Eine Unheilvolle Liebe
aber sie drehte sich weg. »Genaueres kann ich nicht sagen. Der Prozess ist noch nicht abgeschlossen.« Er lächelte. »Ich komme mir vor wie in meiner Teenagerzeit. Wer hat schon die Möglichkeit, das zweimal zu erleben.«
»Aber deine Augen sind grün.«
Macon wiegte nachdenklich den Kopf und spreizte die Finger. »Das ist wahr, mein Leben als Blut-Inkubus ist vorüber, aber die Verwandlung ist noch nicht vollendet. Und obwohl ich die Augen eines Lichten Casters habe, spüre ich das Dunkle noch in mir. Es ist noch nicht gänzlich ausgetrieben.«
»Im Gegensatz zu dir verwandle ich mich nicht. Ich bin ein Nichts, eine Sterbliche .« Das letzte Wort sprach Ridley aus wie einen Fluch und die Trauer in ihrer Stimme war unüberhörbar. »Ich habe keinen Platz mehr in der Ordnung der Dinge.«
»Du bist am Leben, ist das etwa nichts?«
»Ich kenne mich selbst nicht mehr. Meine Kräfte sind versiegt.«
Macon dachte nach, er musste sich erst einmal über Ridleys augenblicklichen Zustand klar werden. »Vielleicht bist du gerade in einer Verwandlung ganz eigener Art begriffen. Vorausgesetzt es handelt sich dabei nicht um einen der mehr oder weniger kunstfertigen Tricks meiner Schwester.«
In Ridleys Miene trat ein Hoffnungsschimmer. »Soll das heißen, meine Kräfte kommen vielleicht wieder zurück?«
Macon betrachtete ihre blauen Augen. »Ich fürchte, Sarafine ist viel zu grausam, um dir das zu gewähren. Ich meinte vielmehr, dass du womöglich noch nicht ganz sterblich bist. Das Dunkle verlässt uns nicht so leicht, wie wir es gerne hätten.« Macon drückte sie fest an sich und Ridley vergrub ihr Gesicht in seiner Jacke wie eine Trost suchende Zwölfjährige. »Es ist nicht einfach, Licht zu sein, wenn man Dunkel gewesen ist. Das kann man von niemandem verlangen.«
Ich versuchte, den Sturm von Fragen, der in meinem Kopf toste, zurückzudrängen, und entschied mich für das Naheliegendste. »Wie?«
Macon wandte sich mir zu, seine grünen Augen strahlten mich in ihrem neuen Glanz an. »Könnten Sie sich etwas genauer ausdrücken, Mr Wate? Worauf bezieht sich dieses Wie? Darauf dass ich nicht in siebenundzwanzigtausend Aschepartikeln in meiner Urne in der Familiengruft der Ravenwoods ruhe? Dass ich nicht neben einem Zitronenbaum unter dem ehrwürdigen Rasen des Gartens des Immerwährenden Friedens verrotte? Dass ich in der kleinen Kristallkugel gefangen war, die Sie in Ihrer schmutzigen Hosentasche herumgetragen haben?«
»Zwei«, antwortete ich geistesabwesend.
»Wie bitte?«
»Zwei Zitronenbäume stehen auf Ihrem Grab.«
»Oh, wie großzügig. Einer hätte gereicht.« Macon lächelte müde – ein bemerkenswerter Zug angesichts der Tatsache, dass er vier Monate in einem übernatürlichen Gefängnis verbracht hatte, das nicht größer als ein Ei war. »Oder wundern Sie sich vielleicht darüber, weshalb ich gestorben bin und Sie noch leben? Ich sagen Ihnen, was das Wie betrifft, so ist dies eine Geschichte, über die sich Ihre Nachbarn in der Cotton Bend ihr ganzes Leben lang das Maul zerreißen würden.«
»Aber Sie sind nicht gestorben, Sir.«
»In der Tat, Mr Wate. Ich bin höchst lebendig, bin es immer gewesen. In gewissem Sinne zumindest.«
Liv kam zögernd näher. Obwohl sie jetzt wahrscheinlich nie mehr eine Hüterin werden würde, suchte sie noch immer nach Antworten. »Darf ich Sie etwas fragen, Mr Ravenwood?«
Macon wandte ihr das Gesicht zu. »Und wer sind Sie, meine Liebe, wenn ich fragen darf? Ich glaube, es war Ihre Stimme, die mich rief.«
Liv errötete. »Das war sie. Ich heiße Olivia Durand, und ich war bei Professor Ashcroft in der Ausbildung, bevor …« Ihr versagte die Stimme.
»Bevor Sie das Ob Lucem Libertas gesprochen haben.«
Liv nickte beschämt. Macon warf ihr einen schmerzlichen Blick zu, dann lächelte er. »Sie haben ein großes Opfer gebracht, um mich zu retten, Miss Olivia Durand. Ich stehe in Ihrer Schuld und werde mich erkenntlich zeigen. Deshalb ist es mir eine Ehre, Ihre Frage zu beantworten. Das ist das Mindeste, was ich tun kann.« Auch nach so vielen Monaten in Gefangenschaft war Macon ein Gentleman durch und durch.
»Ich weiß natürlich, wie Sie aus dem Bogenlicht befreit wurden, aber wie sind Sie hineingekommen? Ein Inkubus kann sich nicht selbst einsperren, besonders dann nicht, wenn er allem Anschein nach tot ist.«
Liv hatte recht. Macon konnte sich nicht selbst eingesperrt haben. Irgendjemand hatte ihm geholfen, und seit die Kugel ihn freigegeben hatte,
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