Rafe schaute auf die Stelle, auf die Burt gezeigt hatte, und sah eine grob in den Felsen gehauene Treppe, die zur Spitze führte. Rasch begann er, nach oben zu klettern, und hielt sich dabei mit den Händen an den Einbuchtungen in dem Gestein fest, bis er ganz oben angelangt war und über die Kante steigen konnte.
Sofort entdeckte er Ladys Unterkunft. Das kleine weiße Zelt stand nach hinten versetzt in einer Ecke, die von unten nicht einsehbar war. Es war der perfekte Ort für sie, um sich ihr hübsches Kleid anzuziehen. So würde sie nicht riskieren, es beim Klettern schmutzig zu machen oder zu zerreißen. Er ging auf das Zelt zu.
»Warte!« Burt hob warnend die Hand. »Wir lassen Lady ruhen, bevor sie sich umzieht. Niemand darf sie jetzt stören.«
»Nicht einmal ich?«
»Du ganz sicher nicht, Fast John.«
»Ich verstehe, was du meinst.« Rafe nickte. »Geht es ihr gut?«
»Sie fühlt sich pudelwohl.« Burt machte eine weite Geste. »Ich wette, so etwas hast du noch nie gesehen.«
Rafe bestaunte das grüne Panorama, über das sich in der Ferne ein leichter violetter Nebel legte. »Eine wunderschöne Landschaft.«
»Das kann man wohl sagen.« Burt kam näher. »Lady wird hier oben singen.«
»Ist sie hier sicher?«
Burt wirkte schockiert, wenn nicht sogar ein wenig beleidigt. »Ich würde niemals zulassen, dass ihr etwas geschieht.«
Rafe nickte und begriff, dass sie wahrscheinlich schon öfter hier heraufgeklettert war.
»Die Leute dürfen sie anschauen. Und ihr zuhören. Das ist hier ein natürliches Ameisentheater.«
»Ameisen … Amphitheater?«
»Genau, so nennt sie es.« Burt grinste und zeigte seine weißen Zähne. »Geh auf der Rückseite nach unten und schau es dir an. Der Stone Corral ist unschlagbar.«
»Dann mache ich das jetzt.«
»Beeil dich. Lady wird dich in der ersten Reihe sehen wollen.«
Rafe bahnte sich seinen Weg über den Gipfel und achtete darauf, nicht über lockere Steine zu stolpern und in eine der tiefen Spalten zu stürzen. Einige immergrüne Pflanzen wurzelten an der Oberfläche, und er benutzte sie, um sich daran festzuhalten. Er sah sich noch einmal die atemberaubende Landschaft an, bevor er einen erdbedeckten Hang hinunterkletterte.
Am unteren Ende angelangt, erwarteten ihn Felsbrocken und ein dichter Wald, also entschied er sich für den schmalen Pfad, der sich um den Fuß der Mesa herumwand und nach vorne führte. Er ging um die großen Felsen herum, die aus der Erde ragten, und entdeckte eine schmale Kluft. Das musste der Eingang zum Stone Corral sein.
Nackte Felswände erhoben sich in den Himmel und umschlossen ein Gebiet, das ideal für einen Pferdekorall war. Um die Tiere hier festzuhalten, musste man nur die offene, schmale Seite mit einer Barriere aus Holz oder Steinen versperren. Er sah sich um, beeindruckt von den massiven Wänden und dem weichen, sandigen Boden. Versteckt in einer Felsspalte führten Steinstufen nach draußen. Er folgte ihnen nach unten und fand sich vor der Robber’s Cave wieder.
Er warf einen Blick zurück. Hätte er den Stone Corral nicht selbst gesehen, hätte er dieses Versteck niemals dort vermutet. Aber er würde sich daran erinnern. Sollte er jemals einen Pferdedieb in diese Gegend verfolgen, würde er genau wissen, wo er nach ihm zu suchen hatte.
Langsam ging die Sonne im Westen unter und warf lange Schatten über die Mesa. Rafe wusste, dass Lady singen würde, bevor es dunkel wurde. Er üb e rlegte kurz, ob er ihr rasch viel Glück wünschen sollte, beschloss aber dann, sie in Ruhe zu lassen.
Ihm lief die Zeit davon, und er machte sich wieder daran, nach Crystabelle Ausschau zu halten. Er war noch nicht weit gekommen, als er jemanden seinen Namen rufen hörte.
Als er aufsah,
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