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Eine verlaessliche Frau

Titel: Eine verlaessliche Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goolrick
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das Risiko auf sich zu nehmen. Und all das, weil sie mit einem kleinen, scharlachroten Vogel in einem Käfig aus dem Zug gestiegen war, weil sie zu ihm nach Hause kam und dieses flatternde Leben mitbrachte. Schließlich wartete er jetzt auf jemanden, dessen Namen er kannte. Die Leute sahen, dass sie zu ihm nach Hause kam, die Leute in seiner Stadt. Sie lächelte ihn an, und da wusste er, dass er sogar für sie sterben würde.
    Seine Haut war weich wie reines Fensterleder. Er war stark, er war schlank. Aber er war nicht mehr jung. So lange schon war sein Herz von Bitterkeit und Reue erfüllt gewesen, aber jetzt loderte die Leidenschaft seiner Sinne, die all die Zeit begraben gewesen war, wieder wild in ihm auf.
    Sie sah ernst, beinahe mitgenommen aus. Der Vogel sang lieblich. Sie küsste Ralph ernst auf die Wange, da war sie also. Sie war zu Hause.
    Um sie herum lag immer noch überall der Schnee, als sie nach Hause fuhren, und keiner von beiden sagte ein Wort. Sein Herz klopfte in seiner Brust. Er wollte sie. Er wollte wissen, was mit seinem Sohn war, aber er konnte weder sprechen, noch irgendeine Geste machen. Er wollte etwas sagen, auf den Unterschied zwischen ihrer ersten Ankunft, die so chaotisch gewesen war, und ihrer zweiten, die ruhig und friedlich verlief, zu sprechen kommen. Er wollte gefühlvoll und vertraut klingen, aber er brachte keinen einzigen Satz heraus. Er betastete die blasse Narbe auf seiner Stirn und starrte vor sich hin.
    Zu Hause saßen sie einander am Kamin gegenüber. Sie trug ein neues Kleid. Ihr Haar und ihr Gesicht waren weicher geworden. Bevor sie sie aussprach, wusste er schon, wie ihre Botschaft lauten würde, weil sie Antonio nicht mitgebracht hatte und weil er an ihrem Gesichtsausdruck ablesen konnte, dass sie es sich anders gewünscht hätte.
    Â»Er ist nicht dein Sohn. Er schwört, dass er nicht dein Sohn ist.«
    Â»Und was glaubst du?«
    Â»Ich glaube, wir können uns letztlich nur an das halten, was er sagt. Alles andere … es gibt nichts anderes. Er sagt, dass er Moretti heißt. Er sagt, dass seine Eltern ein Restaurant in Philadelphia betreiben. Er sagt, dass er dich noch nie gesehen und noch nicht einmal von dir gehört hätte, und näher als bis nach Chicago sei er Wisconsin nie gekommen. Malloy und Fisk behaupten, er sei kein guter Mensch, ein Mensch ohne Skrupel, Moral oder Anstand. Ich … weiter bin ich auch nicht gekommen. Aber ich hab’s versucht.«
    Â»Wie sieht er denn aus?«
    Sie war auf der Hut. »Er sieht italienisch aus. Exotisch. Er hat feine Züge, irgendwie aristokratisch.«
    Â»Und wie lebt er?«
    Â»Er spielt Klavier in … in einer Musikhalle, einem billigen Schuppen. Gewesen bin ich dort allerdings nie. Ihm gefällt es. Ich bin zu ihm gegangen, zu ihm in die Wohnung, und habe ihm alles Mögliche angeboten, wenn er nur nach Hause käme. Er sagte einfach nur, es wäre nicht sein Zuhause und er wüsste nicht, wovon ich rede. Seine Zimmer sehen aus wie ein Zirkuszelt. Er läuft herum wie ein Dandy. Wie ein Geck.«
    Â»Wie hat sich denn seine Stimme angehört?«
    Â»Malloy und Fisk sagen, dass er ein unnützer Schönling und zu nichts zu gebrauchen ist. Sie sind ihm monatelang gefolgt. Sie sagen, er sei es nicht wert, aufgespürt zu werden.«
    Â»Und was glaubst du?«
    Â»Ich glaube, dass er der Sohn deiner Frau und Morettis ist. Ich weiß es nicht. Er ist das, was man in ihm sehen will. Ich glaube, dass er lügt. Ich glaube, dass er dir nicht vergeben kann und nicht nach Hause kommen will. Jetzt nicht. Niemals. Ich glaube, bei ihm ist es vergebliche Liebesmüh. Ich wünschte …«
    Â»Was wünschst du, Catherine?«
    Â»Ich wünschte, ich hätte mehr erreicht. Ich hab es versucht. Ich bin zu ihm gegangen. Als er das erste Mal deinen Namen hörte, habe ich gesehen, wie seine Stirn zuckte, etwas, das ihn verraten hat. Das meine ich jedenfalls. Ich wusste, dass er log, und ich bin zu ihm gegangen und habe ihm Geld angeboten. Ich habe stundenlang auf ihn eingeredet. Ich habe ihm gesagt, wie sehr du alles bereust, wie leid es dir tut. Es ist ihm egal. Ich habe ihm meinen Ring gegeben. Deinen Ring. Er hat darum gebeten, und ich habe ihn ihm gern und ohne zu zögern gegeben, aber er hat nur gelacht und ihn mir wieder zurückgegeben. Er lässt sich nicht überzeugen. Selbst wenn …«
    Â»Selbst wenn was?«
    Â»Selbst wenn

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