Eine Vampirin auf Abwegen: Argeneau Vampir 1
irgendein ihm bekannter englischer Akzent. „Ich lebe schon sehr lange, Dr. Hewitt, und habe an vielen Orten gelebt.”
„Wie lange, und wie viele Orte?”, fragte er prompt, und Marguerite lächelte über seine Unverblümtheit.
„Ich kam am 4. August 1265 zur Welt”, verkündete sie.
Greg öffnete den Mund vor Erstaunen, dann schüttelte er den Kopf und sagte: „Unmöglich. Damit wären Sie ja über siebenhundert Jahre alt!”
Marguerite lächelte. „Aber es stimmt. Als ich zur Welt kam, herrschte Bürgerkrieg in England, und Heinrich III. war König. Es gab keine Badezimmer, und Ritterlichkeit war mehr als eine Antwort in einem Kreuzworträtsel. Aber selbstverständlich nur für die Reichen und Mächtigen”, fügte sie ironisch hinzu.
„Und ich nehme an, Sie waren eine von den Reichen und Mächtigen?”, fragte er.
Marguerite schüttelte den Kopf. „Ich war ein Bauernmädchen. Ich war das ungewollte Ergebnis des Besuchs eines Adligen auf der Burg, in der meine Mutter diente.”
„Ungewollt?”, fragte Greg voller Mitgefühl.
„Leider ja. Ich fürchte, der einzige Grund, wieso sie sich an meinen Geburtstag erinnerte, bestand darin, dass es während der Schlacht von Evesham geschah.” Marguerite zuckte die Achseln. „Ich arbeitete in der Burg, sobald ich laufen konnte, und ich wäre auch dort gestorben, und wahrscheinlich sehr jung, wenn Jean Claude nicht vorbeigekommen und mich da rausgeholt hätte.”
„Man hat mir gesagt, Jean Claude habe Probleme mit Alkohol gehabt.”
Marguerite nickte bedächtig. „Und es hat ihn umgebracht. Er starb, weil er zu viel von dem Blut eines Betrunkenen zu sich genommen und das Bewusstsein verloren hatte. Erwachte nicht einmal auf, als das Haus, in dem er sich befand, in Flammen aufging. Er ist darin verbrannt.”
„Ja, ich glaube, Thomas hat erwähnt, Jean Claude sei bei einem Feuer ums Leben gekommen”, sagte er, dann fragte er verwundert: „Leute wie Sie können also sterben?”
„O ja. Nicht so einfach, aber wir können sterben”, versicherte sie ihm. „Und Feuer ist eines der Dinge, die uns töten können.”
„Keine angenehme Art zu sterben, würde ich annehmen”, murmelte Greg.
„Nein, und ich würde es vorziehen, wenn Lissianna nicht in die Fußstapfen ihres Vaters träte.”
„Weshalb Sie mich hergebracht haben.” Er wusste nicht, wie er fortfahren sollte und geriet ins Stottern: „Sie wollen, nicht, dass sie.... äh.... ”
„Sich ,al fresco’ ernährt”, vollendete Marguerite seinen Satz. „Sie könnte selbstverständlich so weitermachen, aber es ist eine gefährliche Sache. Wenn man einmal von dem Risiko absieht, dass sie entdeckt werden könnte, so besteht immer auch das Risiko, sich am Blut der falschen Leute satt zu trinken und sich an deren Krankheiten anzustecken oder an deren Nebenwirkungen zu erkranken.”
„Ich nehme an, mit den falschen Leuten’ meinen Sie die Obdachlosen?”, fragte Greg.
„Ich bin kein Snob, Dr. Hewitt”, sagte Marguerite müde. „Aber Leute, die Orte aufsuchen wie das Heim, in dem Lissianna arbeitet, sind wohl kaum die gesündesten Individuen. Ihr Blut ist nicht sonderlich nahrhaft.”
Greg nickte. Lissianna hatte zuvor fast dasselbe gesagt, aber er dachte ketzerisch, dass es noch eine Menge anderer Leute gab, die sich überwiegend von Junkfood ernährten und ebenso wenig nahrhaft gewesen wären. Er machte sich jedoch nicht die Mühe, näher darauf einzugehen, denn es war in diesem Zusammenhang nicht wichtig. „Und die Nebenwirkungen, deretwegen Sie so besorgt sind, bestehen möglicherweise darin, dass sie sich zu häufig betrinken könnte?”
Marguerite nickte. „Lissianna kehrte mehrmals betrunken oder auch high aus dem Obdachlosenheim zurück, als sie noch hier wohnte, weil sie sich von dem falschen Individuum genährt hatte, und ich weiß, dass es noch immer passiert. Sie kann nicht immer sagen, ob sie sich betrunken oder Drogen benutzt haben, bevor es zu spät ist. Leute, die solche Gewohnheiten haben, haben selbst einen gewissen Schutz dagegen entwickelt; Lissianna nicht. Was einen von ihnen vielleicht ein bisschen high macht, aber immer noch ermöglicht, dass sie einen nüchternen Eindruck machen, kann Lissianna vollkommen berauschen.”
Greg versuchte, sich Lissianna berauscht vorzustellen, aber das konnte er nicht. Sie schien einfach nicht der Typ dafür zu sein.
„Und”, fragte Marguerite plötzlich, „was halten Sie von meiner Tochter?”
Verblüfft über den
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