Eine Unheilvolle Liebe
grinsend an einen Baum gelehnt. Sie wusste genau, dass wir den Bannspruch nicht kannten. Lucille hockte sich zu Ridleys Füßen und sah zu ihr hoch.
»Ich nehme an, du hast nicht vor, uns den Spruch zu verraten?«
»Woher sollte ich ihn kennen? So etwas braucht man ja nicht alle Tage.«
Liv breitete die Karte aus und strich sie vorsichtig glatt. »Wir sind auf dem richtigen Weg. Wenn wir weiterhin nach Süden gehen, wird uns der Weg früher oder später an die Küste führen.« Sie deutete geradeaus, wo der Wald immer dichter wurde.
»Ist das dein Ernst? Mitten durch das Dickicht?«, fragte Link zweifelnd.
»Keine Angst, Süßer. Ich nehme Hänsel, du nimmst Gretel.« Ridley zwinkerte Link zu, als hätte sie immer noch Macht über ihn. Was zwar stimmte, aber das hatte nichts damit zu tun, dass sie eine Sirene war.
»Ich kann sehr gut auf mich selbst aufpassen. Nimm dir lieber noch einen Kaugummi«, brummte Link und ließ sie stehen.
Vielleicht war Ridley so etwas wie die Windpocken – man konnte sich nur einmal anstecken.
»Wie lange brauchst du denn noch zum Pinkeln?« Ungeduldig schleuderte Ridley einen Stein ins Gebüsch.
»Ich hab dich genau gehört«, drang Links Stimme hinter den Büschen hervor.
»Gut zu wissen, dass wenigstens ein paar deiner Körperfunktionen intakt sind.«
Liv sah mich an und verdrehte die Augen. Je länger wir unterwegs waren, desto heftiger gerieten sich Link und Ridley in die Haare.
»Bei dir geht es auch nicht schneller.«
»Soll ich kommen und dir helfen?«
»Da hast doch bloß eine große Klappe, Rid«, rief Link aus den Büschen.
Ridley tat so, als wollte sie aufstehen und hinters Gebüsch gehen, sehr zu Livs Entsetzen. Rid grinste zufrieden und setzte sich wieder.
Ich betrachtete die Kugel in meiner Hand, deren Farbe sich von Schwarz in ein irisierendes Grün verwandelt hatte. Aber es nützte uns nichts, wenn die Farbe ständig wechselte. Vielleicht hatte Link ja recht und ich hatte das Bogenlicht kaputt gemacht.
Ridley war irritiert, vielleicht auch interessiert, genau konnte man das bei ihr nicht sagen. »Was ist mit dem Licht?«
»Es ist wie ein Kompass. Es leuchtet auf, wenn wir auf dem richtigen Weg sind.« Wenigstens hatte es das bisher getan.
»Hmm, das wusste ich gar nicht«, sagte Ridley und gab sich wieder gelangweilt.
»Ich bin sicher, es gibt vieles, was du nicht weißt.« Liv lächelte unschuldig.
»Vorsicht, sonst überrede ich dich zu einer kleinen Abkühlung im Fluss.«
Ich konzentrierte mich wieder auf das Bogenlicht. Etwas hatte sich verändert. Die Lichtblitze waren so hell und folgten so schnell aufeinander wie in der Nacht auf dem Bonaventura-Friedhof. Ich machte Liv darauf aufmerksam. »Schau dir das an, L.«
Ridleys Kopf fuhr zu mir herum und ich erstarrte.
Ich hatte Liv »L« genannt.
In meinem Leben gab es nur eine L. Liv schien es nicht aufgefallen zu sein, aber Ridley hatte es bemerkt. Ihre Augen sprühten zornig, während sie heftig an ihrem Lolli lutschte. Sie nagelte mich mit ihrem Blick fest, und ich spürte, wie ich willenlos wurde. Ich ließ das Bogenlicht fallen, es rollte über den moosbewachsenen Waldboden.
Liv kauerte sich auf die Fersen und beugte sich über die Kugel. »Merkwürdig. Was glaubst du, warum es wieder grün leuchtet? Heißt das womöglich, dass wir Amma, Arelia und Twyla noch mal begegnen?«
»Vielleicht ist es eine Bombe.« Ich konnte Link hören, aber ich selbst brachte kein Wort heraus.
Hilflos sackte ich zu Boden, Ridley vor die Füße. Es war schon eine Weile her, seit sie ihre Sirenen-Kräfte an mir ausprobiert hatte. Bevor ich mit dem Gesicht in den Staub fiel, schoss mir ein Gedanke durch den Kopf. Entweder war Link tatsächlich gegen sie gefeit oder sie hielt sich bei ihm zurück. Wenn das stimmte, war es eine völlig neue Seite an ihr.
»Wenn du Lena wehtust … wenn du auch nur daran denken solltest, ihr wehzutun, dann wirst du den Rest deines erbärmlichen Lebens mein Sklave sein und das tun, was ich will. Kapiert, Streichholz?«
Gegen meinen Willen hob ich den Kopf und drehte ihn zur Seite, so als wollte ich mir selbst das Genick brechen. Irgendetwas zwang mich, meine Augen aufzureißen. Ich starrte direkt in Ridleys blitzende gelbe Augen. Sie flackerten so hell, dass mir schwindlig wurde.
»Schluss jetzt!«, hörte ich Liv rufen, als ich ein weiteres Mal heftig auf dem Boden aufschlug. »Um Himmels willen, Ridley, hör auf damit.«
Liv und Ridley standen sich gegenüber. Liv hatte die
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