Eine verlaessliche Frau
StraÃe waren, standen die Pferde jämmerlich und entkräftet da. Der Wallach knickte beinahe ein, riss sich aber wieder hoch, und gemeinsam zogen die beiden Pferde die Kutsche ins blinde WeiÃ. Wie durch ein Wunder hatten die Lampen nichts abbekommen, und sie konnte ein kurzes Stück voraussehen.
Sie überfuhren Ralph beinahe, bevor sie ihn entdeckte. Er stand ruhig mitten auf der StraÃe, schwankte ein wenig, und Blut strömte aus einem Schnitt an seiner Stirn, einem Schnitt, der bis auf den Knochen ging.
Sie sprang aus der Kutsche. Sie war nicht den ganzen Weg gekommen, um ihn jetzt sterben zu lassen. Nicht jetzt. Mit ihrem Saum verfing sie sich am Rand ihres Sitzes und hörte, wie das billige Material sofort zerriss, wobei sie ihm fast in die Arme fiel. Das Blut bedeckte sein Gesicht und vermischte sich mit dem Schnee, der sich im Pelzkragen seines schwarzen Mantels gesammelt hatte. Sie fasste ihn am Ellbogen. Er schüttelte sie ab, aber dann stolperte er, und sie packte noch mal seinen Arm, und diesmal stieà er sie nicht weg, sondern stützte sich auf sie, so dass sie spürte, wie groà und kräftig er war und wie breit seine Brust, und selbst durch seinen schweren Mantel hindurch war die Hitze seines Körpers deutlich zu fühlen. Sie half ihm auf seinen Sitz, während ihm das Blut von der Stirn floss. Sie entdeckte ihren Mantel, ihr albernes dünnes Cape, und legte es ihm über seine zitternden Beine.
»Die Pferde in Ordnung?« Seine Stimme klang mitgenommen.
»Sie können uns ziehen.« Sie kletterte hinauf. »Welche Richtung, Mr. Truitt?«
»Die wissen das schon. Lassen Sie sie einfach laufen.« Die Pferde setzten sich in Bewegung, das eine hinkend und keuchend und beide blind in der Nacht, aber sie kannten ihren Weg genau.
Ralph saà so steif da, wie er konnte, und versuchte, dem brennenden Schmerz nicht nachzugeben, aber es war einfach zuviel. Er spürte, wie er langsam zusammenbrach, wie sich sein verletzter Körper langsam an ihren lehnte. Er fühlte es, während ihr Arm sich um ihn legte und ihn hinunterzog, seinen Kopf an ihre Brust legte, an ihr klopfendes Herz.
4. KAPITEL
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A lles war voller Blut. Es war im Stoff ihres Kleides gefroren, steif und schwarz. Es war auf seinem Kopf und auf seinem Gesicht und an seinen Kleidern und unter ihren kalten Fingernägeln. Sie blieb trotzdem immer noch ruhig und war entschlossen, ihn nicht sterben zu lassen. Und dann erblickte sie das Haus und ein Gesicht am Fenster.
Es gab einen Augenblick völliger Stille, in dem sie jede Einzelheit wahrnahm, das Gewicht Ralphs in ihren Armen, das Haus, das Gesicht am Fenster â angsterfüllt â, das Pferd, sein gebrochenes Bein, und jetzt erst begann sie zu begreifen, dass das knackende Geräusch auf dem Eis der Knochen gewesen war und nicht das Eis. Sie sah sich selbst, ihre verwüstete Frisur, ihre Hände, die kalt und rau waren, ihren leichten Rock, aus dessen Saum ihr Schmuck in den Schnee fiel. Sie sah, wie sie im Hof standen, der Schnee reichte bis hoch zu den eisernen Radnaben, die Pferde lieÃen erschöpft und schmerzerfüllt die Köpfe hängen, und sie sah das Haus. Das Haus.
Es wirkt wie ein sauberes weiÃes Hemd, dachte sie. Ein sauberes, weiÃes Hemd, das an der Rückseite einer Tür hängt.
Eine hübsche, mit Säulen versehene Vorderveranda, ein warmes rostbraunes Licht, das durch die zugezogenen Vorhänge fiel, ein umgedrehter Stuhl, der, obwohl der Sommer längst vorüber war, immer noch drauÃen lag. Einzelheiten. Sie konnte nicht alles erkennen, konnte den Punkt nicht ausmachen, an dem die Wände des Satteldaches aufeinandertrafen. Aber es wirkte warm. Es sah nett aus.
Die Pferde blieben stehen, die braune Stute stampfte mit den Hufen auf, der schwarze Wallach konnte keinen Schritt mehr laufen, er hatte sein rechtes Vorderbein gehoben, und der Huf hing gefährlich herab. Das Licht, das von der Veranda fiel, beleuchtete den Schweià auf den bebenden Flanken der Tiere und verwandelte den Atem, der aus ihren geweiteten Nüstern strömte, in helle Federbüschel.
Es war schmuck, das Haus, schlicht, ohne dabei streng zu wirken, und es war hell erleuchtet und überhaupt nicht so, wie sie es sich vorgestellt hatte. Es stand robust inmitten eines Rasens, eine Treppe führte zu einer breiten Veranda hoch. Sie hatte sich etwas Verfalleneres vorgestellt,
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