Eine Unheilvolle Liebe
Lenas und Macons Bestimmung. Weil du auf immer an einen der beiden gebunden bist und das Schicksal mit ihm teilst. Ich weiß nur noch nicht, an wen.«
Ich musste an das Gesicht in der Säule denken, an das Lachen, an das Déjà-vu-Gefühl, das mich hier in Macons Zimmer überkommen hatte. War es das Werk meiner Mutter? Seit Monaten wartete ich auf ein Zeichen von ihr, seit jenem Nachmittag zu Hause im Arbeitszimmer, als Lena und ich die Botschaft in den Büchern entdeckt hatten.
Wollte sie mir jetzt endlich etwas mitteilen? Oder bildete ich mir das nur ein?
»Angenommen, ich bin so ein Lotse – womit ich nicht behaupte, dass ich euch auch nur ein Wort von all dem glaube –, dann werde ich Lena auch finden, richtig? Ich muss mich um sie kümmern, weil ich ihr Kompass oder was auch immer bin.«
»Da sind wir uns nicht sicher. Dein Schicksal ist untrennbar mit dem eines anderen verbunden, aber wir wissen nicht, mit wem.«
Ich sprang auf, stieß den Stuhl beiseite und ging zum Bücherregal. Ganz vorne lag Macons Buch. »Ich wette, es gibt jemanden, der es weiß.« Ich griff nach dem Buch.
»Nein, Ethan!«, rief Marian. Kaum hatte ich das Buch mit den Fingerspitzen berührt, schien sich der Boden unter mir aufzutun.
Im letzten Moment fasste mich jemand an der Hand. »Nimm mich mit, Ethan.«
»Liv, nein …«
Ein Mädchen mit langem braunen Haar klammerte sich verzweifelt an einen groß gewachsenen Jungen und drückte ihr Gesicht an seine Brust. Sie standen unter den knorrigen Ästen einer riesigen Eiche, die sie vor den Blicken anderer verbarg. Es gab ihnen das Gefühl, ganz allein zu sein, obwohl sie sich nicht weit entfernt von den efeuüberwachsenen Bauten der Duke University befanden.
Er nahm ihr tränenüberströmtes Gesicht sanft in beide Hände. »Glaubst du, für mich ist es einfach? Ich liebe dich, Jane, und ich werde niemals wieder jemanden so lieben wie dich. Aber uns bleibt keine Wahl. Du hast gewusst, dass der Augenblick kommen würde, an dem wir uns trennen müssen.«
Jane schob das Kinn vor und sagte entschlossen: »Es gibt immer einen Ausweg, Macon.«
»Nicht in einer Lage wie dieser. Und es gibt keinen Ausweg, der für dich gefahrlos wäre.«
»Aber deine Mutter sagte, dass es vielleicht doch eine Möglichkeit gäbe. Was ist mit der Prophezeiung?«
Macon schlug enttäuscht mit der Faust gegen den Baum. »Verdammt, Jane, das sind Ammenmärchen. Es gibt keinen Ausweg, der nicht mit deinem Tod enden würde.«
»Dann können wir eben nicht körperlich zusammenkommen – das macht mir nichts aus. Wir können trotzdem beisammen sein. Und das allein zählt.«
Macon riss sich von ihr los, in seinem Gesicht spiegelte sich seine ganze Qual wider. »Wenn ich auf die andere Seite wechsle, werde ich gefährlich sein. Dann bin ich ein Blut-Inkubus. Mein Vater sagt, ich werde so sein wie er und wie schon sein Vater war. Ich werde nach Blut lechzen wie alle Männer in meiner Familie seit meinem Urururgroßvater Abraham.«
»Dein Urahn Abraham, der es für die größte Sünde hielt, sich in eine Sterbliche zu verlieben und damit Schande über die Ahnenreihe zu bringen? Und auch deinem Vater kannst du nicht vertrauen. Er ist der gleichen Ansicht. Er möchte uns auseinanderbringen, damit du nach Gatlin, in diese gottverdammte Stadt, zurückkehrst und wie dein Bruder im Untergrund haust. Wie ein Ungeheuer.«
»Es ist zu spät. Ich fühle schon, wie ich mich verwandle. Die ganze Nacht hindurch wache ich und lausche hungernd den Gedanken der Sterblichen. Bald werde ich nach mehr als nur ihren Gedanken hungern. Schon kommt es mir vor, als könnte ich nicht mehr zurückhalten, was in mir lauert. Als wollte das Untier ausbrechen.«
Jane wandte sich ab, ihre Augen füllten sich mit Tränen. Aber Macon ließ es nicht zu, dass sie sich diesmal über ihn hinwegsetzte. Er liebte sie. Und weil er sie liebte, musste er ihr begreiflich machen, warum sie nicht zusammenbleiben durften. »Während ich hier stehe, fängt das Licht bereits an, sich durch meine Haut zu fressen. Ich spüre die Hitze der Sonne mit aller Macht. Die Verwandlung hat bereits eingesetzt und danach wird alles nur noch schlimmer.«
Jane vergrub schluchzend ihr Gesicht in den Händen. »Du sagst das nur, um mir Angst zu machen, du willst gar keinen Ausweg suchen.«
Macon packte sie an den Schultern und zwang sie, ihm in die Augen zu sehen. »Du hast recht. Ich will dir Angst machen. Weißt du, was mein Bruder seiner sterblichen Freundin angetan
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