Eine Unheilvolle Liebe

darüber ein T-Shirt mit einem Bild des Planeten Pluto und der Aufschrift Was heißt denn hier Zwergplanet? Typisch, immer auf die Kleinen .
    »Ich habe dich nicht kommen sehen.« Liv stellte das Okular scharf und blickte ins Fernrohr. »Wieso bist du um diese Zeit unterwegs? Bist du verrückt?«
    »Das will ich gerade herausfinden.«
    »Dann kann ich dir ’ne Menge Zeit sparen. Die Antwort ist Ja.«
    »Ich mache keine Witze.«
    Sie musterte mich nachdenklich, dann nahm sie ihr rotes Notizbuch und fing an zu schreiben. »Ich höre dir zu. Ich muss nur ein paar Dinge notieren.«
    Neugierig spähte ich über ihre Schulter. »Was siehst du dir denn an?«
    »Den Himmel.« Sie sah wieder durchs Fernrohr, dann warf sie einen Blick auf ihr Selenometer und schrieb ein paar Ziffern in ihr Buch.
    »Das sehe ich.«
    »Hier.« Sie trat zur Seite und winkte mich näher. Ich presste das Auge ans Fernrohr. Der Himmel war von funkelnden Sternen übersät und vom Schimmern einer Galaxie erleuchtet, die nicht im Entferntesten an den Himmel über Gatlin erinnerte.
    »Was siehst du?«
    »Den Himmel. Sterne. Den Mond. Sieht phantastisch aus.«
    »Und jetzt?« Sie zog mich von dem Teleskop weg, und ich sah in den Himmel über mir, aber da waren nicht einmal halb so viele Sterne, wie ich in dem Fernrohr gesehen hatte.
    »Sie sind nicht so hell.« Ich schaute durch das Teleskop, und erneut erstrahlte ein blitzendes Sternenmeer, dann trat ich zurück und blickte wieder zum Himmel. Der wirkliche Himmel war dunkler, matter, wie ein leerer, einsamer Raum. »Merkwürdig. In deinem Teleskop sieht der Sternenhimmel völlig anders aus.«
    »Ja, weil nicht alle Sterne, die du siehst, auch wirklich am Himmel stehen.«
    »Was redest du da? Himmel ist Himmel.«
    Liv betrachtete den Mond. »Es sei denn, Himmel ist nicht gleich Himmel.«
    »Was soll das heißen?«
    »Das weiß niemand so genau. Es gibt Caster-Sternbilder und Sternbilder der Sterblichen und sie sind nicht miteinander identisch. Zumindest sehen sie für einen Menschen und für einen Caster nicht gleich aus. Wir beide sehen leider nur die Sterne der Sterblichen.« Sie lächelte und drehte an einem der Rädchen. »Angeblich können Caster wiederum unsere Sternbilder nicht sehen.«
    »Wie soll das möglich sein?«
    »Warum sollte es nicht möglich sein?«
    »Gibt es unseren Himmel wirklich? Oder sieht es nur so aus?« Ich kam mir vor wie eine Holzbiene, die gerade eben herausgefunden hat, dass man sie glauben machen will, der blaue Anstrich der Zimmerdecke sei der Himmel.
    »Wo ist da der Unterschied?« Liv deutete nach oben. »Siehst du dort? Der Große Wagen. Den kennst du doch, oder?«
    Ich nickte.
    »Und wenn du den beiden Sternen gegenüber der Deichsel nach oben folgst, dann siehst du einen hellen Stern, stimmt’s?«
    »Den Polarstern.« Jeder, der in Gatlin bei den Pfadfindern gewesen war, wusste das.
    »Genau. Polaris. Und jetzt schau auf den tiefsten Punkt des Vierecks. Siehst du dort etwas?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    Liv spähte durch das Teleskop, drehte erst an einem, dann an einem anderen Rad der Linse. »Und jetzt?« Sie trat einen Schritt zurück.
    Mit dem Fernrohr erkannte ich den Großen Bären sofort, allerdings war er sehr viel heller als sonst. »Ja, er sieht mehr oder weniger aus wie immer.«
    »Jetzt schau auf die Unterseite des Wagens. Was siehst du da?«
    Ich spähte durch das Fernrohr. »Nichts.«
    »Versuch’s noch mal«, sagte Liv ungeduldig.
    »Warum denn? Da ist nichts.«
    »Was soll das heißen?« Liv beugte sich vor und warf einen Blick durchs Objektiv. »Das kann nicht sein. Da ist ein siebenzackiger Stern, ein Septagramm, wie wir Sterblichen sagen.«
    Ein siebenzackiger Stern. Lena hatte so einen Stern an ihrer Halskette hängen.
    »Für Caster ist er sozusagen das Pendant zu unserem Polarstern. Dort wo er steht, ist Süden, nicht Norden, deshalb nennen sie ihn auch Südstern. Er hat für sie eine geheimnisvolle Bedeutung. Warte mal, ich suche ihn dir. Also los, spuck’s aus«, forderte sie mich auf, ohne den Blick vom Fernrohr zu nehmen. »Du bist doch nicht hergekommen, um dir einen Vortrag über siebenzackige Sterne anzuhören. Was gibt’s?«
    Es hatte keinen Sinn, es länger aufzuschieben. »Lena ist abgehauen, zusammen mit John und Ridley. Sie sind in einem der unterirdischen Tunnel.«
    Jetzt war Liv ganz Ohr. »Wie bitte? Woher weißt du das?«
    »Das ist schwierig zu erklären. Ich habe sie in einer Vision gesehen, die eigentlich keine