Eine verräterische Spur: Thriller (German Edition)
ärgerlich.
Franny befreite Anne aus der Zwickmühle, indem er mit einem vollbeladenen Tablett aus der Küche kam. »Kinder für die Kekse! Ach Quatsch, Kekse für die Kinder.«
Anne führte die beiden Frauen durchs Haus, um die Neugier der neiderfüllten Maureen Upchurch zu befriedigen, dann komplimentierte sie sie mit der Entschuldigung zur Haustür hinaus, dass Haley ein Schläfchen machen müsste, und versprach Milo Bordain, sich wegen eines möglichen Ausflugs auf die Ranch bei ihr zu melden.
Als sie ins Wohnzimmer zurückkam, saßen die beiden Mädchen aneinandergekuschelt auf dem Sofa und sahen sich eine Sendung mit einem rosa Dinosaurier an. Haley hatte den Daumen in den Mund gesteckt, ihr fielen fast die Augen zu. Anne ließ sich in ihren Sessel beim Fenster sinken und sah Franny an.
»Damit habe ich nicht gerechnet«, sagte sie. »Das mag naiv sein, aber damit habe ich echt nicht gerechnet.«
»Du bist jetzt eine Mutter. Du darfst offiziell unter Aussetzern wegen Schlafmangels leiden.«
»Mit einer Ranch kann ich nicht mithalten.«
»Nein, was die Tiere angeht, hast du schlechte Karten, aber nicht, was Kuscheleinheiten und Liebe angeht. Das einzige Kuschlige an der alten Transe sind doch ihre Schnurrbartstoppeln.«
Anne lachte müde. »Was ist sie?«
Franny verdrehte die Augen. »Oh, bitte, Anne Marie. Du machst mit deiner Altjüngferlichkeit meine besten Witze kaputt. Transe wie Transvestit! Wenn unter ihrem Rock keine Eier hängen, dann muss sie sie irgendwo versteckt haben.«
»Du bist furchtbar!«
»Ist doch wahr.« Er lachte. »Wie sie diesen entzückenden Sohn ausgebrütet hat, ist mir ein völliges Rätsel.«
»Wer ist denn ihr Sohn?«
»Darren Bordain. Der mit dem ›Mercedes? Das bin ich mir wert‹-Spruch. Guckst du denn nie fern? Der Spot läuft dauernd. Er ist umwerfend! Und immer gut angezogen.«
»Hört sich nach dem richtigen Mann für dich an.«
»Da müsste er nur zuerst mal sein Coming-out haben. Aber bis es so weit ist, bin ich grau und unansehnlich.«
»Vielleicht ist er ja auch hetero«, wandte Anne ein.
»Ach, du missgönnst mir doch nur meine kleinen Einschlafphantasien.«
»Du hältst doch jeden gutaussehenden Mann für verkappt schwul.«
»Vince halte ich nicht für schwul.«
»Gott sei Dank«, sagte Anne. Sie stieß einen lauten Seufzer aus. »Oh Franny … Bitte sag mir, dass es irgendwo schon fünf Uhr ist.«
»Liebchen, es ist immer irgendwo auf der Welt fünf«, sagte er und zauberte ein Glas Rotwein hinter der Lampe auf dem Beistelltisch hervor.
Anne roch genießerisch daran, trank einen Schluck und seufzte. »Ich liebe dich, Franny.«
»Ich weiß, Liebchen«, sagte er. »Da bist du nicht die Einzige.«
64
Vince saß in seinem Auto und sah durch die Windschutzscheibe auf die Anwaltskanzlei von Quinn und Morgan . Eine angesehene, auf Familien- und Zivilrecht spezialisierte Kanzlei.
Steve Morgan war nicht deswegen Partner geworden, weil er unbesonnen oder dumm war. Im Gegenteil. Vince hatte ihn als sehr intelligenten, verschlossenen und vorsichtigen Mann kennengelernt.
Im Zuge der Ermittlungen im letzten Jahr hatte Vince sich mehrere Male mit Steve Morgan unterhalten. Auch ohne konkreten Beweis stand so gut wie fest, dass er eine Affäre mit Lisa Warwick gehabt hatte, aber er war nicht eingeknickt. Nicht einmal die Drohung mit einer DNA -Analyse – die durchzuführen sie noch gar nicht in der Lage waren, aber bluffen konnte man ja –, nicht einmal das hatte ihn nervös gemacht. Er gab die Affäre nie zu.
Was Vince über Steve Morgan wusste, ließ sich leicht zusammenfassen: Er stammte aus schwierigen Familienverhältnissen, die Mutter Prostituierte, keine Vaterfigur. Er hatte von seiner großen Liebe zu seiner Mutter gesprochen, was Vince von Männern aus ähnlichen familiären Verhältnissen kannte, damit sollte tiefer Hass verschleiert werden. Wenn ein Junge unter solchen Bedingungen ohne männliches Vorbild aufwuchs, dann fühlte er sich angreifbar und zu wenig von der Mutter beschützt. Er sah, wie sich seine Mutter erniedrigte und wie Männer sie erniedrigten und zum Objekt machten. Das führte im Allgemeinen dazu, dass der Junge Frauen Verachtung und Geringschätzung entgegenbrachte und einen tiefen Groll gegen sie hegte, der plötzlich aus ihm herausbrechen konnte, wenn die richtigen Knöpfe gedrückt wurden.
Steve Morgan war intelligent, er war ein hervorragender Schüler gewesen und hatte das Studium in Berkeley mit Bestnote abgeschlossen;
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