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Eine Unheilvolle Liebe

Eine Unheilvolle Liebe

Titel: Eine Unheilvolle Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kami Garcia
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einem Ort oder man ist es eben nicht.« Aber schon in dem Moment, als ich es sagte, wusste ich, dass das nicht stimmte. Ich war seit Monaten an einem Nicht-Ort und Lena ebenfalls.
    Liv sah mich an. »Ich glaube, es bedeutet Exil oder so ähnlich.«
    Seventeen knows just exile …
    »Ja«, sagte ich. »Genau das heißt es.«
    Livs Blick sprach Bände. »Das kannst du doch gar nicht wissen. Oder sprichst du etwa Niadisch?« Ihre Augen leuchteten triumphierend, so als hätte ich gerade einen weiteren Beweis für ihre Theorie geliefert, dass ich ein Lotse war.
    »Ich habe es in einem Lied gehört.«
    Ich streckte die Hand aus und wollte das Tor aufstoßen, aber Liv hielt mich am Arm fest. »Ethan, das ist kein Spiel! Es geht hier nicht um einen Backwettbewerb auf dem Volksfest. Du bist nicht mehr in Gatlin. Hier unten lauern Gefahren, hier gibt es Kreaturen, die tödlicher sind als Ridley und ihre Lollis.«
    Sie wollte mir Angst einjagen, aber es gelang ihr nicht. Seit der Nacht von Lenas Geburtstag wusste ich mehr über die Gefahren der Caster-Welt als jede Bibliothekarin, Hüterin hin oder her. Ich konnte es Liv nicht einmal verübeln, dass sie Angst hatte. Man musste schon ziemlich dumm sein, um keine zu haben – so wie ich.
    »Du hast recht. Das hier ist etwas anderes. Und ich kann gut verstehen, wenn ihr nicht mitkommen wollt. Ich muss aber da rein. Irgendwo dort drin ist Lena.«
    Link stieß das Tor auf und ging hinein, als wäre es die Jungsumkleide der Jackson High. »Was soll’s. Mit gefährlichen Geschöpfen kenn ich mich aus.«
    Achselzuckend folgte ich ihm. Liv umklammerte den Riemen ihres Rucksacks fester, vermutlich um ihn, falls nötig, jemandem an den Kopf zu werfen. Zögernd machte sie einen Schritt nach vorn und sofort schloss sich das Tor hinter ihr.
    Drinnen war es sogar noch finsterer als auf der Straße. Enorme Kristalllüster, die zwischen den blanken Rohren an der Decke ziemlich deplatziert wirkten, spendeten nur schummriges Licht. Abgesehen von den altmodischen Kronleuchtern war alles im Industrial-Rave-Look: ein riesiger freier Raum, der von runden, mit dunkelrotem Samt ausgekleideten Nischen gesäumt war. Einige besaßen dicke Vorhänge, die an Deckenschienen befestigt waren, um sie von den anderen Nischen abzutrennen. In einer Ecke befand sich eine Bar und dahinter war eine massive, runde Metalltür mit einem Griff .
    Link hatte das Ding auch entdeckt. »Ist es das, wofür ich es halte?«
    Ich nickte. »Ein Tresorraum.«
    Die schmuckvollen Leuchter, die Bar, die eher wie ein Kundentresen aussah, die hohen Fenster, die kreuz und quer mit schwarzem Klebeband abgedichtet waren – denkbar wäre es, dass hier früher einmal eine Bank gewesen war. Falls Caster überhaupt so etwas wie Banken hatten. Ich fragte mich, was hinter der dicken Metalltür aufbewahrt worden war. Nein, vielleicht wollte ich die Antwort lieber doch nicht wissen.
    Am seltsamsten waren allerdings die Leute – oder wie auch immer man die Anwesenden nennen wollte. Ihr Anblick erinnerte mich an Macons bizarre Party auf Ravenwood. Sie tauchten wie aus dem Nichts auf, nur um sich scheinbar wieder in Luft aufzulösen. Es war so, als würden sich mehrere Zeitebenen überlagern. Vornehm im Stil des 19. Jahrhunderts gekleidete Gentlemen, die aussahen wie Mark Twain, mit steifen weißen Krägen und gestreiften Seidenkrawatten, standen einträchtig neben Gothics und Punks in Lederkluft. Sie alle tranken, tanzten oder unterhielten sich.
    »Mann, jetzt sag nur noch, dass diese durchsichtigen Typen da Gespenster sind.« Link wich vor einer schattenhaften Gestalt zurück und hätte um ein Haar eine andere umgerannt. Ich verzichtete darauf, ihm zu sagen, dass sie genau das waren. Ähnlich wie Genevieve damals auf dem Friedhof hatten sie nur zum Teil Gestalt angenommen. Bloß dass sich hier nicht nur eines, sondern Dutzende dieser seltsamen Wesen tummelten. Sie schwebten nicht hoch durch die Lüfte wie Gespenster in Trickfilmen, sondern gingen und tanzten wie ganz normale Menschen – nur dass sie dabei den Boden nicht berührten. Einer blickte zu uns herüber, nahm ein leeres Glas vom Tisch und erhob es in unsere Richtung.
    Link versetzte Liv einen Knuff. »Bilde ich mir das ein oder hat uns der Geist da gerade zugeprostet?«
    Liv stellte sich zwischen uns, ihre Haarspitzen streiften meinen Hals. Sie sprach ganz leise. »Genau genommen sind das keine Geister. Es sind Schemen – Seelen, die noch nicht in die Anderwelt gelangen

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