Eine verlaessliche Frau
eine neue Krawattennadel daraus machen lassen. Sie würde schon auffallen, wenn ich spiele, meinen Sie nicht? Im Licht? Vielleicht werfe ich ihn auch in den Mississippi. Oder ich verschlucke ihn. Geben Sie ihn mir.«
»Mrs. Truitt«, sagte Mr. Fisk, der jetzt aufgeschreckt war.
Sie zögerte lange, dann zog sie ihren gelben Diamantring ab und legte ihn Tony in seine ausgestreckte Hand.
»Da. Er hat mir gesagt, ich solle alles tun. Ich sagte, das würde ich. Behalten Sie ihn ruhig. Nur kommen Sie nach Hause.«
»Wenn das mein Zuhause wäre, wenn es irgendeine Verbindung zu mir gäbe, würde ich es auf der Stelle tun, für Sie, und hätte es nicht nötig, einen Ring von Ihrer wunderbaren Hand zu nehmen.« Er streifte ihn über seinen kleinen Finger. »Klein, aber hübsch.« Er glänzte im Licht der Kerzen über ihnen, die allmählich verloschen.
»Jetzt möchte ich aber, dass Sie verschwinden. Lassen Sie mich in Frieden. Glauben Sie, dass mein Leben so schön ist? Das ist es nicht. Glauben Sie, ich bin umgeben von lauter Liebe? Bin ich nicht. Aber es ist genug da, so dass ich diese kleine Posse nicht mitmachen muss.« Er gab Catherine den Ring zurück. »Oder Ihren kleinen Diamantring vom Land bräuchte. Hauen Sie ab, alle.«
Malloy war noch nicht fertig. »Mr. Truitt, wir machen keine Fehler.«
Moretti verlor jetzt die Fassung. »Nennen Sie mich kein einziges Mal mehr bei diesem Namen, ich warne Sie. Ich heiÃe Moretti. Heute ist mein freier Tag. Die Stunde, in der ich nett zu Fremden bin, ist vorüber. Gehen Sie mit Ihrer wahnwitzigen Geschichte zurück zu diesem Bauerntrampel, wer auch immer das sein mag, und erzählen Sie ihm, dass Sie sich komplett geirrt haben. Nein, noch besser, nehmen Sie den Zug nach Philadelphia. Fragen Sie irgendjemanden. Sie werden Ihnen erklären, wo Moretti ist, und fragen Sie sie nach ihrem Sohn. Sie mögen das nicht, was ich tue. Sie finden, dass Klavierspielen etwas für Mädchen ist. Sie wollen auch, dass ich nach Hause komme. Ich würde viel lieber in ein Zuhause zurückkehren, in dem ich die Menschen wenigstens kenne. Aber mein Zuhause ist hier. Und jetzt sind Sie hier. Verschwinden Sie.«
Er schraubte die Flasche auf und goss sich noch ein groÃes Glas Brandy ein. Catherine konnte spüren, wie dessen Wärme wie Feuer durch ihre Adern strömte.
»Wir werden wiederkommen.« Fisk sprach leise. In seiner Stimme lag fast keine Drohung. Nur eine Andeutung.
»Ich glaube nicht. Ich wüsste nicht, warum.« Antonio setzte sich auf einen blauen Samtsessel, und sein scharlachroter Morgenmantel öffnete sich über seiner Brust. Catherine konnte seinen langen Oberkörper bis zum Bauchnabel sehen.
Es gab nichts mehr zu tun. Sie gingen, und sie konnten ihn lachen hören, während sie im Halbdunkel die Treppe hinunterstolperten. Die beiden Pinkertons waren gedemütigt worden. Catherine, die sich den Ring wieder auf den Finger schob, lächelte. Irgendwie fühlte sie sich in Hochstimmung versetzt.
Auf dem Weg zurück, über den Sonntagsmarkt, zwischen billigen Kleidern, dünnen Mänteln, Messingringen, gefrorenem Kohl und kupfernen Kochtöpfen hindurch, kam sie an einem Mann vorbei, der Singvögel verkaufte. Gelbe, blaue und rote Kanarienvögel. Sie sahen in der Kälte halb tot aus, aber sie kaufte einen und dazu einen kunstvollen Käfig und trug beides durch die gefrorenen sonntäglichen StraÃen von Saint Louis zurück, wobei sie den Vogel in ihrer behandschuhten Hand hielt und ihren warmen Atem auf seinen zitternden Körper blies.
13. KAPITEL
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S ie wartete fünf Tage lang. Ihr Herz war entbrannt, aber sie wartete. Doch dann konnte sie nicht länger warten. Nicht eine einzige Stunde mehr.
Während sie wartete, schrieb sie an Truitt. Bevor sie ihm von Antonio berichtete, erzählte sie ihm von ihren Plänen für den Garten. Sie erzählte ihm von ihrer Lektüre, von den langen Nachmittagen in der Bibliothek, an denen sie die Bücher studiert hatte. Sie erzählte ihm von den hohen Fenstern, den langen, stillen Tischen und dem schräg einfallenden Licht. Sie erzählte ihm von den Aussichten für den Garten, darüber, wie sie ihn wieder zum Blühen bringen könnte. Sie war sogar zärtlich, aber nicht mehr, als sie sein musste. SchlieÃlich kannte sie ihn ja kaum.
Sie fragte, ob sie
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