Eine verräterische Spur: Thriller (German Edition)
quälen! Ich hätte ja gerne selbst mit Ihnen Verbindung aufgenommen, aber ich wusste nicht, wie. Ich habe auch ein kleines Geschenk für Haley dabei«, sagte sie und hielt ein schuhschachtelgroßes Päckchen in buntem Geschenkpapier mit einer großen rosa Schleife in die Höhe.
Anne überlegte einen Moment. Milo Bordain wollte nicht, dass Haley in ihrer Obhut war, aber vielleicht war es besser, die Frau auf ihre Seite zu bringen. Abgesehen davon wusste sie, was es bedeutete, einen Menschen zu verlieren. Der Tod ihrer Mutter hatte eine riesige Lücke in ihr Leben gerissen. Milo Bordain litt unter dem Tod ihrer Ersatztochter. Den Schmerz über diesen Verlust sah man ihr an. Selbst das teuerste Make-up konnte die dunklen Ringe unter ihren Augen und die tiefen Falten auf ihrer Stirn und um ihren Mund nicht verbergen.
Sie seufzte. »Warten Sie bitte, bis ich Haley gesagt habe, dass Sie hier sind, damit sie nicht allzu überrascht ist.«
Sie ging zurück ins Haus, Franny im Schlepptau.
»Ich gehe in die Küche«, flüsterte er, »und bastele schnell ein Knoblauch-Kruzifix, um sie damit zu verscheuchen.«
Anne gab ihm einen Klaps und betrat das Wohnzimmer.
»Haley, Schätzchen«, sagte sie und setzte sich auf die Ottomane neben dem Sofa, wo Haley gerade ihre neue Puppe zum Schlafen hinlegte. »Da ist jemand, der dich gerne sehen möchte.«
Haley riss die Augen auf. »Mommy?«
»Nein, meine Süße. Es ist Mrs Bordain. Erinnerst du dich an sie?«
Haley schüttelte mit finsterem Gesicht den Kopf.
»Vielleicht hast du sie ja anders genannt. Wendy, hast du einmal Mrs Bordain in Marissas Haus gesehen?«
Wendy schüttelte den Kopf, ohne den Blick vom Fernseher zu wenden, wo gerade eine Wiederholung von Drei Mädchen und drei Jungen lief.
»Haley! Ich bin’s, deine Tante Milo!«
Die beiden hatten sich selbst ins Haus gelassen. Sie traten ins Wohnzimmer, ein Ehrfurcht gebietendes Paar – die baumlange Milo Bordain und Maureen Upchurch, so breit wie hoch und in einen zeltartigen schwarzen Regenmantel gehüllt.
Haley, die ohnehin vom Spielen mit Wendy übermüdet war, fing sofort an zu weinen. Der böse Daddy war groß und schwarz angezogen gewesen.
Anne nahm sie auf den Arm und drehte sich so, dass Haley die beiden nicht sehen konnte. »Ziehen Sie bitte den Mantel aus, Maureen. Der schwarze Mantel macht ihr Angst.«
»Mein Mantel? Warum sollte sie Angst vor einem Mantel haben?«
Anne funkelte sie an. »Ziehen Sie ihn einfach aus.«
Milo Bordain schien zu begreifen. »Der Täter muss einen schwarzen Mantel getragen haben«, blaffte sie Maureen Upchurch an. »Ziehen Sie ihn endlich aus, Maureen.«
»Es ist alles gut, Haley«, sagte Anne besänftigend. »Deine Tante Milo hat dich sehr vermisst und ist gekommen, um dich zu besuchen. Sie hat dir ein Geschenk mitgebracht.«
Haleys Tränenfluss versiegte, nur eine große Träne blieb an ihren Wimpern hängen. Sie holte zitternd Luft und sah zu Milo Bordain.
»Hallo, Haley!«, sagte Milo Bordain mit unnatürlich hoher Stimme. »Wie geht es dir?«
»Meine Mommy ist jetzt ein Engel«, sagte Haley.
»Ich weiß, Liebling. Wir vermissen sie schrecklich, nicht wahr?«
Haley nickte und steckte einen Daumen in den Mund. Sie legte den Kopf auf Annes Schulter.
»Sie wird schnell müde«, erklärte Anne. »Setzen Sie sich bitte.«
Sie ließ sich mit Haley auf dem Arm auf dem Sofa nieder, und Milo Bordain setzte sich neben sie. Dafür, dass sie sich nicht auf den zwei Meter entfernten Sessel setzte, bekam sie einen Pluspunkt von Anne. Maureen Upchurch ließ derweil ihren Blick durch das blitzblanke Zimmer wandern und betrachtete voller Neid die teuren Möbel.
»Haley«, sagte Milo Bordain und beugte sich mit dem Geschenk in der Hand vor. »Ich habe dir ein Geschenk mitgebracht, damit du bei Anne etwas Schönes zum Spielen hast.«
Haley nahm es und zog die Schleife auf.
»Das heben wir für deine Haare auf«, sagte Anne und legte das Geschenkband beiseite.
Die Tränen waren längst vergessen, und Haley fing an, das Geschenkpapier abzureißen. »Ein Kätzchen!«, rief sie und zog das Stofftier aus dem Seidenpapier.
»Ich dachte, dass du vielleicht deine Katzen von zu Hause vermisst«, sagte Bordain. »Dieses Kätzchen kannst du überallhin mitnehmen.«
Ein weiterer Pluspunkt für Milo Bordain – sie hatte sich bei der Wahl des Geschenks tatsächlich etwas gedacht und nicht vergessen, wie sehr Haley ihre Katze und die Jungen liebte.
»Wie sagt man da, Haley?«, fragte
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