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Eine verlaessliche Frau

Titel: Eine verlaessliche Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goolrick
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vielleicht ein paar Pflanzensamen kaufen und ein paar Pflanzen für den Frühling bestellen könnte, um Antonio willkommen zu heißen. Sie wusste schon, wie seine Antwort lauten würde, nämlich dass sie haben könnte, was immer sie sich wünschte, und sie lächelte, weil sie wusste, dass das stimmte.
    Stundenlang stand sie im Missouri Botanical Garden und betrachtete die unglaublichen Orchideen, diese weißen und eleganten Blumen mit ihren außergewöhnlich zarten und wunderschönen Blüten. Sie könnten vielleicht in dem Wintergarten wachsen. Sie wartete an den Verkaufstheken, während die Angestellten eine Liste der Pflanzen für sie erstellten, die in dem Klima, das sie beschrieb, gedeihen oder nicht gedeihen würden. Wie lange dauerte der Frühling? Wie heiß war der Sommer? Sie wusste es nicht. Sie stellte sich vor, was wohl zutreffen und was nicht zutreffen mochte, und sie kaufte vorsichtig, aber voller Hoffnung ein. Sie bezahlte in bar und ging zur Bank, um noch mehr Geld zu holen. Sie vereinbarte ein Lieferdatum. Sie kaufte einen kleinen silbernen Stift und ein Notizbuch mit florentinischem Vorsatzpapier in Rot und Weiß, und sorgfältig notierte sie die Namen und Eigenschaften aller Pflanzen, die sie bestellt hatte.
    Sie dachte an ihren Garten. Sie dachte an ihr Leben, an den Flickenteppich ihres Lebens, das aus Fetzen von diesem und jenem zusammengestoppelt war, aus Fetzen von Erfahrung, Wissen und Intuition. Nichts davon ergab für sie irgendeinen Sinn.
    Sie wusste nicht, was gut war. Sie hatte kein Herz und deshalb auch keinen Sinn für das Gute oder das Richtige, und sie hatte auch kein Schlachtfeld, auf dem sie den Kampf austragen konnte, der sich tatsächlich in ihr abspielte.
    Ein Garten hatte zumindest eine Ordnung. Ein Garten verlieh einer ungezähmten Wildnis Ordnung. Auf all das hoffte sie. Während der Vogel auf ihrem Finger saß, hoffte sie auf Ordnung an ihrer geheimen, eingezäunten Stelle, hoffte darauf, dass ihr klar wurde, was jetzt das Richtige sein könnte. Zu warten, war nicht gut für sie, das wusste sie. Bloß zu denken, war nicht gut. Dann musste sie an ihre Vergangenheit denken, und die Vergangenheit war ein Ort, an dem sie nicht sein wollte.
    Tony Moretti war so wie sie. Er war wie ein geheimer Garten. Er glaubte an die Lügen, die er erzählte. Er hatte keinen Augenblick lang gestockt, keinen Augenblick geschwankt. Und er hatte gewonnen.
    Wieder schrieb sie an Truitt und schlug vor, Moretti allein zu besuchen, ohne die brüske Aufdringlichkeit von Malloy und Fisk. Sie schrieb, dass eine etwas vorsichtigere Annäherung bei Moretti vielleicht mehr Erfolg haben könnte. Sie sei überzeugt, schrieb sie, dass die Pinkertons Recht hätten: Der Mann, der sich Moretti nannte, wäre sein Sohn. Sein Sohn in einer Maskerade. Da war so ein Gefühl, schrieb sie, so ein Zucken in seinen Augen, ein Kräuseln seiner Lippen, das ihr verriet, dass er log. Er empfand tiefe Verbitterung, ganz sicher, und auch Reue, fügte sie für alle Fälle hinzu, aber er verbarg die Wahrheit hinter seinem herablassenden Charme und seiner Unverschämtheit, und er verbarg sie nicht sehr gut.
    Sie berichtete Truitt von Morettis trägem, verschwenderischem Dasein, von seinen Samtmöbeln und seinem seidenen Morgenmantel. Sie berichtete ihm von seinem Klavierspiel. Sie berichtete ihm von der dunklen Wohnung, von den Zimmern, die von so viel exotischer Eleganz zeugten, von einem so sicheren Geschmack.
    Sie fragte Truitt, ob er wirklich wollte, dass sein unwilliger Sohn unter dem gleichen Dach wohnte wie er. Sie wusste, dass es Phasen der Vergangenheit gab, die man hinter sich lassen musste, bestimmte Gegenden, die unwiederbringlich verloren waren, traurigerweise, aber doch für immer verloren. Sie schrieb, dass sie auf seine Antwort warten wollte, bevor sie weitere Schritte unternahm.
    Er antwortete, dass er nichts anderes wollte. Er wollte seinen Sohn, das war sein einziger Wunsch. Sie sollte tun, was auch immer sie für notwendig hielt. Sie sollte ihn in seiner Wohnung aufsuchen. Sie sollte ihm auf der Straße auf Schritt und Tritt folgen. Sie sollte ihm Geld geben oder um was auch immer er bat.
    Catherine selbst war nur ein Mittel zu diesem Zweck. Er sagte das nicht, aber sie wusste es. Das war ihr klar gewesen, seit er ihr das erste Mal gesagt hatte, dass sie nach Saint Louis fahren sollte. Sie war sowohl der

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