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Eine Unheilvolle Liebe

Eine Unheilvolle Liebe

Titel: Eine Unheilvolle Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kami Garcia
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irgendetwas zu tun. Dieses Boot sank, ob mit oder ohne mich.
    Ich ließ das Waschbecken los und übergab mich in die Toilette, dann wankte ich zurück in mein Zimmer. Mein Blick glitt über die Schuhschachteln, die an der Wand aufeinandergestapelt waren, Schachteln, die alles enthielten, was mir wichtig war, oder alles, was ich verstecken wollte. Ich blieb davor stehen und dachte nach. Ich wusste zwar, was ich suchte, aber ich wusste nicht, in welcher Schachtel es war.
    Eine Wasserfläche wie Glas. Wieso fiel mir ausgerechnet dieser Vergleich ein, wenn ich an den Traum dachte?
    Ich starrte auf die Schachteln und überlegte krampfhaft. Was eigentlich lächerlich war, denn eigentlich wusste ich genau, was in jeder einzelnen Schachtel war. Zumindest hatte ich es gestern noch gewusst. Aber jetzt sah ich nur die siebzig, achtzig Schachteln, die sich um mich herum auftürmten. Weiße Adidas, grüne New Balance … es fiel mir nicht mehr ein.
    Die zwölfte Schachtel, die ich öffnete, war die der schwarzen Chucks. Darin lag das geschnitzte Holzkästchen. Ich nahm die kostbare Kugel heraus. In dem Samtfutteral war ihr Abdruck zu sehen, dunkel und hart, als hätte sie tausend Jahre dort gelegen.
    Das Bogenlicht.
    Es war der wertvollste Besitz meiner Mutter gewesen und Marian hatte ihn mir geschenkt. Die Frage war: Weshalb gerade jetzt?
    In der matten Kugel spiegelte sich der Raum. Es schien, als erwachte sie zum Leben; sie fing an zu schimmern, farbig und geheimnisvoll, bis sie schließlich zartgrün leuchtete. In Gedanken sah ich Lena vor mir, und ich hörte ihre Worte: Ich tue jedem weh, der mich liebt .
    Das Leuchten erlosch, das Bogenlicht lag wieder schwarz und matt, kalt und tot in meiner Hand. Aber ich spürte Lenas Anwesenheit. Ich spürte, wo sie war; das Bogenlicht schien eine Art Kompass zu sein, der mich zu ihr führte. Vielleicht war doch etwas dran an dieser Sache mit dem Lotsen.
    Nein, das war Unsinn, denn wenn es einen Ort gab, an dem ich nicht sein wollte, dann war es da, wo Lena und John sich aufhielten.
    Aber wieso hatte ich die beiden dann so deutlich vor mir gesehen?
    Meine Gedanken überschlugen sich. Eine Weltenschranke ? Ein Ort, an dem es weder Licht noch Dunkel gab? Wo um alles in der Welt sollte das sein?
    An Schlaf war nicht mehr zu denken. Ich zog mir ein zerknittertes Atari-T-Shirt über. Mein nächster Schritt stand fest.
    Ob sie nun zusammen waren oder nicht, diese Sache war wichtiger als Lena und ich. Vielleicht so wichtig wie die Ordnung der Dinge oder so wichtig wie Galileis Entdeckung, dass die Erde sich um die Sonne drehte. Es spielte keine Rolle, ob mir der Sinn danach stand oder nicht. Es gab keine Zufälle. Es musste einen Grund geben, warum ich Lena und John und Ridley im Spiegel gesehen hatte.
    Ich hatte bloß keinen blassen Schimmer, welchen. Und deshalb musste ich mit Galilei reden.
    Als ich in die Nacht hinaustrat, begannen gerade Mr Mackeys hysterische Hähne zu krähen. Es war viertel vor fünf, die Sonne ging noch lange nicht auf, aber ich lief durch die Stadt, als ob es helllichter Nachmittag wäre. Ich lauschte dem Geräusch meiner Schritte, während ich über den aufgesprungenen Gehweg und den klebrigen Asphalt ging.
    Wohin waren die beiden unterwegs? Warum sah ich sie? Und wieso war es so bedeutsam?
    Ich hörte ein Geräusch und drehte mich um. Lucille. Sie legte den Kopf schief und setzte sich abwartend auf den Gehweg. Kopfschüttelnd ging ich weiter. Die verrückte Katze würde mir bestimmt wieder nachlaufen, aber das war mir egal. Wir beide waren vermutlich die Einzigen in der ganzen Stadt, die wach waren.
    Das war ein Irrtum. Gatlins Galilei war ebenfalls wach. Als ich in ihre Straße einbog, sah ich Licht in Marians Gästezimmer, und beim Näherkommen bemerkte ich, dass auf der vorderen Veranda noch ein zweites Licht flackerte.
    »Liv.« Mit einem Satz sprang ich die Stufen hinauf und im selben Moment hörte ich ein lautes Klappern.
    »Verdammt!« Ein großes Fernrohr schwang in meine Richtung und ich ging rasch in Deckung. Liv hielt geistesgegenwärtig das Objektiv fest, ihre zerzausten Zöpfe flogen durch die Luft. »Hast du mich erschreckt! Was schleichst du hier herum?« Sie drehte an einem Knopf und befestigte das Fernrohr auf dem großen Aluminiumstativ.
    »Ich weiß nicht, ob man das schleichen nennen kann, wenn jemand die Verandastufen hochspringt.« Ich gab mir Mühe, nicht auf ihren Schlafanzug zu starren. Sie trug eine Art Boxershorts für Mädchen und

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