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Eine verlaessliche Frau

Titel: Eine verlaessliche Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goolrick
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ankäme.
    Er wollte nur noch in einem kleinen, dunklen, warmen Zimmer in einem unauffälligen Haus liegen, wo es weder Tag noch Nacht gab, und ungehemmten Sex mit einer Frau nach der anderen haben, bis er starb. Er wollte die Trunkenheit des Fleisches. Er wollte, dass das, was er auf der Welt am meisten liebte, die sanfte Berührung eines anderen Menschen, zu einer Qual wurde. Er wollte in einer sexuellen Umarmung, der letzten von Tausenden, sterben.
    Und da war noch Catherine. Sie war wie eine Droge, das Gift, nach dem er sich sehnte. Sie war, da es hier nichts anderes gab, womit er sich ablenken konnte, immerhin eine Frau, deren Geheimnisse er kannte. Sie war immer zu Hause, nähte und las die Bücher, die sie sich aus Chicago schicken ließ. Sie hatte ihn fallen gelassen. Sie hatte ihn betrogen, ihr goldenes Versprechen nicht eingelöst.
    Jede Nacht schlief sie im Bett seines Vaters. Sein Vater hatte Sex mit ihr und sagte ihr, dass er sie liebe, etwas, das Antonio nie gesagt hatte und auch nie so gemeint hätte. Es genügte ihm nicht, alle Frauen zu wollen, er wollte, dass Catherine alle diese Frauen für ihn war.
    Sie mied ihn mit Absicht. Wenn Truitt weg war, schloss sie sich in ihr Zimmer ein und nähte. Sie saß wie eine Fremde am Tisch und redete mit ihm, als könnte sie sich nicht mehr an die Samtfesseln erinnern, mit denen er sie immer ans Bett gefesselt hatte, an das Feuer, das auf ihrer Haut gebrannt hatte. Seine Trauer war unendlich. Sein Verlangen war ein besonderes, und es war immens.
    Truitt fuhr in die Stadt. Antonio spürte sie auf, folgte ihr, schüttete ihr sein Herz aus, erzählte ihr, wie ihn die Rückkehr in dieses Haus verändert hätte, wie sie eine Wunde wieder aufgerissen hätte, von der er geglaubt hatte, sie wäre für immer verheilt. Der Anblick von Truitt, des Mannes, der zu so viel Brutalität fähig gewesen war und jetzt in aller Ruhe und unbehelligt vor irgendwelchen Anschuldigungen dasaß, sicher trotz seiner Reue, machte ihm Angst, sagte er. Es mache ihm Angst zu denken, dass es anders ein könnte, dass sich die Dinge, von diesem Augenblick an, verändern könnten.
    Sie riet ihm zur Geduld. Sie riet ihm dazu, den alten Wunden Zeit zu geben, damit sie heilen konnten. Über Truitts Tod wurde nicht mehr gesprochen. Er sagte ihr, er habe Arsen im Zimmer, das Arsen, das er aus Chicago mitgebracht hätte, und spätabends, wenn er sich mit Bordeaux betrunken habe und allein sei, während sein Vater mit seiner Geliebten, seinem Geschöpf, schlafe, nehme er es in die Hand, um daran zu riechen, um es einfach nur in der Hand zu halten und sich nach dem Tod zu sehnen. Er sagte ihr, wenn er einen Knopf am Bein hätte, den er drücken könne, um aus der Welt zu verschwinden, als hätte es ihn nie gegeben, dann würde er ihn drücken. Sie zeigte sich zutiefst erschrocken darüber, dass er über solche Dinge auch nur nachdachte. Sie sagte, er habe doch gelernt, Auto zu fahren. Er könne doch überall hinfahren. Sein Leben warte nur auf ihn. Sie verstand kein Wort von dem, was er sagte. Sie war nicht mehr die Frau, die stundenlang mit ihm über gar nichts gesprochen hatte, über süße Nichtigkeiten.
    Die Stille hielt ihn umfangen und würgte ihn. Jeden Morgen war sein Rasiermesser eine Einladung. Jeden Abend war das Arsen ein Aphrodisiakum. Seine Einsamkeit war schrecklich, aber er fuhr nicht in die Stadt, fuhr nicht hin, um die netten jungen Frauen kennen zu lernen, die sein Vater aus Chicago eingeladen hatte, um mit ihren Bankiersvätern am Tisch zu sitzen, mit ihrem exquisiten Benehmen und ihrem musikalischen, unerotischen Lachen. In ihnen war nichts Dunkles. Licht nützte ihm nichts.
    Er schrieb Abschiedsbriefe für den Fall seines Selbstmords und hob sie in einer Schublade auf. Er verfasste Briefe an seinen Vater, in denen er Catherines Vergangenheit in allen Einzelheiten beschrieb, Briefe, die mit einem einzigen Federstrich beider Leben für immer zerstört hätten. Er verbrannte diese Briefe.
    Er war einsam, innerlich verloren. Er war erschöpft davon, ein Leben aufrechtzuerhalten, das er scheußlich fand, vor den Augen der anderen, die ihn verachteten, mit erhobenem Kopf herumzustolzieren, davon, den Narzissten zu spielen. Wieder und wieder sagte er sich die Worte selber vor, wobei ihm klar wurde, wie banal sie sich anhörten. Eines Abends hatte er Ralph gegenüber betrunken

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