Eine Unheilvolle Liebe
sondern von seinem Motorrad. Ich habe mich mit Ridley getroffen und er war zufällig da.«
Mir fiel auf, dass sie nicht auf meine Frage eingegangen war.
»Seit wann gibst du dich wieder mit Ridley ab? Hast du schon vergessen, dass sie uns reingelegt hat, damit deine Mutter sich an dich ranmachen konnte, um dich auf die Dunkle Seite zu ziehen? Ganz zu schweigen davon, dass sie meinen Vater beinahe umgebracht hätte.«
Lena nahm ihre Hand von meiner Brust, und ich spürte, wie sie sich wieder an einen Ort zurückzog, an dem ich sie nicht erreichen konnte. »Ridley hat mir prophezeit, dass du es nicht verstehen würdest. Du bist ein Sterblicher. Du weißt gar nichts über mich, nicht wie ich wirklich bin. Deshalb habe ich dir auch nichts gesagt.« Ein Wind kam auf, und erste Gewitterwolken zogen heran, beides unmissverständliche Warnzeichen.
»Woher weißt du, dass ich dich nicht verstehe? Du erzählst mir ja nichts. Warum gibst du mir nicht eine Chance, anstatt hinter meinem Rücken mit irgendwelchen …«
»Was willst du von mir hören? Dass ich keine Ahnung habe, was mit mir los ist? Dass sich etwas verändert und ich es nicht verstehe? Dass ich das Gefühl habe, durchzudrehen, und Ridley die Einzige ist, die mir helfen kann, damit klarzukommen?«
Sie hatte recht, ich hörte ihre Worte zwar, aber was sie sagte, wollte mir trotzdem nicht in den Kopf. »Das glaubst du doch selbst nicht. Meinst du wirklich, Ridley will dir helfen und du könntest ihr vertrauen? Sie ist eine Dunkle, L. Schau dich doch an. Du bist nicht mehr du selbst und das ist wahrscheinlich Ridleys Werk.«
Ich wartete auf den Regenguss, aber stattdessen verzogen sich die Wolken. Lena kam näher und legte mir wieder ihre Hände auf die Brust. »Ethan«, sagte sie fast flehentlich. »Ridley hat sich geändert. Sie will nicht Dunkel sein. Als sie berufen wurde, hat das ihr Leben zerstört. Sie hat alle verloren, auch sich selbst. Ridley sagt, wenn man Dunkel wird, dann ändern sich die Gefühle, die man für andere empfindet. Man erinnert sich noch daran, aber sie sind weit weg, so als wären es die Gefühle anderer.«
»Aber du hast auch gesagt, dass sie keine Kontrolle über sich hat.«
»Ich habe mich getäuscht. Denk an Onkel Macon. Er hat immer die Kontrolle behalten und Ridley lernt es jetzt auch.«
»Ridley ist nicht Macon.«
Ein Wetterleuchten zuckte über den Himmel. »Du kapierst gar nichts.«
»Das stimmt. Ich bin nur ein dummer Sterblicher. Ich weiß nichts von eurer supergeheimen Caster-Welt und deiner Tussi-Cousine und diesem Typen auf seiner Harley.«
Lena platzte der Kragen. »Wir beide waren wie Schwestern, so ein Band zerreißt man nicht einfach. Außerdem brauche ich sie und sie braucht mich.«
Ich schwieg. Lena war so frustriert, dass es mich nicht gewundert hätte, wenn das Riesenrad aus seiner Verankerung gesprungen und davongerollt wäre. Aus dem Augenwinkel sah ich die Lichter eines Karussells, das sich schwindelerregend schnell drehte. Als ich mich jetzt in Lenas Blick verlor, wurde mir genauso schwummrig, als säße ich in einer der Gondeln. Manchmal ist das so mit der Liebe, man schließt Waffenstillstand in einem Moment, in dem man ihn nie erwartet hätte.
Lena verschränkte die Hände hinter meinem Hals und zog mich zu sich. Ich fand ihre Lippen, und wir klammerten uns aneinander, als fürchteten wir, uns niemals wieder berühren zu können. Als sie diesmal meine Unterlippe liebkoste und mich zärtlich biss, floss kein Blut, da war nichts außer Leidenschaft. Ich drückte sie an die rohe Holzwand hinter dem Kassenhäuschen. Lenas Atem ging stoßweise und kam mir lauter vor als mein eigener. Ich zerwühlte ihr Haar, suchte mit den Lippen ihren Mund. Doch dann überwältigte mich wieder dieses Gefühl der Enge und ich bekam keine Luft mehr. In meinen Adern raste das Feuer.
Lena merkte es sofort und riss sich von mir los. Ich beugte mich vor und rang nach Atem.
»Alles in Ordnung?«
Ich holte tief Luft und richtete mich wieder auf. »Ja, für einen Sterblichen geht’s mir gut.«
Diesmal war ihr Lächeln echt, als sie meine Hand ergriff. Sie hatte verrückte Muster mit Filzstift auf ihre Handfläche gemalt. Die schwarzen Wellenlinien und Spiralen wanden sich um das Gelenk den Arm hinauf. Das Muster sah aus wie die Henna-Bemalung der Wahrsagerin in dem Jahrmarktszelt, in dem es so scheußlich nach Räucherstäbchen roch.
»Was ist das?« Ich hielt Lena am Handgelenk fest, doch sie machte sich los. Ich dachte
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