Eine Vampirin auf Abwegen: Argeneau Vampir 1
sein, also lass dich nicht davon erschrecken. Nicht gucken!”
Schon in diesem Augenblick hätte Lissianna vor Überraschung beinahe die Augen geöffnet, aber sie beherrschte sich und kniff sie weiterhin zu. Stattdessen öffnete sie den Mund, holte tief Luft und ließ die Zähne ausfahren.
„Jetzt kommt es”, warnte Thomas, als er eine Hand stützend an ihren Hinterkopf legte, dann wurde der kalte Beutel plötzlich an ihren Mund gedrückt, und sie hörte ein leises Knallen, als ihre Zähne in den Beutel eindrangen.
Lissianna rührte sich nicht, während ihre Zähne ihre Arbeit taten, das Blut aufsaugten und ihrem Organismus zuführten. Die Flüssigkeit war kalt und unterschied sich deshalb sehr von ihrer gewohnten Nahrung, und es ging auch viel schneller als bei einer Infusion. Innerhalb von nur wenigen Momenten hatte Thomas ihr drei Beutel eingeflößt. Er sagte ihr, sie solle die Augen geschlossen halten, bis er die leeren Beutel weggebracht hatte.
Lissiana öffnete ihre Augen erst wieder, als er hereinkam, nachdem er die leeren Beutel in die Mülltonne hinter dem Haus geworfen hatte. Sie schenkte ihm ein strahlendes Lächeln.
„Hatte ich dir heute schon gesagt, dass du mein Lieblingsvetter bist?”
Thomas erwiderte das Lächeln. „Hör auf, sonst werde ich noch rot.”
Lachend stand Lissianna auf und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. „Danke.”
„Gern geschehen.” Er tätschelte ihr den Rücken, dann wandte er sich ab. „Ich gehe schlafen.”
„.... Und ich werde eben noch nach Greg sehen, dann will ich auch ins Bett.”
„Ich dachte mir schon, dass du das tun würdest”, erwiderte er.
„Gute Nacht.”
„Nacht.”
9
Es war das Zuschnappen der Tür, das ihn aufweckte. Als Greg die Augen öffnete, sah er über sich die dunkle Zimmerdecke, dann drehte er den Kopf auf die Seite, um sich in einem Raum voller Schatten umzuschauen. Das Licht im Badezimmer brannte, und die Tür war einen Spalt breit geöffnet, sodass das Zimmer nicht vollkommen im Dunkeln lag.
Er erkannte Lissianna, als sie sich ihm näherte, und war sofort hellwach. Sie sah aus, als sei sie sich nicht sicher, wie er sie empfangen würde, und das konnte er nur allzu gut verstehen.
Greg war alles andere als erfreut gewesen, als man ihn am Abend zuvor wieder hierher gebracht hatte, und das hatte er auch sehr deutlich kundgetan. Sie hatten ihr das wahrscheinlich erzählt.
Dann war Thomas hereingekommen und hatte versucht, ihn zu beruhigen, aber er war nicht in empfänglicher Stimmung dafür gewesen, und so hatte dieser schließlich seine Bemühungen aufgegeben und ihn sich selbst überlassen. Greg hatte weitergeflucht, bis er schließlich erschöpft eingeschlafen war.
„Sie hassen mich sicher.”
Greg erstarrte bei der Bemerkung und sah sie überrascht an.
„Warum sollte ich Sie hassen? Sie sind nicht diejenige, die mich immer wieder herbringt. Tatsächlich haben Sie mich ja freigelassen.”
„Ja, aber es ist meine Phobie, deretwegen Sie überhaupt hier sind”, bemerkte sie.
„Das ist wohl kaum Ihre Schuld. Niemand sucht sich eine Phobie selbst aus”, sagte er freundlich, dann sah er sie forschend an und seine Gedanken befassten sich wieder damit, wer sie war.
Eine Vampirin.
Ihr Erscheinen und ihre ersten Worte hatten ihn diese Tatsache vergessen lassen, aber nun sah er sie ohne jede Leidenschaft an.
Diese schöne blonde Frau mit den silbrigblauen Augen, die ihn geküsst und gestreichelt und ihm einen Knutschfleck verpasst hatte, der kein Knutschfleck war, war eine Vampirin.
Greg fand es unglaublich, dass er sich überhaupt mit solchen Dingen auseinandersetzte. Er war Psychologe, um Himmels willen! Wenn ein Patient in sein Büro gekommen wäre und verkündet hätte, dass ein Vampir ihn gebissen habe, hätte er ihn als von Wahnvorstellungen besessen oder paranoid-wahnhaft oder wie auch immer diagnostiziert, was in allen Fällen bedeutete, dass er nicht ganz richtig im Kopf war. Und dennoch lag er hier und war vollkommen überzeugt davon, dass man ihn in ein Nest voller Vampire gezerrt hatte.
Trotz aufkeimender Verdächtigungen war Greg jedoch nicht vollkommen sicher gewesen, ob er es wirklich mit Vampiren zu tun hatte, bis Martine und Marguerite vor seiner Wohnung aufgetaucht waren. Keine Frau, die er kannte, würde imstande sein, eine Tür durch Gedankenkraft zu öffnen, wie es Marguerite getan hatte. Und dass er plötzlich ganz ruhig geworden und ins Wohnzimmer gegangen war, passte auch dazu. Aber als
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