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Eine verlaessliche Frau

Titel: Eine verlaessliche Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goolrick
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geben, damit ich in diesem Augenblick sehen kann, wie du dich hier vor mir auf dem Boden räkelst, aber er sagte immer noch nichts. Er ließ mit keiner Geste erkennen, dass er sich ihr auf irgendeine noch so vorsichtige Weise nähern wollte.
    Er hätte vielleicht irgendetwas sagen können. Er hätte sagen können, dass der Kummer sich derart in ihn eingebrannt hatte, dass seine Sünden zu Asche verwandelt worden waren. Dass seine Mutter, als die Nadel bis auf seinen Knochen drang, zu ihm gesagt hatte, dass der Weg zur Tugendhaftigkeit, der einzige Weg, nur durch Schmerz und Leiden führe. Er hätte ihr sagen können, dass der Kummer ihn zu einem durch und durch guten Menschen gemacht hatte. Aber er sagte gar nichts. Was kümmerten sie sein Kummer oder seine Sünden? Sie hatte die Welt bereist. Eine Missionarin, hatte sie gesagt, und es gab keinen Grund, wenn man sich ihr schüchternes Schweigen, ihre prüde Gefasstheit, die keinen Moment gewankt hatte, vor Augen führte, es gab keinen Grund, daran zu zweifeln. Sie war weit gereist. Sie hatte genug über die Sünde gehört.
    Â»Es gibt hier so wenig zu tun. Ich wünschte, ich hätte etwas zu tun. Als Sie krank waren, gab es einen Grund für mich, hier zu sein. Ich hatte das Gefühl, ich tue etwas, das wirklich hilfreich ist. Damit kenne ich mich aus, und ich war froh, es zu tun.«
    Er berührte die violette Narbe auf seiner Stirn.
    Â»Mir geht es schon wieder besser. Sie werden auch zurechtkommen.«
    Â»Ich könnte Mrs. Larsen helfen, aber sie mag das nicht. Ich könnte sauber machen. Ich könnte die Kranken in den Familien besuchen, die für Sie arbeiten. Ich könnte in die Stadt kommen und Ihnen helfen. In Ihrem Büro.«
    Â»Dafür habe ich meine Leute. Machen Sie es sich einfach schön. Genießen Sie die Ruhe. Lesen Sie.«
    Â»Ich liebe es, zu lesen.«
    Â»Dann lesen Sie. Ich bestelle Ihnen alles, was Sie wollen. Romane. Zeitungen. Was immer Sie möchten.«
    Â»Ich mache Ihnen eine Liste. Darf ich das?«
    Â»Natürlich.«
    Er spürte, wie ihm die Luft abgeschnürt wurde, wie sein Herz klopfte. »Ich habe Sie nicht den ganzen Weg herkommen lassen, damit Sie sich hier elend fühlen. Ich hatte gehofft, und ich hoffe, Sie werden hier glücklich. Oder Sie fühlen sich zumindest wohl mit dem, was Sie gewählt haben.«
    Â»Sie haben mich aus Gründen hierherkommen lassen, die ganz bei Ihnen liegen.«
    Â»Aber Sie sind gekommen.«
    Â»Ich bereue das nicht. Und ich werde es auch nicht bereuen.«
    Er wollte die Laute hören, die aus ihrer Kehle kamen, wenn ihr die Luft ausging, wenn sie vor lauter Begierde atemlos wurde. Er wollte sie besitzen, auf all die Arten, die seine steife und distanzierte Frau ihm verweigert hatte, wahrhaft und durch und durch, wie in seiner Jugend. Er wollte sie wie eine Droge in seinem Blut spüren, den ganzen Tag in seinem Büro sitzen und Geld verdienen und gleichzeitig daran denken, wie der Rausch der Ekstase sein Blut aufschäumen ließ.
    Er wollte ihr von seiner Begierde erzählen, seiner Sehnsucht nach ihr, von diesem Begehren, das ihm die Luft abschnürte. Er wollte nackt vor ihr stehen.
    Aber er sprach kaum mit ihr. Er berührte sie nie, auch nicht im Vorbeigehen. Er war kein Narr. Er wusste, dass sie nicht die war, die zu sein sie vorgab, und er wusste, dass sich das, was sie wirklich war, direkt unter der Oberfläche ihrer Kleidung verbarg.
    Seine Einsamkeit war grenzenlos. Manchmal hatte er das Gefühl, als ob ihm ein bösartiges Wesen an den Haaren zog. Erbarmungslos an den Haaren zog. Er wollte sie berühren, und er tat es doch nicht. Es quälte ihn wie ein Fieberanfall.
    Er sah sie, und er wollte sie ausziehen. Er wollte die vielen Knöpfe ihres strengen schwarzen Kleides öffnen und es an ihrem Hals so weit zurückschieben, bis er ihre weißen Schultern sah. Er wollte das Kleid auf den Boden fallen lassen, es um ihre Füße liegen sehen wie eine Pfütze schwarzen Öls. Er wollte sehen, wie sie daraus hervortrat und in ihrem Slip vor ihm stand, eine schlanke Frau in einem dünnen Baumwollhemdchen und dunklen Strümpfen, Baumwollstrümpfen, die er Zentimeter für Zentimeter herunterrollen würde, bis ihre zarten Füße nackt auf dem Fußboden stünden. Das Hemdchen hätte Knöpfe auf dem Rücken, und deshalb würde er sie umdrehen, um jeden einzelnen

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