Eine unheilvolle Begegnung
Moment gewartet, um zuzuschlagen. Gerald hatte seine Männer auf ihn gehetzt und dann, als er bereits halb bewusstlos in ihren Armen gehangen hatte, einen Stock genommen und wieder und wieder auf seinen Rücken eingeschlagen. Morgan war vor Schmerzen in die Knie gegangen, aber immerhin war ihm kein Wort über die Lippen gekommen. Kurz danach hatte Gerald seinen Männern befohlen, ihn in eine unbewohnte Gegend zu bringen, ihn dort zu töten und zu begraben. Letzteres hatte geklappt. Aber mit dem Töten hatten sie sich nicht genug Mühe gegeben.
Trotzdem, wäre Sam Dyson nicht genau in diesem Moment zur Stelle gewesen, er wäre schon seit Tagen tot. Er schuldete ihr mehr, als er je zurückzahlen konnte. Erneut dachte er daran, sie anzurufen, aber auch diesmal entschied er sich dagegen. Er sollte sich wirklich möglichst von ihr fernhalten, um sie nicht noch zusätzlich in Gefahr zu bringen. Seufzend gestand er sich ein, dass ihn noch ganz andere, viel selbstsüchtigere Gründe bewegten, warum er sie wiedersehen wollte. Und die hatten nur ganz entfernt etwas mit Dankbarkeit zu tun. Vielleicht, wenn diese ganze Sache erledigt war …
Er schreckte auf, als Zachs Hand vor seinen Augen herumwedelte. »Hallo, Erde an Morgan, ist da jemand?«
Morgan blinzelte seinen Freund verwirrt an. »Was ist?«
»Ich rede die ganze Zeit mit dir, ohne eine Antwort zu bekommen. Geht es dir wieder schlechter?«
»Nein. Ich war nur gerade in Gedanken. Was wolltest du wissen?«
»Gar nichts. Eigentlich wollte ich nur dein Wort haben, dass du so lange hierbleibst und dich erholst, bis ich wieder da bin. Vermutlich morgen Abend schon. Autumn und Shane werden sich um dich kümmern. Okay?«
Unbehaglich rutschte Morgan auf dem bequemen Sessel herum. »Ich weiß nicht. Ich möchte ihnen nicht zur Last fallen. Außerdem könnte ich sie durch meine Anwesenheit in Gefahr bringen.«
Zach schüttelte den Kopf. »Dickschädelig wie immer. Niemand weiß, dass du hier bist. Du hast überhaupt keine Bindungen zu diesem Ort. Es würde an ein Wunder grenzen, wenn jemals jemand herausfinden sollte, dass du dich hier aufgehalten hast.« Er blickte Morgan flehend an. »Bitte, Morgan, glaub mir, ich weiß, wovon ich rede. Außerdem kann ich mich nicht in Ruhe um diese Angelegenheit kümmern, wenn ich mir auch noch um dich Sorgen machen muss.«
Spiel, Satz und Sieg für Zach Murdock. Morgan versprach ihm, an Ort und Stelle zu bleiben, falls nicht etwas Unvorhergesehenes passierte. Zach kannte ihn gut genug, um sich mit dieser Vereinbarung zufriedenzugeben.
Kurz darauf kehrte Morgan in sein Gästezimmer zurück. Die lange Zeit auf den Beinen hatte ihn erschöpft, und er wusste, dass er sich jetzt wieder hinlegen musste, wenn er sich nicht überanstrengen wollte. Unter größten Verrenkungen und etlichen Flüchen zog er seine Kleidung aus und schlüpfte unter die angenehm kühlen Laken. Ein tiefer Seufzer entschlüpfte ihm, als seine verkrampften Muskeln sich entspannten und die Schmerzen langsam nachließen. Vielleicht hatte er sich heute doch etwas viel zugemutet. Aber er musste einfach so schnell wie möglich wieder auf die Beine kommen.
Er hatte sich bereits von Zach verabschiedet, der am nächsten Morgen in aller Frühe einen Flieger nach Washington nehmen würde. Hoffentlich konnte er seinem Freund irgendwann seine Hilfe und Großzügigkeit zurückzahlen, nicht mit Geld natürlich, sondern mit Taten. Immer vorausgesetzt, er lebte dann noch. Sein Galgenhumor brach sich Bahn. Wenn nicht, dann könnte er ja als hilfreicher Engel zur Erde zurückkehren … Noch im Halbschlaf erinnerte er sich daran, dass er eigentlich seinen Anrufbeantworter hatte abhören wollen, doch dann übermannte ihn der Schlaf.
Sam versuchte, sich den Rest des Tages auf ihre Arbeit zu konzentrieren, aber es gelang ihr nicht. Immer wieder fand sie sich in Gedanken in ihrem Büro wieder, zusammen mit einem Schatten, der sie bedrohte. Mehr als einmal zuckte sie zusammen, als jemand an der offenen Tür zu Cathys Arbeitszimmer vorbeiging oder ihre Freundin einen Stift auf die Tischplatte fallen ließ. Mit Erleichterung erkannte sie schließlich, dass es endlich spät genug war, um nach Hause gehen zu können.
Sie warf ihren Kugelschreiber auf den Tisch und stand auf. »Bist du auch so weit fertig?«
Cathy hob ihren Kopf und blickte Sam zerstreut an. »Hm?«
»Wollen wir nach Hause?«
»Oh. Eigentlich wollte ich …« Sie brach ab, als sie Sam genauer betrachtete. »Klar, ich packe
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