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Eine verlaessliche Frau

Titel: Eine verlaessliche Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goolrick
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tat er das nicht mehr. Nichts davon bedeutete ihm etwas. Nichts davon taugte etwas.
    Er sehnte sich nach diesem Augenblick, wenn er schließlich nackt an sie gepresst daliegen würde, Brust an Brust, während ihre Hände über seinen Schultern hin und her flatterten wie weiße Vögel in einer kühlen Nacht, ihre zuckenden Finger, die unsichtbares Garn einfädelten. Er wollte Gewissheit haben, dass seine Begierde nichts als der Ausdruck von Leben war, arglos und rein und gesund und ungebrochen. Ausdruck des Lebens und so gut wie bei allen anderen. So rein, wie man es sich nur denken konnte. Absolut gesund.
    Etwas so Einfaches, letztendlich.
    In seiner Phantasie kam nie der Morgen. Sie wachten nie auf, um einander mit schüchternen oder bitteren Blicken im blendenden Licht zu mustern. Es gab kein Morgen. Es gab nur diesen einen Augenblick, in dem ihre Hand zum ersten Mal zwischen sein Unterhemd und seine Haut fuhr und in dem sein Körper in die intimsten und unberührbarsten Teile eindrang, nicht nur ihres Körpers, sondern ihres ganzen Lebens, so dass sie nicht nur durch ihre Lust aneinandergebunden waren, sondern durch dieses Brennen, diese unauslöschliche Erinnerung an den Geschmack und den Geruch von Fleisch.
    Er erinnerte sich an jede Frau, die er jemals berührt hatte. Er hatte gedacht, er würde es vergessen, so wie er die Namen von Leuten oder die Noten, die er an der Universität erhalten hatte, oder die Gesichter der Männer, mit denen er sich betrunken und denen er seine Geheimnisse erzählt hatte, vergessen hatte. Aber die Szenen seines Liebeslebens kehrten immer häufiger in sein Gedächtnis zurück, je länger seine Jahre im Exil wurden, und so erinnerte er sich jetzt an ihre Namen, sah ihre Seidenkleider vor sich und die Diamanten, die an ihren Ohren baumelten. Er konnte sich an die Namen der Juweliere erinnern, bei denen er all den Tand für seine kleinen Betthäschen gekauft hatte.
    Er konnte nachts im Bett liegen und sich selbst sehen, als wäre er eine dritte Person, wie er mit einer Engländerin namens Lady Lucy schlief, während sein Freund und Zimmergenosse von der anderen Zimmerseite aus zusah und zu betrunken war, um sich zu rühren oder auch nur erregt zu sein. Er konnte Lucys Fingernägel sehen. Er konnte ihre Zunge an seinen Füßen spüren. Die Form ihres Mundes sehen, als sie ihn zwischen ihre Lippen nahm.
    Er konnte sich daran erinnern, wie er hinter der rothaarigen Sarah an einem Waschbecken stand, während sie einen Waschlappen nahm und sich unter den Armen und zwischen ihren Beinen wusch, in einem Hotelzimmer in Chicago, wobei seine Küsse ihre dünnen und erschöpften Schulterblätter bedeckten.
    Er dachte an eine Witwe in einem Nachbarstaat, einem Bundesstaat, in dem er oft Geschäfte machte, eine unscheinbare Frau, die ihn mit in ihr Bett genommen und sich ihm ohne ein weiteres Wort hingegeben hatte, die voller Leidenschaft ihren Rücken bog und ihre Beine spreizte und sich ihm mit jedem Körperteil öffnete, ihm die Zunge in den Mund steckte und ihren Mund auf sein Geschlecht drückte und dann, danach, eng umschlungen mit ihm dalag. Und ihre Trauer um alles, das sie gegeben und verloren hatten, umhüllte ihren kühlenden Schweiß wie eine Decke. Sie zitterten im Dunkeln.
    Als er sie verließ, hatte er nicht einmal Gute Nacht gesagt. Und sie hatte nicht einmal den Kopf gehoben, der in ihrer Armbeuge lag, ihre Tränen hatten das zerdrückte Kissen und ihr verfilztes Haar genässt. Er hatte einen roten Schal über der Rückenlehne eines grünen Stuhls hängen lassen.
    Er hatte ihn nie geholt. Seine Arbeit hatte ihn nicht wieder in ihre Gegend geführt, oder keiner von den beiden hatte sich vorgestellt, dass es so kommen könnte. Die Liebe war nicht einmal einen Schal wert.
    Er erinnerte sich an die wahnsinnigen Touren, die er, nachdem Emilia fort war, in Chicago unternommen hatte, um nach ihr und ihrem Liebhaber zu suchen. Er hatte eigentlich gewusst, dass es nicht Emilia war, die er suchte, dass er sie nicht einmal dann hätte zurückhaben wollen, wenn sie nackt auf der Straße herumgekrochen wäre und darum gebettelt hätte. Er war nur auf der Suche, auf der Suche nach ihm , nach dem Schlitz zwischen ihren Beinen, ihren schwarzen Brustwarzen im Dunkeln. Nach ihrer Haut, die wie ölige Erde war.
    Er ging in der Diele an Catherine vorbei. Er beobachtete sie aus

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