Eine verlaessliche Frau
sein Geld. Ich will, dass er tot ist, und ich will sein Gesicht nicht mehr sehen. Ich will hören, wie sein Gesicht aussieht, wenn er stirbt, aber ich will es nicht mehr sehen. Ich will, dass sich sein Magen in Eis verwandelt. Ich will, dass ihm die Zähne im Gesicht verfaulen. Ich will im Haus meiner Mutter wohnen und schöne Dinge haben. Du weiÃt , was ich will.«
»Und du wirst es haben. Du wirst das alles haben. Aber du wirst es erst in einiger Zeit haben. Du wirst es so bekommen, dass niemand jemals erfahren wird, dass wir getan haben, was wir getan haben.« Sie sprach leise. »Genauso funktioniert Arsen. Es ist langsam und unsichtbar. Darin liegt seine Schönheit.«
Es war so entzückend, ihm dabei zuzusehen, wie er sich anzog, wie sein jungenhafter Körper langsam, Schicht für Schicht, in seiner wunderschönen Kleidung verschwand, wie elegant und sinnlich er seine Kleider anlegte â wie eine Frau â, und das war ihr heimliches Wissen, ihr einziger Besitz, selbst wenn eine andere ihn erst letzte Nacht gesehen und gehalten hatte, während sie in ihrem keuschen Bett im Planterâs Hotel geschlafen hatte. Niemand kannte ihn so wie sie, und er liebte niemanden auÃer ihr, selbst wenn er das nie sagte, selbst wenn er sie nur liebte, weil sie der Schlüssel zu all dem war, auf das er sein ganzes Leben lang gewartet hatte.
Er war an niemanden gebunden auÃer an sie, weil niemand sonst ihm das verschaffen konnte, was er wollte. Sie hatten es sich gemeinsam ausgedacht, wie die verschwörerische Handlung eines Melodrams, einen schockierenden Plan, aber einen, der durchaus aufgehen könnte, wenn sie es schlau anstellte. Und an ihrer Schlauheit hatte sie nie einen Zweifel gehegt.
»Es wird so kommen. Das weiÃt du. Ganz sicher.«
»Erzähl mir, wie. Erzähl es mir noch mal.«
»Er wird etwas Angenehmes verspüren. Er wird eine köstliche Sehnsucht nach etwas empfinden, an das er sich nicht mehr erinnern kann. Die Sehnsucht wird sich in ein Gift verwandeln, das seinen Verstand benebelt, und er wird Alpträume bekommen. Sein Blut wird dünner werden, und er wird die ganze Zeit frieren. Keine noch so groÃe Zahl von Decken wird ihn wärmen können. Sein Haar wird ausfallen. Und dann wird er krank werden und sterben.« Er lauschte wie ein Kind vorm Einschlafen.
»Interessiert es dich überhaupt nicht, wer er ist? Alles, was ich gesagt habe, ist wahr. Er möchte, dass du nach Hause kommst. Er möchte dir ein Zuhause verschaffen, das viel schöner ist als alles, was du ⦠jemals gesehen hast. Aber, ich habe ganz vergessen, du kennst es ja schon.«
»Ich kann mich an jede Einzelheit erinnern. Er taucht nicht auf.«
»Er liebt dich, das heiÃt, er möchte dich lieben.«
Er drehte sich plötzlich um und kniete sich mit einem Knie auf das Bett. Er packte sie an den Schultern und schüttelte sie wie eine Puppe. Sie konnte sehen, wie seine Kleidung verrutschte. Sie konnte seine weiÃe Haut sehen, seine heiÃe Berührung spüren, selbst in dieser gewaltsamen Geste.
»Er hat mich geschlagen. Er hat meine Mutter getötet.«
»Er â¦Â«
»Er hat meine wunderschöne Mutter gepackt und sie geschlagen, bis ihre Zähne blutig auf den Boden fielen. Ich habe das selbst gesehen. Er hat mich bis nach Chicago mitgenommen, damit ich das sehe. Er ist stark. Er war es zumindest einmal. Er hat sie gepackt und ihr seine hässlichen Hände um den Hals gelegt und sie gewürgt, bis sie tot war. Ich habe das selbst gesehen. Ich war dreizehn Jahre alt und habe das gesehen.« Er warf sie auf das Bett zurück. »Warum sollte ich seine Liebe wollen? Ich will, dass er tot ist.«
Sie hatte es hundert, ja tausend Mal gehört, und sie hatte es nie wirklich geglaubt, nicht ein einziges Mal. Zwischen ihnen wurde so getan, als sei das die Wahrheit, es war der entscheidende Grund für das, was geschah, und sie versuchte â sie versuchte, weil sie ihn liebte â, das zu glauben, aber sie tat es nicht. Und nun, da sie Truitt kannte, nun, da sie seine Frau war, glaubte sie Antonio erst recht nicht mehr.
Sie wusste, dass solche Dinge geschahen. Sie konnte sie sich in den winzigen Reihenhäusern und dreckigen Wohnungen vorstellen. Sie konnte sich vorstellen, dass sie anderen Menschen widerfuhren. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass ein so schrecklicher Wutanfall, ein so schrecklicher
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