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Eine verlaessliche Frau

Titel: Eine verlaessliche Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goolrick
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hier bei dir bleiben. Ich fahre nie mehr dorthin zurück.«
    Â»Und in diesem Dreck leben? In diesem dreckigen Leben? Ich will dich hier nicht haben. Jetzt nicht. Und niemals. Nein, Catherine. Du wirst wieder dorthin fahren, du wirst so tun, als wärst du alles Mögliche, was du nicht bist, eine Jungfrau, wenn es das ist, was er will, eine Herzogin, eine Gläubige, und du wirst Gift in sein Essen träufeln, genau wie du gesagt hast, und er wird tot sein. Ich kann warten. Ich habe schon mein ganzes Leben lang gewartet. Ich verachte dich, aber du wirst alles verlieren und in der Gosse enden.«
    Sie kniete sich auf den Boden und zog ein Kleid aus dem Schrank hinter sich. »Ich flehe dich an.«
    Â»Steig in deinen schicken Zug und fahr nach Hause zu deinem schicken Mann und werd ihn los. Töte ihn. Nur auf diese Art wird er mir irgendetwas bedeuten.«
    Â»Ich flehe dich an.«
    Â»Manche Versprechen kann man nicht brechen. Wir sind schon zu nahe dran, zu tief im Wasser. Steh wieder auf und hau ab. Ich will erst wieder von dir hören, wenn er tot ist.«
    Â»Ich …«
    Â»Kein Wort mehr, Catherine. Du hast dir das Recht, zu betteln und zu flehen, nicht verdient. Für dich gibt es keine Freiheit. Keinen Ort, wo du hinkannst. Du zerstörst alles, was du anfasst. Ich gehe jetzt. Ich will dich hier nicht mehr sehen, wenn ich zurückkomme. Ich will dich in ganz Saint Louis nicht mehr sehen.«
    Sie erhob sich vom Fußboden. Er hatte natürlich Recht. Es gab keinen Ausweg.
    Er drehte sich um, bevor er ging. Seine Stimme war beinahe wieder freundlich. »Es ist wahr. Ich habe dich geliebt. Ich könnte dich wieder lieben. Wir haben beide gewusst, worauf wir uns einlassen. Wir haben uns aus Liebe darauf eingelassen. Du wusstest es von Anfang an.«
    Als er fort war, wanderte sie durch seine Zimmer. Ihr Verstand konnte sie nur mit den alten Gedanken quälen. Es gab den Tod durch Gift in ihrer großen Badewanne. Es gab Arsen, Laudanum, Salzsäure. Es gab die Seidenschnur an einem festen Balken. Es gab den langen Sturz aus dem Fenster ihres stillen Zimmers im Planter’s Hotel, wie ein schwarzer Vogel. Sie würde den Vogel freilassen. Es gab den Tod unter den Rädern eines Bahnwaggons, den Tod durch die Spritze, die Rasierklinge und die Kugel.
    Und dann gab es das Überleben. Es gab das Weitermachen, so wie sie immer weitergemacht hatte, ohne viel Freude, gegen ihren Willen, gegen ihre Instinkte, aber weiter und weiter und weiter, ohne Erleichterung, ohne Erlösung, ohne eine Hand, die sich nach ihr ausstreckte und ihr Herz berührte. Ohne Güte oder Trost. Aber immer weiter.
    Angesichts der Armut, aus der sie kam, und der Verzweiflung, in der sie gefangen war, gab es nur eines, was sie ganz sicher tun konnte. Sie konnte überleben.

TEIL DREI
WISCONSIN. WINTER BIS FRÜHLING. 1908

17. KAPITEL
    â€¢ • •
    Wenn er sich abends schlafen legte, hatte er es gern, wenn ein Glas klares, kaltes Wasser an seinem Bett stand. Es war ein großes, gerades Glas, in dessen Wände Trauben geschliffen waren, Mrs. Larsen spülte es jeden Morgen aus, goss jeden Abend kaltes Wasser ein und stellte es ihm ans Bett. Es war ein wunderschönes Glas, das aus Italien stammte, und durch das Wasser und die milchigen Glaswände schien das Licht auf eine Weise hindurch, die ihm sehr gefiel. Wenn er, eine einsame Nacht nach der anderen, allein war, wenn er in diesen zwanzig Jahren allein in seinen makellosen Laken lag, schwang er manchmal die Beine aus dem Bett und nahm einen Schluck von dem klaren, kalten Wasser. Er setzte sich aufrecht hin, weil er Angst hatte, sich nachts allein in dem großen alten Haus, in dem niemand ihn hören würde, zu verschlucken.
    Zwei Mal in der Woche wurden seine Laken gewechselt, und manchmal sah er traurig zur anderen Bettseite mit dem Kissen hinüber, auf das sich nie ein anderer Kopf bettete. Der Gedanke, dass Mrs. Larsen zwei Mal die Woche die Laken wechselte und sah, dass sie kaum benutzt waren, war ihm peinlich. Das war eine der Arten, auf die der Welt seine Einsamkeit offenkundig wurde, und er schämte sich dafür.
    Das Glas Wasser tröstete ihn, und er hielt hartnäckig an dieser Gewohnheit fest. Dabei ging es gar nicht so sehr um das Wasser selbst. Er hatte selten Durst. Es ging um das Ritual, um diesen Augenblick, mit dem der Tag zur Neige ging, wenn er die Feuchtigkeit wie einen Kuss auf seinen Lippen

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