Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Urwaldgöttin darf nicht weinen

Eine Urwaldgöttin darf nicht weinen

Titel: Eine Urwaldgöttin darf nicht weinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Er legt einen Waldbrand und wartet ab, bis diese Nester auf den Bäumen als Asche herunterfallen. Nur muß er auf etwas warten: auf die richtige Windrichtung. Und da soll jetzt der Medizinmann helfen. Eine undankbare Aufgabe für den alten Knaben. Er scheint's zu wissen und sitzt jetzt da, als habe er in die Hose geschissen. Schafft er das mit dem Wind nicht, wird man seine Eignung als Verbindungsmann zu den Göttern überprüfen.«
    »Und Gloria! Zum Teufel, an Gloria denkt keiner, was?!« Peters wollte aufspringen, aber Serra hielt ihn mit aller Kraft fest. »Wenn das Dorf verbrennt, kommt doch auch Gloria in den Flammen um.«
    »Sagen Sie! Für alle Yincas sieht das anders aus. Eine Göttin ist unsterblich!«
    »Himmel noch mal, dann klären Sie diesen Irrtum doch auf.«
    »Ich werde mich hüten. Sollen wir als Köpfe Nummer zwanzig und einundzwanzig dort an der Schnur neben der Tür hängen?«
    »Soll Gloria elend verbrennen?« schrie Peters zurück.
    Xinxaré starrte sie an. Er verstand nicht, was die weißen Männer sprachen, aber nach der Lautstärke mußte es wichtig sein.
    »Wenn Wind, dann Krieg!« sagte er ebenso laut.
    »Und wie! Hunderte von Kilometern Wald werden brennen, die Regierungsflugzeuge werden die Gebiete überfliegen, und wenn dann alles vernichtet ist, werden sie mit Hubschraubern landen und wieder einen unbekannten Teil dieser Welt mehr erobert haben.«
    »Und Ihre Diamanten sind weg, Antonio«, sagte Peters giftig. Ihm fiel das plötzlich ein. Serra nickte.
    »Daran brauchen Sie mich nicht zu erinnern, Sie Sadist. Warum – glauben Sie – sitze ich hier im Venedig des Urwaldes und höre mir die strategischen Pläne Xinxarés an? Um gleich einen Gegenzug auszuknobeln! Sind Sie wirklich so blöd, anzunehmen, ich hätte ein Interesse daran, meine heimliche Goldgrube verbrennen zu lassen? Es bleibt nämlich nicht bei dem Windchen, das gegen die Ximbús weht, wenn die Natur mitspielt. Das kann sich schnell ändern, Sie wissen es ja von Ihren Wasserbauberechnungen her. Dann kommt das Feuer zu den Yincas zurück, und die ganzen schwimmenden Inseln nützen ihnen nichts mehr. Gut, sie überleben auf dem Fluß, aber ihr Lebensraum ist verbrannt. Keine Tiere, keine Pflanzen mehr. Das muß man Xinxaré sagen. Ob er's begreift, warten wir es ab. Männer, die Angriffskriege planen, sind wie Rauschgiftsüchtige. Und jetzt halten Sie mal den Mund, Hellmut. Wir lassen Ihre Gloria schon nicht zum Kuchen backen.«
    Xinxaré hatte mit seinen Unterhäuptlingen und dem sehr verschlossenen Medizinmann geredet. Er verlangte einen Wind nach Nordosten, genau dorthin, wo die Ximbús hausten. Für Xinxaré war das kein Problem: Wozu hatte man seinen Wundermann, der im direkten Kontakt mit den Göttern stand?
    Noch in dieser Nacht befragte man den Windgott. Man schlachtete ein Huhn, verspritzte das Blut in alle Richtungen und wartete dann gespannt, was der völlig in sich versunkene Medizinmann von den Göttern gehört hatte. Es dauerte lange, bis er sich regte. Auf allen schwimmenden Inseln standen die Männer neben den Feuern und blickten hinüber zum Häuptlingshaus. Als sich aus dem Feuer ein dunkler, beißender Qualm erhob, zog ein ehrfürchtiges Murmeln über den Fluß.
    »Der Bursche beherrscht einige gute Tricks«, flüsterte Serra Peters ins Ohr. »Haben Sie gesehen, wie er das Pulver in die Flammen streute? Natürlich nicht, denn der Kerl hat die Fingerfertigkeit eines Zauberkünstlers im Varieté. Jetzt qualmt und stinkt es schön, ein Beweis, daß die Götter gesprochen haben.«
    »Eine üble Masche.«
    »Machen wir es anders? Denken Sie nur an unsere Weihrauchkessel! Irgendwie sind alle Menschen gleich dämlich.«
    Der Medizinmann begann mit eintöniger Stimme zu reden. Serra gab sich alle Mühe, ihn mit dem wenigen Yinca, das er konnte, zu verstehen, aber er schüttelte nachher nur den Kopf und lehnte sich resignierend zurück.
    »Soviel ich höre, kündet er den Wind an, wenn der Mond eine halbe Scheibe hat.«
    »Jetzt haben wir Vollmond.« Peters blickte in den Himmel. »Dann bleibt uns genug Zeit, Gloria vorher aus diesem Hexenkessel herauszuholen.«
    »Auf jeden Fall haben wir Zeit, Xinxaré zu beeinflussen, seine Waldbrandtaktik aufzugeben.«
    »Wollen Sie das wirklich?«
    »Natürlich! Aber nicht wegen Ihrer Gloria!«
    »Wegen Ihrer Edelsteine.«
    »Sehr richtig! Was Xinxaré nicht in Betracht zieht – und das ist anscheinend das Grundübel bei allen Strategen –, ist die Möglichkeit, daß er

Weitere Kostenlose Bücher