Eine verlaessliche Frau
bei der sich Antonio tatsächlich sehr geschickt anstellte. Sein Automobil, mit den Lederpolstern, dem geschwungenen Blech, den Kristallglaslampen und den Blumenvasen im Fonds, war ein Wunderwerk, und Ralph und er fuhren den langen, kurvenreichen Weg zum Haus hinauf und herunter. Der Wagen verschaffte ihnen ein gewisses Maà an Frieden miteinander. Sie versuchten, sich aufeinander einzustellen. Sie versuchten, miteinander zu reden.
»Es war schrecklich, ganz schrecklich, was ich mit dir gemacht habe.«
»Du warst wütend, nehme ich an.«
»Ja, ich war wütend. Ich war wütend, und deine Mutter war fort. Ich habe sie aus ganzem Herzen geliebt. Glaub mir das. Das habe ich wirklich. Als sie fortgegangen ist, war alles nur noch schwarz.«
»Und ich blieb allein zurück.«
»Deine Schwester war tot. Deine Mutter war fort. Du bliebst allein zurück, und ich habe meinen ganzen Kummer und meine ganze Wut auf dich, einen kleinen Jungen, konzentriert, und ich werde mir das bis an mein Lebensende vorwerfen.«
»Ich habe das Gefühl, du hast das ziemlich gut vergessen können.«
»Ich habe zehn Jahre nach dir gesucht. Ich habe überall nach dir gesucht.«
»Das muss dich eine Menge Geld gekostet haben.«
»Das war mir egal. Nachdem du fort warst, nachdem du weggelaufen warst, wurde mir klar, dass ich etwas Schreckliches angerichtet hatte. Das ist mit noch so viel Geld nicht wiedergutzumachen. Dass du für etwas gequält worden bist, das du gar nicht getan hattest.«
Der langsame Tanz vom Vater und vom Sohn, das alte Lied von Reue und Vergeltung, zogen sich durch jedes ihrer Gespräche. Fanden die Gespräche erst spätabends statt, war Antonio gewöhnlich betrunken und Catherine oben im Bett.
»Du hast wieder geheiratet.«
»Ich wollte, dass du zurück nach Hause kommst. Ich dachte, es wäre vielleicht hilfreich. Und auÃerdem war ich einsam. Ich war einsam, fühlte mich ungeliebt und war Tag für Tag traurig. Du weiÃt gar nicht, was mit einem Leben ohne Liebe geschieht. Was es dem Herzen antut. Es verdorrt. Es weià nicht mehr, wofür es da ist. Ich wollte nur das, was die anderen auch haben. Ich wollte eine Gefährtin, jemanden fürs Herz. Jemand anderen als ich selbst.«
»Und bist du glücklich geworden? Glücklich mit der jungen Mrs. Truitt? Was weiÃt du wirklich über sie?«
»Sie hat kein einfaches Leben gehabt. Ich mache es ihr gern etwas schöner. Und sie hat dich nach Hause geholt. Sie ist meine Frau. Ja. Ich bin glücklich.«
»Sie ist viel jünger.«
»Sie wird dir eine Freundin sein, wenn du sie lässt.«
»Ich habe schon Freunde, nur leben die nicht hier. Du hast mich geschlagen, bis ich vor lauter Blut in meinen Augen nicht mehr sehen konnte. Du hast mich in ein Zimmer eingesperrt. Du hast mich allein gelassen, ohne mir zu erklären, wo meine Mutter war oder warum deine Brutalität so immens und endlos war.«
»Es tut mir leid.«
»Man wird sehen, ob es reicht, dass es dir leid tut. Ich glaube nicht. Wenn du heute Abend sterben würdest, würde ich nicht zu deiner Beerdigung gehen.«
»Du wärst sehr reich.«
»Und um dich würde, bis auf die hinreiÃende Mrs. Truitt vielleicht, niemand trauern. Ich jedenfalls nicht. Und auch nicht all die anderen Leute, die in Angst vor dir leben.«
Trotz der beiÃenden Schärfe war es doch so etwas wie der Anfang eines Gespräches zwischen Vater und Sohn. Jeden Tag fuhr Ralph in der Hoffnung zur Arbeit, dass Antonio vielleicht vorbeikäme, dass er allmählich verzeihen und wieder lieben könnte. Er war ein ehrlicher Mensch, und er hatte ein so groÃes Verlangen danach, daran glauben zu können.
Für Antonio war er natürlich nur ein Fisch an der Angel. Antonio gab etwas Leine und hielt sich dann zurück, lieà den Haken im Mund seines Vaters. Das machte ihm SpaÃ.
Antonio wollte so viel. Er wünschte, der gröÃte Teil seiner Kindheit wäre nie geschehen. Er wünschte, seine Mutter wäre treu, schön und tugendhaft gewesen. Er wünschte, sie hätte sich um ihn gekümmert. Er wünschte, sie hätte ihn mitgenommen, als sie davongelaufen war, hätte ihm mehr hinterlassen als die behinderte Schwester und den furchterregenden Vater, der gar nicht sein Vater war. Er wünschte, seine Tage als kleiner Junge wären ganz anders verlaufen. Mehr als
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