Eine ungezaehmte Lady

Titel: Eine ungezaehmte Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Archer

Vom Netzwerk:

entdeckte er Bob, der ihn zu sich winkte.
    »Lady scheint in guten Händen zu sein«, meinte Rafe, als er Bob erreicht hatte. »Wenn ich noch irgendwie helfen kann …«
    »Ich habe alles unter Kontrolle.« Bob deutete mit einer Kopfbewegung zur Seite. »Dort drüben. Der Wikinger und Angel. Ich werde sie dir vorstellen. Danach muss ich los.«
    Rafe lag nicht viel daran, aber er rief sich ins Gedächtnis, dass er eine Rolle spielte, und versuchte, interessiert zu wirken. »Ah, das ist also der Hingucker.«
    »Fast John«, begann Bob und grinste von einem Ohr zum anderen. »Sie ist heißer als alle anderen. Lady ausgenommen.«
    »Dann muss ich sie mir unbedingt anschauen.«
    Bob drehte sich um und ging erstaunlich schnell für einen Mann seiner Größe voran. Rafe folgte ihm und hielt dabei immer noch Ausschau nach Crystabelle.
    Als Bob abrupt stehen blieb, wäre Rafe beinahe auf seinen Rücken geprallt. Er sah nichts als Bobs breite Schultern vor sich.
    »Wikinger und Angel, das ist Fast John.«
    Rafe spähte um Bob herum, um das Pärchen sehen zu können.
    Der Wikinger saß mit breit gespreizten Beinen auf einem hochkant gestellten Baumstumpf. Langes blondes, von der Sonne fast weiß gebleichtes Haar hing ihm bis zu seinen breiten Schultern. Oben am Kopf steckte eine indianische Feder. Seine blauen Augen hatten die Farbe des Himmels. Er sah Rafe an und musterte den Neuankömmling schweigend. Der Wikinger trug nur eine mit Fransen behangene Lederweste, die seine muskulösen Arme und Schultern frei ließ. Seine Lederhose betonte seine massiven Oberschenkel. Er wirkte wilder als jeder Indianer, den Rafe bisher zu Gesicht bekommen hatte.
    Die Frau, die man Angel nannte, kniete zu seinen Füßen. Sie drückte ihr Gesicht an seine Knie und umfasste mit den Händen sein Bein. Sie trug einen einfachen roten Rock und eine weiße Bluse, die so weit aufgeknöpft war, dass man den Ansatz ihrer Brüste sehen konnte. Ihr langes, zerzaustes Haar war so rotbraun wie Rafes. Es fiel ihr weit über den Rücken und verdeckte ihr Gesicht. Sie sah viel eher aus wie ein Teufel als wie ein Engel.
    Bob trat einen Schritt zurück. »Fast John hat ein paar gute Geschichten über Tombstone zu erzählen.«
    »Nicht besser als meine«, murmelte Angel, ohne aufzusehen. »Ich wurde entführt und verkauft. Und jetzt bin ich die Sklavin dieses großen Wüstlings.« Sie zwickte Wiking in den Oberschenkel.
    Er legte seine große Hand auf ihre Finger. »Sie erfindet gern Geschichten.« Seine tiefe Stimme hatte den singenden Tonfall eines Mannes aus dem Norden.
    »Das stimmt nicht. Hast du mich gekauft, oder nicht?«
    »Ich habe dich gekauft. Und dich befreit.« Der Wikinger verdrehte die Augen und sah die Männer an, die ihn beobachteten. »Man sollte nie einen hungrigen Hund füttern. Er könnte dir folgen und dich nicht mehr verlassen wollen.«
    Angel schlug ihm mit ihrer freien Hand gegen die Schulter. »Ich bin kein Hund!« Sie warf ihr Haar zurück und sah Bob an. »Vergiss dein Versprechen nicht, mich der Lady mit dem Colt vorzustellen. Sie ist meine Heldin, neben Belle Starr.«
    »Ich werde daran denken.« Bob zwinkerte Rafe zu und eilte davon.
    Rafe trat einen Schritt vor und sah Angels Gesicht zum ersten Mal. Er erstarrte vor Entsetzen und Erstaunen.
    Er hatte Crystabelle gefunden.

35
    Auf dem Gipfel von Robber’s Cave sah Lady hinaus auf die weite Fläche von üppigem Grün, unterbrochen von tiefen dunklen Schluchten und aufragenden Felsbrocken. Unter ihr liefen Männer und Frauen in verschiedenfarbiger Kleidung – von einfachem Schwarz bis zu grellem Rot – hin und her und rangelten um einen besseren Platz, bevor sie nach oben schauten und in Vorfreude verstummten.
    Lady zeigte sich von ihrer besten Seite, und das war ihr bewusst. Sie trug das neue Kleid aus Paris mit einer modischen, mit Rüschen besetzten Schürze vorne und einer hohen Turnüre am Po, und mit der dunkelroten Farbe würde sie alle Augen auf sich ziehen. Ihre roten Schuhe mit den hohen Absätzen machten sie größer. Ihr Haar trug sie offen, denn sie wusste, dass Männer lange Locken unwiderstehlich fanden. Sie wünschte, sie hätte ihre Gitarre bei sich, aber nun musste eben ihre Stimme ausreichen.
    Sie suchte die vorderen Reihen nach Rafe ab, aber aus irgendeinem Grund hatte er sie gerade jetzt verlassen, wo sie seine Unterstützung brauchte. Wenn er sich nicht durch eine Abmachung verpflichtet fühlte, tauchte er anscheinend nicht auf. Wahrscheinlich suchte er nach