Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Eine verlaessliche Frau

Titel: Eine verlaessliche Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goolrick
Vom Netzwerk:
tun.
    Â»Dann haben Sie noch nie …«
    Â»Nein, nie. Aber ich habe ihm oft dabei zugesehen. Es gibt keine andere Möglichkeit.«
    An einem bestimmten Punkt merkte sie, wie Truitt ihr entglitt und das Bewusstsein verlor. Seine blassen Augen, starr und weiß vor Schmerz, schlossen sich schließlich, und zum ersten Mal, als sie die Blicke von der Wunde hob, betrachtete sie seine Haut, so nah, als würde sie sie durch ein Vergrößerungsglas mustern. Sein Bartwuchs sah aus wie schwarze Weizenstoppeln auf einem trockenen Feld. Seine Haut war blass, und auch wenn er aus der Entfernung jünger aussah, als er – wie sie wusste – in Wirklichkeit war, konnte sie aus der Nähe die unzähligen kleinen Falten in seiner Haut sehen. Sie konnte die Zukunft ihres eigenen Gesichts darin sehen, und sie konnte noch etwas anderes erkennen, als seine Muskeln erschlafften und seine Haut von den starken großen Knochen sackte. Sie konnte sehen, was für eine Anstrengung es ihn kostete, sein Gesicht so gefasst und hoffnungsvoll erscheinen zu lassen, und sie konnte die Trauer sehen, die unter dieser stählernen Maske lag, und wie leblos er war.
    Ihre kleinen Finger arbeiteten geschickt und folgten Mrs. Larsens Händen an der Wunde entlang, und schließlich war sie fertig. Gar nicht schlecht.
    Er öffnete die Augen.
    Â»Fertig.« Sie lächelte ihn an, ihre Hände lagen noch auf seinem Gesicht und sein Kopf in ihrem Schoß.
    Â»Danke.«
    Â»Wir müssen Sie ins Bett bringen. Könnten Sie … es wäre besser, wenn Sie noch eine Weile wach blieben. Ihr Kopf ist vielleicht verletzt. So lange, wie Sie können.« Sie streckte schüchtern die Hand aus, um sein Gesicht zu berühren, aber da erschien Larsen, stapfte herbei und unterbrach sie.
    Â»Jetzt übernehmen wir ihn, Miss. Ich bringe ihn nach oben. Gehe mit ihm. Wir brauchen Ihre Hilfe dabei nicht, und Mrs. hält das Essen für Sie bereit. Ich kümmere mich um ihn.«
    Larsen fasste ihn unter und zog ihn auf die Füße. Ralph schwankte, hielt sich aber aufrecht, und Catherine blieb sitzen, während sie zusah, wie die beiden nach oben stolperten. Mrs. Larsen folgte ihnen, wobei sie nutzlos herumfuchtelte.
    Dann waren sie fort, und zum ersten Mal musterte Catherine das Zimmer, in dem sie saß, und war überrascht. Es war hübsch und überhaupt nicht so, wie sie es sich vorgestellt hatte: sehr schlicht, sehr sauber, ja makellos. Es war ein gewöhnlicher quadratischer Raum, und doch fanden sich hier und da Möbelstücke, die seltsam unpassend wirkten, als stammten sie aus einem anderen Haus an einem anderen Ort. Leuchtende Farben. Teures Material. Elegant und kunstvoll gebaute Möbel, nur ein paar Stücke, die neben den eher banalen Bauernmöbeln standen, dem Porzellanschrank, der schlichten Standuhr aus Kiefer.
    Das Sofa, auf dem sie saß, war eines dieser versprengten Möbelstücke, hatte vergoldete Lehnen und geschnitzte Schwäne und einen Damastbezug in den Farben des Sonnenuntergangs, auf dem jetzt Truitts Blutflecken zu sehen waren. Aus ihrer Sicht wirkte es wie eines dieser Zimmer, in denen niemand wusste, wo er sich hinsetzen sollte, ein Raum, der immer perfekt aufgeräumt war, obwohl er nie benutzt wurde.
    Einen Sessel gab es, einfache, robuste Eiche, der ganz gewiss der Platz war, an dem Truitt an den Abenden saß und eine Zigarre rauchte. Ein Aschenbecher und ein Humidor standen auf dem niedrigen schlichten Tisch daneben, auf dem außerdem landwirtschaftliche Zeitschriften, Almanache und Hauptbücher lagen. Daneben brannte eine Lampe mit einem bunten gläsernen Lampenschirm in lauter leuchtenden Farben, in Rot und Lila, auf dem Trauben, herbstliche Blätter und kleine Vögel, die aufflatterten, zu sehen waren. Es war die Art von Lampe, die sie nur aus Hotels kannte. Sie hatte sich nie vorstellen können, dass ein normaler Mensch solch eine Lampe besitzen könnte, doch Ralph Truitt besaß eine.
    Er muss sehr reich sein, dachte sie. Der Gedanke wärmte sie und zauberte ein Lächeln auf ihr Gesicht. Er wird nicht sterben. Jetzt fängt es an. Ihr Herz raste, als ob sie gerade drauf und dran wäre, ein Paar Ziegenleder-Handschuhe aus einem Laden zu stehlen.
    Sie konnte das schwere Poltern der drei hören, die oben hin und her liefen, einen Stiefel, der zu Boden fiel, dann einen weiteren. Aha, sie ziehen ihn aus, wurde ihr jetzt klar. Sie hatte

Weitere Kostenlose Bücher