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Eine verlaessliche Frau

Titel: Eine verlaessliche Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goolrick
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Kontrollverlust, ein solcher Aussetzer, Ralph Truitt widerfuhr. Sie hatte versucht, es sich vorzustellen. Sie hatte versucht, Antonio vor sich zu sehen, wie er mit dem ersten Schatten eines Bartwuchses auf der Wange dabei zuschauen musste, aber das Bild wollte sich nicht einstellen.
    Solche Dinge waren ihr passiert, waren mit ihr passiert, solche plötzlichen Wutausbrüche, aber sie würden Ralph Truitt nicht passieren, Truitt, der am Tag, als die Augen seiner Tochter leer wurden, den Alkohol gegen das Gebet eingetauscht hatte, Truitt, der seine Frau dabei ertappt hatte, wie sie mit einem Klavierlehrer schlief, und die Tür wieder zugemacht und nicht sein Gewehr geholt hatte.
    Antonio gab ihr einen Kuss auf die Wange, und seine trockenen Lippen fühlten sich auf ihrer Haut wie Vogelfedern an. »Es ist unsere Zukunft. Unsere Zukunft.«
    Wütend erhob sie sich vom Bett.
    Â»Und du musst überhaupt nichts tun? Keinen einzigen Beitrag. Du säufst und hurst herum und gehst in die Opiumhöhlen und verschwendest jeden Penny für deine Schneider, die dir endlos Kredit geben, weil es Werbung für ihre Kleider ist, wenn du sie trägst, und alles bleibt an mir hängen.«
    Â»Ich herumhuren? Seltsam, so etwas aus deinem Mund zu hören.«
    Â»Ich liebe dich. Ich würde alles für dich tun.«
    Â»Und du glaubst allen Ernstes, dass das etwas Kostbares und Schönes ist. Du wirst dafür bezahlt.«
    Â»Es ist alles, was ich geben kann.«
    Â»Nein. Das ist es nicht. Du kannst mir meinen Vater geben, mich mit dem Tod meines Vaters überraschen, und dann wird deine Liebe plötzlich einen ganz neuen Wert bekommen.«
    Â»Das werde ich tun. Ich sagte das schon. Ich werde es tun.«
    Â»Na gut, aber dann warte nicht zu lang damit.«
    Er hatte sich angekleidet. Er hatte sie jetzt völlig losgelassen, und sie lag nackt und fröstelnd in dem kalten, feuchten Bett. Als er sie losließ, war ihr, als müsste sie sterben.
    Er wandte sich zu ihr um, und in seinen Augen standen Tränen. »Ich wünschte, du hättest sie sehen können. Meine Mutter. Sie war so hübsch, ihre Stimme war so weich, ihre Hände so klein. Sie nahm mich auf den Schoß, wenn sie Klavier spielte, und sang die alten italienischen Lieder. Sie war immer noch ein junges Mädchen.«
    Er saß im Sessel am Fenster, hinter dem es dunkel wurde. »Nachdem sie weg war, nachdem er meine Mutter verjagt hatte, nach dem Tod meiner Schwester, habe ich mich zum alten Haus, zur Villa, hinübergeschlichen, bin die Treppe hochgestiegen und in ihr Zimmer gegangen. Ich stand in ihrer Kleiderkammer, habe meine Nase in ihre Kleider gesteckt und meine Mutter gerochen. Sie roch nach einem anderen Land, einem Land, in dem es immer Musik und Tanz gab. Nach einem Land im Kerzenlicht.
    Sie war doch noch ein Mädchen. Sie hatte sich verliebt. Menschen passiert so etwas unentwegt. Vielleicht ist Truitt mein Vater. Vielleicht auch nicht. Niemand wird das je so genau sagen können. Aber er wird den Preis für das zahlen, was er ihr angetan hat, und auch für das, was er mir angetan hat, nachdem sie gegangen war.
    Ich bin mit dem Hass auf ihn groß geworden, er begleitet mich schon mein ganzes Leben lang. Ich bin es leid. Ich werde erst ein richtiges Leben führen können, wenn er fort ist. Tu es für mich, diese eine Sache.
    Du hast mich an sie erinnert, vom ersten Augenblick an. Du hast mich auf deine Art geliebt. Du öffnest, Stück für Stück, mein hartes Herz. Tu es für mich.
    Die Leute denken, ich bin ein schlechter Mensch. Ein nutzloser Verschwender. Und vielleicht bin ich das auch. Aber ich glaube das nicht. Ich bin bloß ein zehnjähriger Junge, der im Dunkel der Ankleide seiner Mutter steht und an ihren Kleidern riecht. Ich könnte schlecht sein. Aber ich könnte auch gut sein. Ich werde es wissen, wenn ich ihn in seinem Grab liegen sehe.«
    Er stand auf. Es war beinahe dunkel. Die Tür öffnete sich, und dann war er fort.
    Sie wanderte durch die Zimmer. Sie öffnete den Schrank und erblickte ihre schönen Kleider, die Perlen und Federn, und ihre Hüte, herabstoßende Vögel und Schmuck, und ihre zarten Schuhe, rotes, grünes und goldenes marokkanisches Leder, mit hübschen hohen Absätzen und glitzernden Knöpfen und Schnallen, und plötzlich wollte sie alles wieder von vorn beginnen. Der Stoff und der Geruch ihrer Kleider, ihrer

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