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Eine verlaessliche Frau

Titel: Eine verlaessliche Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goolrick
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nicht nach Hause. Mr. Truitt hat einen Haufen Geld für nichts und wieder nichts ausgegeben.«
    Â»Woher wissen Sie das?«
    Â»Es gäbe einfach zu viele Vergnügungen, die er verpassen könnte. Er ist ganz und gar das Geschöpf seiner Mutter. Völlig überzüchtet. Auf jede nur denkbare Art amoralisch. Ein hübsches Nichts. Truitt würde ihn nicht mögen. Würde ihn keine fünf Minuten um sich haben wollen. Sie haben sich nicht das Geringste zu sagen, sprechen überhaupt keine gemeinsame Sprache.«
    Â»In Wirklichkeit würde niemand ihn mögen.«
    Â»Dennoch …« Ihr Herz klopfte. Sie konnte die Musik in ihren Adern fühlen, die ihr das Blut wärmte wie Alkohol.
    Â»Genau. Dennoch.«
    Â»Mein Mann vermisst die Musik. Er vermisst seinen Sohn. Er hat eine Idee, einen Traum. Wir sind hier, um dafür zu sorgen, dass dieser Traum wahr wird.« Sie achtete darauf, dass sie nicht zu erregt wirkte. Sie war eine Frau, die gebeten worden war, eine komplizierte Angelegenheit zu regeln, mehr nicht.
    Â»Und das werden wir auch.«
    Â»Wie sollen wir mit ihm sprechen? Es ist wichtig, dass wir ihn nicht abschrecken. Er muss sich die Bitte seines Vaters ruhig anhören können. Da ist viel mehr für ihn drin, als er vielleicht glaubt. Als er vielleicht anfangs glaubt.«
    Â»Wir werden Sonntag zu ihm gehen.«

12. KAPITEL
    â€¢ • •
    S ie lief in ihren Räumen auf und ab. Sie ging nicht in die Bücherei. Sie vergaß ihre Gärten und ihr damenhaftes Benehmen. Sie dachte an Tony Moretti und stellte sich seinen Körper im Bett vor, sie stellte sich vor, mit Tony Moretti ins Bett zu gehen, und die Intensität, mit der sie ihn begehrte, floss wie eine Droge durch ihre Adern. Er war jünger als sie, er wäre das letzte Abenteuer ihrer Jugend. Bei der Vorstellung von Tony Moretti, der im Restaurant vor seinen Austern saß, seinen feuchten Augen, seinen langen Fingern, die die traurige, banale Melodie gespielt hatten, seinem Blick, als er ihr in die Augen gesehen und nach seiner lächerlichen Krawattennadel gefragt hatte, wurde ihr ganz heiß. Sie versuchte, sich irgendwo hinzusetzen und ein Buch zu lesen, aber wo immer sie sich niederließ, fühlte sie sich unwohl. Im Speisesalon des Hotels, wo sie ihr Buch nutzlos und ungeöffnet in der Hand hielt, hatte sie das Gefühl, alle würden sie mustern, als würden sie nicht ihre gefasste Haltung und ihre passende Kleidung, sondern allein ihre Lust wahrnehmen. Immer lag sie nackt und voller Wollust neben Tony Moretti, dem Sohn ihres Mannes.
    Als sie ihn erblickte, hatte sie gespürt, wie der sexuelle Pulsschlag der Stadt zu erwachen begann. Bis dahin hatte sie ihn nicht bemerkt. Nun fragte sie sich, immerzu bei Tag und bei Nacht, wie viele Leute wohl genau in diesem Augenblick miteinander schliefen. Hinter jedem Fenster wurde andauernd der Geschlechtsakt vollzogen. Von den Armen mit ihrem ekstatischen, tierhaften Gegrunze, von den Reichen mit ihrem unvorstellbaren Raffinement und ihren ausgeklügelten Perversionen.
    Sie konnte nicht schlafen. Sie spürte, dass Truitt sie beobachtete, dass Truitt die ganze Zeit schon gewusst hatte, dass dies geschehen würde.
    Schließlich kam der Sonntag. Er war strahlend, strahlend und hart und kalt, und in der Luft lag Schnee. Sie hatten gesagt, um zwei Uhr. Er wäre dann wach, er wäre dann nüchtern, er wäre dann vielleicht allein. Sie war bereit. Sie trug ihr graues Seidenkleid, ihr Hochzeitskleid, ihren Verlobungsring mit dem Diamanten und den langen Pelzmantel, den sie gekauft hatte. Als könnten diese Dinge sie schützen. Sie hatte das Gefühl, als gebe sie vor, eine züchtige Matrone zu sein, die einem entfernten Verwandten einen Besuch abstattet.
    Mr. Malloy und Mr. Fisk führten sie schweigend durch helle, glatte, glänzende Straßen, die vom Hotel wegführten, von allem Neuen und Modernen, und dann durch Straßen, die nicht mehr schön und ruhig am Sonntag waren. Sie entfernten sich von den schönen Geschäften und den Straßen, die nachts hell erleuchtet waren, bis sie in eine Gegend mit kleinen Reihenhäusern aus Sandstein kamen, Häusern, die in keinem guten Zustand waren. Sie hatten keine Vorgärten, nicht einmal Blumenkästen, bloß schäbige Marmorveranden. Catherine konnte sich die Zimmer hinter den schmierigen Fenstern vorstellen, Zimmer, in denen sie selbst gewohnt

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