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Eine verlaessliche Frau

Titel: Eine verlaessliche Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goolrick
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gedacht, man hätte sie ausgeschlossen, weil sie nicht wollten, dass sie ihn in seiner Schwäche sah, aber in Wirklichkeit wollten sie nicht, dass sie seinen Körper erblickte.
    Die Uhr tickte gleichmäßig. Der Wind heulte, ohne nachzulassen. Catherine saß allein da und fragte sich, ob irgendjemand auf dieser Welt wusste, wo sie war, und sich vorstellen konnte, wie sie dasaß, die Hände still in ihrem Schoß, die Finger blutverschmiert, mit ihrem zerrissenen Saum, dem verlorenen Schmuck.
    Sie wollte eine Zigarette. Eine Zigarette in ihrer kleinen silbernen Spitze. Und ein Glas Whiskey, ein Glas, um das Frösteln zu verscheuchen. Aber das war in einem anderen Leben an einem anderen Ort, und hier, in Ralph Truitts Haus, saß Catherine einfach nur da, die Hände in ihrem Schoß.
    Hier waren sie nun, vier Menschen, und jeder bewegte sich getrennt durch die Zimmer im selben Haus. Sie hatte seinen Kopf in ihrem Schoß gehalten, und ihre Kleider waren feucht von seinem Blut, und doch war sie allein. Allein, wie sie es schon immer gewesen war.
    Manchmal saß sie nur da und ließ ihren Kopf ganz leer werden und ihre Blicke ins Nichts gehen, so dass sie das langsame Zucken der Partikel in ihren Pupillen sah. Als Kind hatte sie das erstaunt. Jetzt sah sie darin ein Spiegelbild ihrer eigenen Bewegungen, wie sie träge durch die Welt trieb, gelegentlich auf einen anderen Körper stieß, ohne dass man sich wirklich kennen lernte, und dann wieder weitertrieb, frei und allein.
    Sie kannte keine andere Daseinsform. Ihre Pläne, das sah sie jetzt, waren träge Phantasien, oberflächlich ausgedacht und nachlässig ausgeführt und somit wieder und wieder zum Scheitern verurteilt. Sie stand auf und wanderte durch die Zimmer in Truitts Haus. Es gab nicht viele, und sie sahen alle gleich aus, genauso makellos und mit der gleichen merkwürdigen Mischung aus Rustikalem und Erlesenem möbliert. Das Esszimmer war winzig, aber der Tisch war aufwendig für ein Abendessen zu zweit gedeckt. Sie nahm eine verzierte Gabel in die Hand. Sie war fast so lang wie ihr Unterarm und erstaunlich schwer. Sie war glänzend poliert, so dass sich das Licht darin fing, als sie sie umdrehte, um den Herstellernamen zu lesen: Tiffany & Co., New York City. Sie hatte das Gefühl, in ihrem ganzen Leben noch nie etwas so Schönes gesehen zu haben.
    Â»Larsen ist bei ihm.« Catherine legte die Gabel wieder hin, als Mrs. Larsen ins Zimmer kam. »Ich habe Essen gemacht. Es ist vielleicht noch nicht ganz kalt, und Sie können jetzt genauso gut auch essen.« Sie schob die Gabel an ihren Platz, die Catherine wieder abgelegt hatte, so dass sie mit dem übrigen, gleichermaßen massiven Besteck perfekt abgestimmt dalag.
    Â»Ich habe sie mir bloß …«
    Â»Angeschaut. Ich hab’s gesehen. Es dauert nur einen kleinen Augenblick. Sie müssen Hunger haben.«
    Catherine setzte sich an den Tisch. Sie hatte das Gefühl, als würde sie gleich in Tränen ausbrechen, einfach weil der Weg zurück so weit und sie allein war. Sie versuchte, ihr Haar festzustecken, und ließ es dann bleiben.
    Die Suppe war klar und heiß und das Lamm in einer Soße gekocht, die gleichzeitig köstlich und exotisch schmeckte, und alles war vollendet und auf eine Weise vornehm, die man in jedem Restaurant in jeder Stadt, in der sie je gewesen war, bewundert hätte, und Mrs. Larsen servierte alles mit einer Schlichtheit und Gewandtheit, die sie überraschte und erfreute. Sie hatte gar nicht gedacht, dass sie hungrig war, aber sie aß alles auf, einschließlich des Nachtischs aus leichten Baisers, die in einem glänzenden Pudding schwammen.
    Die wunderschönen Teller kamen und gingen, das Besteck wurde benutzt, bis keins mehr dalag, und schließlich stand Mrs. Larsen in der Küchentür, und sie lauschten beide auf das Poltern von den Stiefeln der beiden Männer, während Larsen und Truitt hin und her liefen, hin und her im Schlafzimmer im ersten Stock, erst über einen Teppich und dann über den Fußboden und dann wieder über den Teppich.
    Â»Das war ein köstliches Abendessen.«
    Â»Nun ja, ich hatte es mir ein wenig feierlicher erhofft, aber …«
    Die Schritte wurden fortgesetzt.
    Â»Aber es wird andere Abende geben, denke ich. Miss?«
    Â»Ja?«
    Â»Ich hoffe, Sie werden hier glücklich. Das hoffe ich wirklich. Es war bislang nicht gerade sehr

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