Eine verräterische Spur: Thriller (German Edition)
»und hier wäre sie bei Menschen, die sie kennt.«
»Mrs Bordain«, schaltete sich Mendez ein. »Wie haben Sie Miss Fordham eigentlich kennengelernt?«
Sie seufzte genervt, für sie war das Thema Haley noch nicht beendet.
»Ich habe Marissa 1982 auf der Kunstmesse kennengelernt«, sagte sie schließlich. »Ich war in der Jury. Ich fand, ihre Arbeit war etwas ganz Besonderes. So strahlend, so voller Freude.«
»Und da beschlossen Sie, sie zu unterstützen? Einfach so?«
»Ich habe nun mal ein Auge für Qualität«, sagte sie. »Ich stellte Marissa den Leuten von der Acorn Gallery vor. Sie erklärten sich bereit, sie hier und in ihren Galerieräumen in Montecito zu zeigen. Dann überzeugte ich Marissa, nach Oak Knoll zu ziehen. Haley war damals noch ein Baby. Die beiden brauchten ein Zuhause.«
»Das Haus, in dem sie wohnte, gehört Ihnen«, sagte Dixon.
»Ich habe in dem Haus gewohnt, während dieses hier gebaut wurde. Mein Mann konnte damals nicht verstehen, warum ich nicht in unserem Haus in Montecito blieb und hin und her pendelte. Dabei sollte gerade er wissen, dass man Handwerker nicht eine Minute allein lassen darf. Wenn ich nicht ständig vor Ort gewesen wäre und ihnen auf die Finger geschaut hätte, hätte nichts, aber auch gar nichts geklappt.«
»Wann war das?«, fragte Mendez.
»Ich wohnte den größten Teil des Jahres 1981 und die erste Hälfte von 82 dort. Natürlich war unser Haus nicht zum versprochenen Zeitpunkt fertig.«
Mendez ließ sie weiter darüber schwatzen, dass sie die Schreiner mitten in der Arbeit gefeuert hatte, weil sie das Arbeitszimmer mit astigem Kiefernholz getäfelt hatten, wo sie ihnen doch hundertmal gesagt hatte, dass sie eine astreine Täfelung wollte. Sie konnte wahrscheinlich von Glück sagen, dass die Schreiner ihr nicht ein Brett über den Schädel gezogen hatten, dachte Mendez.
Milo Bordain mochte arrogant sein, vor allem aber war sie mit den Nerven herunter. Sie erlangte die Kontrolle zurück, indem sie das Gespräch auf banalere Dinge lenkte – und Kontrolle war genau das, was Milo Bordain brauchte. Sie war eine Frau, die es gewohnt war, das Heft in der Hand zu haben und anderen Leuten zu sagen, was sie zu tun und zu lassen hatten.
Schließlich kam er wieder auf das eigentliche Thema zurück. »Hat sie je mit Ihnen über Haleys Vater gesprochen?«
»Nein. Ich vermute, er hat sie misshandelt und dass sie deswegen nach Kalifornien gekommen ist und nicht über ihn reden wollte.«
»Aber davon hat sie Ihnen nie etwas erzählt«, sagte Hicks.
»Nein.«
»Ist sie Ihnen in letzter Zeit nervös vorgekommen?«, fragte Dixon. »Unkonzentriert? Aufgeregt?«
»Nein. Marissa war sehr beherrscht.«
»Sie hat nichts von irgendwelchen Problemen erzählt, die sie mit jemandem hatte?«
»Nichts, womit sie nicht fertigwurde.«
»Was soll das heißen?«, fragte Mendez.
»Es ist bestimmt völlig unbedeutend«, sagte sie, »aber einmal hat sie sich über ihren seltsamen Nachbarn beschwert. Er ist Professor am College. Mit dem Mann stimmt etwas nicht. Ich weiß nicht, warum sie ihn nicht rausschmeißen. Die Leute zahlen schließlich viel Geld, um ihre Kinder auf diese Schule zu schicken. Mein Mann sitzt im Hochschulrat. Ich habe ihn schon mehrfach daran erinnert, dass er sich darum kümmern muss.«
»Was hat Miss Fordham über ihn gesagt?«, hakte Mendez nach.
»Na ja«, sagte sie und wich seinem Blick aus, »dass er seltsam ist und sie nervös macht. Sie sollten ihn wirklich vernehmen.«
Es war wohl eher so, dass Zahn Mrs Bordain nervös machte, dachte Mendez. Allen anderen zufolge, mit denen sie gesprochen hatten, hatte sich Marissa Fordham in der Gegenwart ihres seltsamen Bewunderers keineswegs unwohl gefühlt.
»Da haben Sie recht, Ma’am«, sagte er. »Wobei wir schon mit Dr. Zahn gesprochen haben.«
»Und?«
»Wissen Sie, ob Marissa einen Freund hatte?«
»Sie haben meine Frage nicht beantwortet.«
»Das werde ich auch nicht.«
»Detective Mendez will damit sagen«, erklärte Dixon und warf Mendez einen scharfen Blick zu, »dass er nicht über eine laufende Ermittlung sprechen darf.«
Milo Bordain war beleidigt. »Marissa und Haley sind wie eine Familie für mich. Es wäre nur angemessen, mich über die Ermittlungen auf dem Laufenden zu halten. Insbesondere jetzt, wo – wo – dieses Paket …« Sie erbleichte erneut und presste die Hand vor den Mund. Tränen traten ihr in die Augen. »Ich könnte das eigentliche Ziel sein«, sagte sie aufgebracht.
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