Eine verräterische Spur: Thriller (German Edition)
nicht machen. Er musste sie zu dem Loch zurück zerren und schleifen und treten, während sie laut schrie.
Sie versuchte sich im gleichen Moment zur Seite zu werfen, in dem er den Abzug drückte und die Kugel in ihren Körper drang.
Sie fiel, bevor sie den Stoß spürte.
Es wurde schwarz um sie, bevor sie auf dem Grund des Brunnens aufschlug.
37
»Was soll das heißen, sie ist weg?«, fragte Mendez ungläubig. Er saß mit einem Burrito aus dem Automaten und einer Flasche Mineralwasser an seinem Schreibtisch und machte sich Notizen.
»Dass sie weg ist, Mann«, erwiderte Trammell. »Als wir hinkamen, war sie nicht da. Wir haben uns dort eine Weile herumgedrückt, für den Fall, dass sie bloß essen oder einkaufen gegangen ist, aber sie kam nicht zurück. Ich bin einmal ums Haus herumgelaufen. Nichts Auffälliges zu entdecken. Kein Hinweis auf gewaltsames Eindringen oder irgendwas in der Art. Sieht so aus, als wäre sie aus freien Stücken weg. Wir haben eine Zivilstreife vor ihrem Haus postiert. Aber die haben sie bis jetzt auch nicht gesehen.«
»Scheiße«, sagte Mendez und sah auf seine Uhr.
Es war 23 Uhr 37. Gina Kemmer konnte mit Freunden ausgegangen sein. Vielleicht übernachtete sie bei einer Freundin. Das wäre vorstellbar. Sie war so verstört gewesen, als Vince und er sie verlassen hatten, vielleicht hatte sie Trost gebraucht.
Oder sie war geflüchtet. Wenn sie sich zusammen mit Marissa Fordham auf irgendeine dubiose Sache eingelassen hatte und Marissa jetzt tot war, dann hatte sie es vielleicht für das Beste gehalten, sich aus dem Staub zu machen.
»Gib eine Fahndungsmeldung für ihren Wagen raus«, sagte er. »Sag, sie wird als Zeugin im Zusammenhang mit einem Mord gesucht.«
Er zog sein Notizbuch aus der Jackentasche und riss die Seite heraus, auf der er das Kennzeichen von Gina Kemmers Auto notiert hatte sowie Marke, Modell und Farbe. Er gab sie Trammell, der sich damit auf den Weg zur Funkzentrale machte.
»Verdammt«, sagte Mendez. »So lange haben wir sie doch gar nicht aus den Augen gelassen.«
»Wahrscheinlich ist sie bei einer Freundin«, sagte Hicks.
Ihre grauen Metallschreibtische standen einander gegenüber. Beide waren unter Papierbergen begraben.
»Sie hat gerade ihre beste Freundin verloren«, sagte Hicks. »Du hast doch gesagt, dass sie völlig durcheinander war. Wahrscheinlich hat sie eine Schulter zum Ausheulen gebraucht.«
Mendez dachte darüber nach. »Ich weiß nicht. Ich habe ein ungutes Gefühl. Falls sie weiß, warum Marissa Fordham umgebracht wurde, ist sie in Gefahr.«
»Im Augenblick können wir nicht viel tun.«
»Ich will in ihr Haus.«
»Du kriegst nie im Leben einen Durchsuchungsbeschluss.«
»Sie ist eine unentbehrliche Zeugin in einem Mordfall. Sie wird vermisst …«
»Das ist aber eine sehr großzügige Auslegung von unentbehrlicher Zeugin: Sie hat die Tote gekannt. Sie hat nicht zugegeben, dass sie irgendetwas mitbekommen hat«, sagte Hicks in der Rolle des Advocatus Diaboli. »Wir leben in einem freien Land. Sie ist eine erwachsene Frau. Sie kann tun und lassen, was sie will. Wir wissen nicht einmal, ob sie tatsächlich vermisst wird, weil nämlich niemand sie als vermisst gemeldet hat. Wer sollte dir da einen Durchsuchungsbeschluss ausstellen?«
»Niemand«, sagte Mendez mit finsterer Miene. Er mochte es überhaupt nicht, wenn etwas nicht so lief, wie er wollte. »In einer Fernsehserie würde ich einen Beschluss kriegen.«
Hicks lachte. »In einer Fernsehserie würden wir auch ohne Beschluss einfach in ihr Haus latschen.«
»Und wir dürften bei der Arbeit Jeans und T-Shirts tragen und würden alle einen Porsche fahren«, sagte Mendez.
»Und wir hätten die ganze Zeit scharfe Bräute um uns«, sagte Campbell.
Mendez sah ihn mit ernster Miene an. »Du hast nicht die ganze Zeit scharfe Bräute um dich? Mann, das ist traurig.«
Campbell lachte und warf mit einem zusammengeknüllten Papier nach ihm. »Blödmann!«
Mendez seufzte. »Verdammt noch mal, ich will in dieses Haus.«
»Hey«, sagte Hicks. »Ich versuche nur, dich vor dem sicheren Tod zu bewahren. Wenn du damit mitten in der Nacht an die Tür von Staatsanwältin Worth klopfst, reißt sie dir den Kopf ab.«
Wie wahr, dachte Mendez. Er warf den Rest des nicht besonders guten Burritos in den Abfalleimer und stand auf.
»Was hast du vor?«, fragte Hicks.
»Ich fahre ein bisschen rum und suche nach ihr.«
Das war einer der Vorteile, wenn man kein Privatleben hatte: Er konnte die ganze
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