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Eine verlaessliche Frau

Titel: Eine verlaessliche Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goolrick
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hatte, niedrig, vollgestopft und von jahrelanger Vernachlässigung verschmutzt. Die Möbel wären ebenfalls alt und unbequem, die Böden nicht gefegt, es würde nach gebratenen Zwiebeln und billigen Zigarren riechen, nach immer geschlossenen Fenstern, es gäbe ein Hinterzimmer, in dem die Mutter und der Vater schliefen, ein anderes für die Kinder, ganz gleich wie viele, und einen Gegenstand oder auch zwei, die man vom Land mitgebracht hatte und nun hütete. Es war ein trauriges, hartes Leben ohne Liebe, ohne irgendetwas anderes als die Gegenwart, und die war nicht kostbar, sondern wurde nur ertragen. Der ganze Rhythmus ihres Lebens bestand allein aus dem Stampfen der Maschinen in den Fabriken, in denen sie arbeiteten, und in den Nächten träumten sie von den Kleinstädten, aus denen sie gekommen waren, von den Sonnenauf- und Sonnenuntergängen, vom Wechsel der Jahreszeiten, vom Getreide, das sie gesät, gehegt und geerntet hatten.
    Wenn sie erwachten, konnten sie sich nicht mehr an diese Träume erinnern, aber während sie Tag für Tag vor ihren erbarmungslosen Maschinen standen, grämten sie sich in ihrem Herzen nach etwas, für das sie keinen Namen hatten.
    Ihre Gesichter waren verschlissen wie die Möbel, ungeliebt und verhärmt. Ab und zu, an den Abenden, huschte über die Gesichter der Frauen ein wehmütiger, sehnsüchtiger Ausdruck, und dann hatten sie für eines der Mädchen eine liebevolle Geste oder ein gütiges Wort. Die Väter waren betrunken oder schwermütig oder beides, und manchmal gewalttätig, die Kinder begriffsstutzig, faul, ungebildet und vernachlässigt, außer in diesen wenigen, kurzen, sinnlosen Augenblicken, in denen die Mütter ihr hartes Leben einmal vergessen konnten. Dies waren nicht die Straßen des fortschrittlichen, ehrgeizigen, muskulösen Amerikas, sondern die des erschöpften, verlorenen und schmutzigen.
    Catherine fühlte sich in ihrem warmen Pelzmantel und ihrem grauen Seidenkleid, das im Schnee schleifte, ganz gleich, wie sehr sie es auch mit ihren behandschuhten Händen anhob, meilenweit von all dem entfernt. Auf dem Land war der Schnee so sauber wie ein frisches Bettlaken. Hier war er dreckig. Die Kälte drang ihr in die Stiefel und kroch ihr trotz ihrer Wollstrümpfe an den Beinen hoch. Sie hatte das Gefühl, als sei sie diesen Häusern, diesen Gewohnheiten und diesem Leben entkommen. Sie war immer schon ein Chamäleon gewesen, hatte sich den Akzenten und Gewohnheiten der jeweiligen Umgebung angepasst, aber jetzt hatte sie das Gefühl, sich in etwas Neues verwandelt zu haben, aus dem sie sich nicht mehr zurückverwandeln konnte.
    Ihr Puls raste. Das Blut pochte ihr in den Ohren. Catherine würde sich Tony Moretti nun zu erkennen geben.
    Sie bogen von diesen Straßen in andere Straßen ab, die noch deprimierender waren. Hier gab es keine Bürgersteige und keine Pflastersteine, sondern bloß noch Schotterwege zwischen Holzhäusern, die meist keinen Anstrich hatten, einige hatten zerbrochene Fenster und alle zerschlissene, dreckige Vorhänge, die in grellem Licht schlaff herabhingen. Lindenstraße und kein Baum zu sehen.
    Gelegentlich blickten Malloy und Fisk sie an, als wollten sie sich entschuldigen, aber sie starrte nur stur geradeaus, ohne den Blick der beiden zu erwidern. Sie verlor sich jetzt in Gedanken an ihre eigene Vergangenheit. Mit jedem Schritt enthüllte sich ihr diese Vergangenheit mehr.
    Vor einem der dreistöckigen Häuser, das in einem trüben Rot gestrichen war, als hätte sich jemand vor langer Zeit einmal die Mühe gegeben, es ansehnlicher und schicker erscheinen zu lassen, blieben sie stehen. Malloy schaute in sein Notizbuch. »Nummer 18. Das hier ist es.«
    Sie fröstelte und zog sich den Kragen fest um ihren Hals. Mr. Fisk und Mr. Malloy zögerten, nun waren sie schon so weit mit all den Informationen gekommen, die ihnen zur Verfügung standen, und wussten jetzt doch nicht, was sie tun sollten.
    Â»Also gut. Mir ist kalt. Gehen wir hinein.« Es war Catherine, die das Schweigen brach. »Jetzt sind wir hier. Es wird Zeit, dass wir Klarheit bekommen. Lassen Sie es uns hinter uns bringen.« Sie stieg die Treppe hoch und machte sich an der Tür zu schaffen, und Malloy und Fisk folgten ihr. Die Tür war unverschlossen und führte in ein dunkles Treppenhaus.
    Â»Dritter Stock, Mrs. Truitt. Es ist dunkel. Entschuldigen

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