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Eine verlaessliche Frau

Titel: Eine verlaessliche Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goolrick
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dachten sie.
    Wenn die Liebe die Menschen in den Wahnsinn trieb, was richtete dann der Mangel an Liebe an? Er würde mich hervorbringen, dachte Ralph. Er hat mich hervorgebracht. Seine Hand glitt in die Tasche, während sie ihre Geschichten spann. Ganz leicht strich er sich über sein Geschlecht.
    Aber er berührte sie noch immer nicht. Er spaltete seine Begierde nach ihr, nach irgendeiner und jeder Frau, von ihrem tatsächlichen körperlichen Wesen ab. Er hielt Abstand. Er wusste nicht mehr, wie man liebte, noch, wie man begehrte, in der wirklichen Welt. Er hatte vergessen, wie man um eine Frau wirbt, ein Liebesabenteuer eingeht.
    Aber jede Nacht lag er im Bett, seine Laken waren sauber und rochen nach frischen Winternächten, und er dachte an sie, in ihrem Zimmer, den Flur hinab. Wie pornographische Zeichnungen stellte er sich die verborgenen Teile ihres Körpers vor. Er berührte sich nicht selbst. Er konnte es nicht ertragen. Ein erwachsener Mann. Ein Mann, der fast schon alt war, die Dumpfheit, und sie nur ein paar Türen weiter.
    Seine Sünde lag nicht in den akrobatischen Vorstellungen vom Eindringen und Unterwerfen. Seine Perversion war sein Schweigen. Sein Schweigen und seine Distanz.
    Er lag ausgestreckt und nüchtern in seinem Bett und dachte an Lady Lucy Berridge in Florenz vor dreißig Jahren, an ihre aristokratischen Launen und Erregungen. Früher oder später verwandelten sich im Dunkeln Lucys oder Serafinas oder selbst Emilias Gesichter immer in das von Catherine. Catherine, die ihn anlachte.
    Er fragte sich im Dunkeln, spät in der Nacht, ob sie umgekehrt auch an ihn dachte, ein paar Türen weiter, so sauber, so reich, so höflich. Aber das tat sie nicht. Er kam ihr nie in den Sinn.
    Sie, Catherine, lag in einem sauberen, schlichten Nachthemd da, ihre Blicke auf den blendenden Mond und den wirbelnden Schnee gerichtet, und sie träumte von Zigaretten. Sie träumte davon, Zigaretten zu rauchen, und von dem Körper eines nichtswürdigen Mannes, der neben einer anderen Frau in irgendeinem anderen Bett lag, in zerwühlten Laken in einer heruntergekommenen Stadt, meilenweit von ihr entfernt.

9. KAPITEL
    â€¢ • •
    E r schenkte ihr einen Diamantring. Der Diamant war groß, gelb und umgeben von kleineren Diamanten wie ein funkelndes Gänseblümchen. Er küsste ihr die Hand.
    Er schenkte ihr ein goldenes Kreuz an einer feinen Goldkette. Er strich ihr die Haarsträhnen im Nacken weg und legte ihr die Kette an.
    Sie dachte an ihren lächerlichen Tand, der unterm Schnee begraben lag, ihre Fahrkarte in die Freiheit. Jetzt kam er ihr unbedeutend vor.
    Männer geben einem nur, was sie einem geben, dachte Catherine und starrte nach draußen auf den endlosen und unkontrollierbaren Schnee, wenn sie wissen, dass sie einem das, was man sich wirklich wünscht, nicht geben können.
    Was sie sich natürlich in Wirklichkeit wünschte, war eine schnelle Heirat mit Ralph Truitt, gefolgt von seinem schmerzlosen Abgang. Was sie wollte, war beides, Liebe und Geld, und beides konnte sie nicht anders bekommen als durch Ralph, oder besser gesagt, nach Ralph. Was sie wollte, war die Kontrolle über ihr Leben, sie wollte ihre unbedeutenden kleinen Schmuckstücke zurück, etwas, das ihr ganz allein gehörte, sie wollte den Glanz ihres eigenen alten Lebens und wieder mit ihrem treulosen, weit entfernten Liebhaber schlafen. Sie hatte schon ein ganzes Leben voller Schmutz und Bosheit und Lust gelebt. Wonach sie sich zu ihrer eigenen Überraschung sehnte, tief in ihrem Herzen, war ein Frühling, der so sinnlich und erotisch war wie dieser Winter keusch und blutleer.
    Das Licht schmerzte in ihren Augen und führte zu Kopfschmerzen, die tagelang in ihr wüteten. Sie hatte helle Augen, wie ihr Vater.
    Â»Ich hätte gern eine dunkle Brille gegen die Sonne.«
    Â»Finden Sie nicht, dass das komisch wirkt?«
    Â»Das Licht schmerzt in meinen Augen.«
    Â»Dann schauen Sie nicht aus dem Fenster.«
    Â»Mehr habe ich nicht zu tun.«
    Er besorgte ihr eine Rauchglasbrille, und sie trug sie tagsüber im Haus. Wie eine Blinde starrte sie auf die weiße, leere Leinwand hinaus. Sie konnte Kaninchen sehen, die im Schnee erfroren waren. Sie konnte die Krähen beobachten, die sich niederließen, um ihr Fleisch aufzupicken. Sie konnte Larsen sehen, der sie dabei beobachtete, wie sie aus dem Fenster schaute. Mit ihrer Brille konnte sie im

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