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Eine verlaessliche Frau

Titel: Eine verlaessliche Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goolrick
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Weiß Einzelheiten unterscheiden. Mit der Brille konnte niemand das Glitzern in ihren Augen sehen.
    Ihr Paket kam aus Chicago. Zwölf Meter taubengrauer Rohseide. Ein Schnittmuster. Ralph schenkte ihr den kostbaren Diamantring und das Kreuz, das, wie er schwor, nicht von seiner ersten Frau stammte. Ralph schenkte ihr eine Besichtigungstour des Hauses. Des echten Hauses.
    Natürlich hatte sie auch schon früher Geschenke erhalten. Jahrmarktsklunker, funkelnde Steinchen, die ihr schmeicheln sollten und die Jungen ihr auch dann geschenkt hatten, wenn sie wussten, dass sie über die Grenzen des Rummelplatzes hinaus keinen Schritt mit ihr gehen würden. Aber das hier, das war etwas anderes. Es war zunächst einmal im eigentlichen Sinne kein Geschenk, denn er schenkte es ihr nicht. Er ließ es sie bloß ansehen. Er ließ sie bloß wissen, dass dies ihr zukünftiges Zuhause sein würde, wenn sie einmal getan haben würde, worum er sie bat, nämlich ihn zu heiraten und seinen verlorenen Sohn zurück nach Hause zu holen.
    Und dennoch war es ein Geschenk, vermutete sie, während sie zusah, wie sich das Haus aus der grenzenlosen Gleichmäßigkeit der Landschaft löste, wie es vor ihren Augen Gestalt annahm. Es war all seine Hoffnung, die er ihr schenkte. Es war seine Narrheit und sein schrecklicher Fehler. Es war das Haus, das er in der Hoffnung erbaut hatte, sein Herz würde dort eine Heimat finden, und es hatte nicht geklappt, er war dort beschämt und gedemütigt worden. Und dennoch zeigte er es ihr im Wissen, dass er ihr damit gleichzeitig auch sein Herz zeigte, und das war das eine Geschenk, das ihr noch nie jemand gemacht hatte.
    Sie überquerten ein Feld, fuhren durch einen Wald und kamen auf eine lange, gewundene Straße, die bergan führte, und dann tauchte das Haus allmählich vor ihnen auf.
    Es war prachtvoll. Da stand es, quadratisch, golden, wuchtig und wunderschön, und Catherines Herz machte einen Sprung, als sie es erblickte. So etwas hatte sie noch nie gesehen, so einzigartig in dieser endlosen Wildnis, so königlich inmitten dieser gewöhnlichen Landschaft.
    Es bedurfte ihrer ganzen Kraft, dass sie ruhig blieb, dass sie die Hände auf dem schweren wollenen Überwurf ruhig hielt, dass sie wartete, bis das Pferd stehen geblieben war, bevor sie vom Schlitten abstieg. Aber sie war absolut entzückt, es war das erste ergriffene Staunen, das sie nach so vielen Jahren wieder empfand.
    Sie stiegen den breiten Treppenaufgang, der zu den mächtigen Flügeltüren führte, an der einen Seite hoch. Truitt zeigte auf ein Gemälde über der Tür, das, wie sie annahm, die Villa zeigte, wie sie im Sommer ausgesehen hatte, mit ihren Obstgärten und Blumengärten und Wasserbecken und dem breiten Rasen, der hinab zum Teich und zum Fluss jenseits davon führte.
    Die Türen wurden aufgeschlossen und schwangen sofort auf, und sie gingen in die große, hohe Eingangshalle. Catherine konnte nicht an sich halten. Sie schnappte hörbar nach Luft. Es war so schön, so schön trotz seiner Pracht und Größe. An der Decke waren Fresken von entzückenden Babys mit Flügeln und Blumen im Haar. Der Raum wurde von zwei Kronleuchtern aus buntem Glas erleuchtet, die an gelben Samtkordeln hingen, und jedes Prisma war selbst ein Juwel, jeder Lichtstrahl besaß eine andere zarte Färbung. Aus Venedig, sagte er. Sie waren für sie herabgesenkt und angezündet worden, entflammt für ihre Ankunft. Es waren Kristallblumen, die in der Luft hingen, Blumen, die Licht spendeten.
    Die Wände waren mit rosa Seide bezogen. Porträts, zu viele, um sie zu zählen, blickten auf sie herab. Der Boden war mit Marmor ausgelegt, der ein Muster bildete, und mit schweren alten Teppichen bedeckt. Die Sofas, die an den Hallenwänden standen, waren breit und vergoldet. Gräfinnen waren hier durchspaziert. Herzöge hatten auf den Sofas Gedichte gelesen. Die hohen Fenster tauchten den Raum in blendendes Licht.
    Auf jeder Seite lagen noch mehr prächtige Räume. Er zeigte ihr alles mit dem gleichen stumpfen Desinteresse. Es gab einen Ballsaal, ein Musikzimmer, eine Bibliothek, ein Esszimmer, in dem dreißig Leute das Abendessen einnehmen konnten. Es gab einen gläsernen Wintergarten, in dem einst exotische Pflanzen gezüchtet worden waren, Orchideen und Palmen. Es gab Salons in vielen Farben, mit kostbaren alten Möbeln ausgestattet. Ein

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