Eine verlockende Braut: Roman (German Edition)
würde, auch nur einen Finger zu rühren.
»Oh Jamie«, flüsterte sie, ohne die Augen zu öffnen. »Ich wusste, du würdest zu mir zurückkommen.«
»Pst«, murmelte er und streifte mit den Lippen ihre. In der Geste lag so eine besitzergreifende Zärtlichkeit, dass sie am liebsten geweint hätte. »Schlaf, mein Engel. Und träume.«
Als sie die Augen aufschlug, war er fort.
Sie erkannte, dass sie eingeschlummert sein musste, kämpfte sich auf die Ellbogen und schüttelte sich das Haar aus dem Gesicht. Kein Anzeichen verriet, dass Jamie hier gewesen war. Wenn nicht der moschusartige Geruch, der den Laken anhaftete, und die angenehme Wundheit zwischen ihren Schenkeln gewesen wäre, hätte sie sich gefragt, ob sie die ganze Sache am Ende nur geträumt hatte.
Sie ließ sich auf die Matratze fallen, blies sich eine verirrte Locke aus den Augen und starrte zur Decke. Offenbar hatte Jamie Sinclair noch nicht begriffen, dass seine Tage als Dieb und Räuber vorüber waren. Er konnte nicht länger in das Schlafzimmer einer Frau schleichen, um sie zu verführen – und ihr das Herz zu stehlen –, ohne einen hohen Preis dafür zu zahlen.
Sie drehte sich zum Fenster um und schaute in die Nacht dahinter, blickte nordwärts, wo der Mond hinter dem Berg versank und ihren Hochzeitstag einläutete.
Am nächsten Morgen saß Emma vor dem Frisiertisch in ihrem Schlafzimmer und musterte das Spiegelbild der Frau in dem ovalen Spiegel, als es an der Tür klopfte. Sie hatte bereits eine Gruppe aufgeregt schwatzender Dienstmädchen weggeschickt, da sie ein paar Minuten benötigte, um sich für die Trauung zu fassen.
»Herein!«, rief sie in der Annahme, es sei ein Lakai, der geschickt worden war, um ihr zu sagen, dass ihr Vater unten im Empfangssalon war und darauf wartete, sie zur Kirche zu geleiten.
Als sich die Tür jedoch öffnete, war es ihre Mutter, die im Spiegelbild neben ihr erschien. Mit ihrem blonden Haar, den hellen sommersprossigen Wangen und sanften blauen Augen war Mariah Marlowe einmal so hübsch gewesen wie ein pastellfarbenes Aquarell. Aber die Zeit und die Sorgen hatten sie zu einem Schatten ihres früheren Selbst verblassen lassen. In den vergangenen drei Jahren, als Emmas Vater immer stärker in der Flasche Trost gesucht hatte statt bei ihr, hatte selbst dieser zu verschwimmen begonnen.
Ihr Lächeln hatte jedoch nichts von seinem Charme eingebüßt. »Du bist eine ganz liebreizende Braut«, sagte sie. Dann trat sie zu Emma und küsste sie auf die Wange, bevor sie sich aufs Bettende setzte.
»Danke, Mama.« Emma drehte sich auf dem Brokathocker um und sah sie an. »Wie geht es Papa heute Morgen?«
Trotz der vorsichtigen Formulierung wussten sie beide, wonach sie sich erkundigte.
»Deinem Vater geht es gut. Ich bin sicher, es wird dich nicht verwundern zu erfahren, dass er eine schwierige Zeit hatte, nachdem du entführt worden warst. Aber er hat keinen Tropfen angerührt, seit uns die Nachricht erreicht hatte, dass wir dich für immer verloren hätten.«
»Warum? Sind dem Earl die Spirituosen ausgegangen?«
Halb rechnete Emma damit, dass ihre Mutter empört aufspringen würde, um ihren Mann zu verteidigen, doch sie strich nur ihre Röcke glatt. »Ich bin heute Morgen nicht hergekommen, um mit dir über deinen Vater zu sprechen, Emmaline. Ich bin gekommen, um mit dir über dich zu reden.«
Emma seufzte und stützte ihr Kinn in die Hand, wappnete sich innerlich für die gewohnte Gardinenpredigt über das, wofür eine älteste Tochter die Verantwortung trug, und wie wichtig es sei, dass sie stets ihre Pflicht erfüllte, gefolgt von der vertrauten Versicherung, dass sie das Opfer zu schätzen wussten, das sie ihretwegen zu bringen bereit war.
»Während du weg warst, ist mir aufgefallen, warum ich so darauf erpicht war, dass du den Antrag des Earls überhaupt annimmst.«
»Ich wusste immer, warum.« Emma bemühte sich, den bitteren Unterton aus ihrer Stimme herauszuhalten. »Damit Papa nicht im Arbeitshaus endet und die anderen Mädchen die Chance erhalten, eine gute Partie zu machen.«
»Das ist sicher das, was ich dich habe glauben lassen, aber in Wahrheit wollte ich nie, dass du unseretwegen den Earl heiratest, sondern immer nur deinetwegen.«
Emma richtete sich auf und zog verwirrt die Brauen zusammen. »Wie genau sollte ich daraus einen Vorteil ziehen, dass ich einen Mann heirate, der alt genug ist, mein Großvater zu sein?«
»Ich habe mir eingeredet, dass sein Reichtum und seine Macht dich
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