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Eine Unheilvolle Liebe

Eine Unheilvolle Liebe

Titel: Eine Unheilvolle Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kami Garcia
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aquamarinblauen, die andere in einem rosafarbenen Kleid, in dem sie wie ältliche Backfische aus den Achtzigern aussahen. Zum Glück nahm Mrs Lincoln nicht an dem Wettbewerb teil, sie stand in einem einfachen Sonntagskleid neben Mrs Asher und präsentierte ihren berühmten Schachbrettkuchen. Bei ihrem Anblick musste ich jedes Mal an den Irrsinn denken, der sich an Lenas Geburtstag abgespielt hatte. Es passiert nicht allzu oft, dass die Mutter deiner Freundin sich wie ein Alien in der Mutter deines besten Freundes einnistet. Als ich Mrs Lincoln jetzt vor mir sah, war mir sofort wieder jener Moment vor Augen, als sich Sarafine wie eine Schlange, die ihre Haut abstreift, aus ihr herausschälte. Bei dem Gedanken lief es mir kalt über den Rücken.
    Link versetzte mir einen Knuff. »Hey, Mann, schau dir Savannah an. Sie hat eine Krone auf dem Kopf und so einen Prinzessinnenfummel an. Die weiß genau, wie man’s macht.«
    Savannah, Emily und Eden saßen in der ersten Reihe, zusammen mit den übrigen Teilnehmerinnen des Pfirsichwettbewerbs, und schwitzten in ihren kitschigen Pfirsichkleidern vor sich hin. Savannah hatte meterweise glitzernden Stoff um sich herum drapiert, das Strasskrönchen saß perfekt auf ihrem Haar, aber die Schleppe ihres Kleids verhedderte sich andauernd in dem billigen Klappstuhl, auf dem sie saß. Little Miss, das Modegeschäft am Ort, hatte es sicher eigens aus Orlando besorgen müssen.
    Liv stellte sich neben mich und bestaunte Savannah Snow, deren Anblick vermutlich einen Kulturschock bei ihr auslöste. »Ist sie jetzt die Southern-Crusty-Königin?« Livs Augen funkelten, und ich versuchte, mir vorzustellen, wie bizarr das alles auf Fremde wirken musste.
    »So ungefähr«, sagte ich und zog eine Grimasse.
    »Ich hatte ja keine Ahnung, wie wichtig das Backen für Amerikaner ist. Anthropologisch gesehen, meine ich.«
    »Ich weiß nicht, wie es anderswo ist, aber hier im Süden ist das Backen für die Frauen eine todernste Angelegenheit. Und das hier ist der größte Backwettbewerb in Gatlin County.«
    »Ethan, hierher!« Tante Mercy winkte mir mit einem Taschentuch zu; mit der anderen Hand umklammerte sie ihren berühmt-berüchtigten Kokoskuchen. Sie befand sich in Begleitung von Thelma, die energisch Tante Mercys Rollstuhl schob und damit sämtliche Leute aus dem Weg scheuchte. Jedes Jahr nahm Tante Mercy am Backwettbewerb teil, und jedes Jahr bekam ihr Kokoskuchen eine lobende Erwähnung, obwohl sie das Rezept schon vor zwanzig Jahren vergessen hatte und keiner der Juroren den Mut aufbrachte, ein Stück davon zu probieren. Tante Grace und Tante Prue hatten sich untergehakt und zogen Tante Prues Yorkshireterrier Harlon James hinter sich her.
    »Na so was, dass du auch hier bist, Ethan. Willst wohl miterleben, wie Mercy ihre Siegerschleife gewinnt?«
    »Natürlich will er das, Grace. Was sollte er in einem Zelt voller alter Frauen sonst tun?«
    Ich wollte ihnen Liv vorstellen, doch sie ließen mich nicht zu Wort kommen und redeten unentwegt durcheinander. Aber wie immer siegte letztlich doch Tante Prues Neugier. »Wer ist das, Ethan? Deine neue Freundin?«
    Tante Mercy schob ihre Brille zurecht. »Was ist mit der anderen passiert? Die junge Duchannes, die mit den dunklen Haaren?«
    Tante Prue musterte Liv argwöhnisch. »Mercy, das geht uns doch niemals nichts an. Bedräng den Jungen nicht so. Vielleicht hat sie ihn ja sitzen lassen.«
    »Warum hätte sie das tun sollen? Ethan, du hast doch dem Mädchen nicht etwa gesagt, dass es sich ausziehen soll, oder?«
    Tante Prue schnappte nach Luft. »Mercy Lynne! Der Herr im Himmel wird uns noch strafen, weil du so ein loses Mundwerk hast …«
    Liv blickte verständnislos von einer Schwester zur anderen. Sie war es nicht gewohnt, dem Gezänk dreier Hundertjähriger zu folgen, die sich mit schwerem Südstaaten-Akzent und ohne jede Rücksicht auf Grammatik unterhielten.
    »Von Sitzenlassen kann keine Rede sein«, log ich, obwohl sie die Wahrheit beim nächsten Kirchgang herausfinden würden, wenn sie nur ihre Hörgeräte laut genug stellten. »Das ist Liv, Marians Praktikantin für diesen Sommer. Wir arbeiten zusammen in der Bibliothek. Liv, das sind meine Urgroßtanten Grace, Mercy und Prudence.«
    »Sag das nicht so, das klingt, als wären wir uralt«, nörgelte Tante Prue und streckte sich.
    »Jetzt weiß ich’s wieder. Sie hieß Lena! Es lag mir auf der Zunge.« Tante Mercy schenkte Liv ein freundliches Lächeln.
    Liv lächelte zurück. »Natürlich.

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