Eine unheilvolle Begegnung
flehend blickte sie ihn an. »Oh bitte, nutz mich aus!«
Morgan lachte rau und schob sie auf ihren Sitz zurück. »Du bist wirklich gefährlich, Samantha Dyson.«
Schlecht gelaunt kehrte Gerald in sein Schlafzimmer zurück. Diese ganze Sache mit Frank Tanner begann, ihm auf den Magen zu schlagen. Wer war er, und was hatte er hier gewollt? Auf jeden Fall war er kein Polizist oder Ähnliches gewesen, sonst hätte inzwischen bestimmt schon halb Utah auf seiner Türschwelle gestanden. Aber warum war er dann in sein Büro eingebrochen? Was hatte er gehofft, dort zu finden? Beweise für den lukrativen Drogenhandel, den er hier betrieb? Jeder Idiot konnte sich denken, dass er bestimmt keinen Schriftverkehr darüber aufbewahren würde. Überhaupt ging in letzter Zeit vieles schief. Erst Maras Tod und jetzt das.
Mara … Gerald rieb erschöpft über sein Gesicht. Seit Mara tot war, machte sein Leben nicht mehr so viel Spaß, es fehlte irgendwie der Glanz. Das Leuchten in ihren Augen, das Strahlen ihres Lächelns. Erst nachdem sie fort war, wurde ihm bewusst, wie sehr er ihr verfallen war. Das erste Mal hatte er sie in der Schmuckwerkstatt gesehen, in der sie eine Ausbildung absolviert hatte. Eigentlich wollte er ein Schmuckstück zum Trost für seine letzte abservierte Geliebte kaufen, doch dann hatte er Mara entdeckt und nur noch Augen für sie gehabt. Völlig in ihre Arbeit vertieft saß sie über einem Gerät mit einer riesigen Lupe. Ihr langes blondes Haar war zu einem schlichten Zopf zusammengebunden. Am liebsten hätte er gleich seine Hände hineingewühlt. Doch er hielt sich zurück und gab dem Verkäufer ein Zeichen, ihn vorzustellen.
Anscheinend völlig unbeeindruckt musterte sie ihn, lächelte flüchtig und vertiefte sich dann wieder in ihre Arbeit. Dadurch wurde sein Jagdtrieb geweckt. Er musste sie besitzen, koste es, was es wolle. Wie sich herausstellte, musste er bis auf Zeit und Aufmerksamkeit gar nichts investieren. Mara interessierte sich nicht für Reichtum, eine riesige Villa oder kostbare Geschenke. Letztlich eroberte er sie damit, dass er jeden Tag nach Feierabend vor dem Juwelier auf sie wartete, mit ihr ins Kino oder zum Essen ging, in den nahen Park oder einen Ausflug in die Umgebung mit ihr unternahm.
Mara sog seine Aufmerksamkeit praktisch in sich auf, als bräuchte sie sie zum Leben. Vielleicht war es auch so. Sie sprach nie viel über sich selbst und ihr Leben. Es schien ihr zu reichen, ihm zuzuhören oder einfach nur gemeinsam mit ihm zu schweigen. Idiot, der er war, glaubte er damals wirklich, es würde ewig so weitergehen. Wahrscheinlich wäre es auch noch eine Weile gut gegangen, hätte Mara nicht zufällig ein Gespräch zwischen ihm und einem seiner Partner belauscht, das nicht für ihre Ohren bestimmt war. Gerald hatte nicht mitbekommen, dass sie hinter der Tür gestanden hatte. Nur durch Zufall trat er danach ebenfalls auf die Straße und sah, dass Mara in einer Telefonzelle stand.
Noch nichts Schlimmes ahnend trat er neugierig hinter sie, ohne dass sie etwas davon merkte. Das, was sie dann sagte, ließ ihn bis in sein Innerstes erstarren. Sie erklärte ihrem Gesprächspartner, dass sie ein Gespräch belauscht habe und dringend mit ihm darüber sprechen müsse. Sie würde zurückrufen. Anscheinend hatte sie nur einen Anrufbeantworter erreicht. Mara legte auf, drehte sich um und zuckte erschrocken vor ihm zurück. Es war nicht zu übersehen gewesen, dass sie ihn mit anderen Augen ansah als sonst. Die Bewunderung und Liebe waren aus ihrem Blick gewichen und hatten Entsetzen und Angst Platz gemacht. Gerald war furchtbar wütend gewesen, aber als er sie ansprach, war seine Stimme sanft.
»Wen hast du da angerufen, Mara?«
Sie wich einen Schritt vor ihm zurück. »N-n-niemand Besonderen. Nur eine Freundin, die ich lange nicht gesprochen habe.«
Es war sonnenklar, dass sie log. »Und was wolltest du ihr so Dringendes erzählen?«
Mara wurde noch eine Spur blasser. Ihre blauen Augen waren riesig und flehten ihn an, ihr zu glauben. »Nur, wie glücklich ich hier bin, mit dir.«
Mit aller Macht riss Gerald sich zusammen, um nicht seine Enttäuschung und Wut herauszuschreien. »Das ist schön. Komm mit, wir machen uns heute einen ganz besonders schönen Abend.«
Zweifellos wäre Mara jetzt lieber nicht mitgekommen, aber er ließ ihr keine Wahl. Er griff nach ihrer Hand und zog sie mit sich zu seinem Auto. »Komm, wir fahren in deine Wohnung.« Mara hatte darauf bestanden, ihre eigene
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