Eine verlaessliche Frau
spürte.
Er konnte seine sauberen weiÃen Hemden im Kleiderschrank riechen, nach Seife, Bläuen und Stärke. Er konnte seine Anziehsachen sehen, die sorgfältig gefaltet auf dem Stuhl lagen und darauf warteten, am Morgen von Mrs. Larsen angefeuchtet und frisch gebügelt zu werden. Alles, was ihm gehörte, war stets sauber. In der stillen Nachtluft konnte er Mrs. Larsens Fleià riechen, die Wäsche, die Möbelpolitur, das Bohnerwachs, und er war ihr dankbar, dass sie so gut für ihn sorgte. Es tröstete ihn. Auch wenn er sie dafür bezahlte und sie und Mr. Larsen gut versorgte, war es trotzdem auch eine Form von Güte. Er bezahlte viele Menschen, und niemand hielt es für nötig, mehr als gebührend freundlich zu ihm zu sein.
Er hatte sie nie mit ihrem Vornamen angesprochen, den er einmal gekannt haben musste, aber schon seit langem vergessen hatte. Als er sie kennen lernte, war Mrs. Larsen noch ein Mädchen gewesen, Jane, Jeanette, irgend so etwas, unverheiratet, nicht hübsch. Jetzt war sie ins mittlere Alter gekommen, hatte sich seine Gewohnheiten eingeprägt und gelernt, ihm sein Leben bequem zu machen. Er vermutete, dass sie Emilia nie gemocht hatte. Als sie fort war, zeigte sie keinerlei Anzeichen von Trauer.
Er dachte an die endlose Zahl von Mahlzeiten, die sie für ihn zubereitet hatte. Er dachte an die Hemden und Hosen und die geputzten Schuhe und die Risse, die sie gestopft, und den Schmutz, den sie von den Stiefeln abgebürstet hatte, und ihrer Güte wegen liebte er sie. Um sein leibliches Wohl wurde sonst nur wenig Aufhebens gemacht, dieses Wohl hatte ihm aber, da es in seinem Leben keine Leidenschaft gab, alles bedeutet. Sie war zur Zeugin des Betrugs und seiner entsetzlichen Trauer geworden, und es war ihr gelungen, ihm das Gefühl zu geben, als sei sie im Herzen bei ihm und zugleich als wären die vergangenen Ereignisse überhaupt nicht geschehen. Sie wusste um seine furchtbare Einsamkeit und nahm sie doch nicht zur Kenntnis. Sie kochte jeden Abend so viel, dass es auch für vier oder sechs Personen gereicht hätte, da der Anblick dieser üppigen Mengen ihm gut tat, Larsen und sie aÃen allerdings erst später, nachdem er fertiggegessen hatte und in sein Arbeitszimmer gegangen war. Er hatte es ihnen angeboten, aber sie hatten sich nie mit ihm zusammen zum Abendessen an den Tisch gesetzt. Es wäre nicht richtig gewesen. Sie hätten sich nicht wohlgefühlt.
Er hatte so vieles werden wollen. Er hatte Dichter werden wollen. Er hatte Kunstliebhaber und Kunstsammler werden wollen, einer, der junge Künstler fördert und sie um sich schart. Er hatte sein Leben einer Orgie der Sinne widmen wollen, gemäà den Regeln von körperlicher Anziehung und Verführung. Er hatte Vater werden und Kinder haben wollen, die seine Liebe zur Kunst und zum Fleisch erben sollten. Stattdessen hatte er seine heftigsten Leidenschaften eingebüÃt. Eines Tages war er aufgewacht und hatte begriffen, dass sie fort waren, dass sie durch den Tod seines kleinen Mädchens und die Untreue seiner Frau so unübersehbar amputiert worden waren wie ein Arm, abgeschnitten durch seine hartnäckige Wut auf seinen Bastard-Sohn. Seine Gefühle und einst so mächtigen Neigungen wurden durch saubere Hemden und nur halb gebrauchte Laken, durch geputzte Stiefel und klare Suppen ersetzt. Die Welt des Körpers und seiner Freuden war zugewachsen, so wie Schorf, der sich über einer Wunde bildet und sie bedeckt.
Catherine Land war aus dem Zug, der aus Saint Louis kam, gestiegen, ihr Gesicht weicher, wärmer und unerwartet schön, und die Wunde war wieder aufgegangen und hatte ihn mit Schmerz erfüllt. Antonio war nicht an ihrer Seite gewesen, und keiner von ihnen hatte auch nur ein Wort über ihn verloren.
Als er im Bahnhof stand, hatte er gespürt, dass etwas in ihm für immer zerbrechen würde, wenn er sie jetzt nicht berührte. Er hob die Hand und richtete ihr schüchtern den Mantelkragen. Das war alles. Das war genug. Er war, so wie in seinen ersten Tagen mit Emilia, verloren zwischen seinen Hoffnungen und Sehnsüchten. Catherine war alles. Sie war nicht bloà eine Frau. Sie war eine ganze Welt. Sie konnte ihn verletzen, sie konnte ihn belügen, und dennoch würde er alles tun, nur um ein liebes Wort von ihr zu hören und um zu spüren, wie sein Fleisch ihr Fleisch berührte, ohne dass es ihn erniedrigte. Er war bereit,
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